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Guareschi, Giovannino – Don Camillo und Peppone

Ein Klassiker. Tati oder Mister Bean auf Italienisch. Die Posse spielt im ländlichen Italien nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Leben ist einfach, die Leute arm, und es liegen noch überall Waffen und Bomben herum, die prompt auch eifrig verwendet werden. Sogar vom Priester Don Camillo, der einen 81-Millimeter-Minenwerfer aufbewahrt – und Maschinenpistolen. Mit Munition. Für alle Fälle. Immer wieder bespricht er sich mit dem gekreuzigten Jesus in der Kirche, und der stellt ihn auch zur Rede wegen des Minenwerfers. Ach, es sei doch schade, solche Dinge wegzuwerfen; es sei halt etwas Emotionales. Das gehört zum Charme des Buches: Die Zwiegespräche des Priesters mit Jesus. Don Camillo versucht zwar, den sprechenden Erlöser hinters Licht zu führen, doch der durchschaut ihn regelmässig. Und das können wir von Don Camillo lernen: Er kommt zum Kreuz und breitet seine Anliegen vor Jesus aus. Dabei werden ihm immer wieder seine eigenen innersten Absichten bewusst, auch die finsteren.

 

Ein weiteres Element macht den Charme des Buches aus: Die Hassliebe zwischen dem Priester und dem Kommunisten Peppone. Auch wenn er nicht gläubig ist, kommt Peppone nicht an Don Camillo vorbei. In ihren ständigen Auseinandersetzungen, die oft groteske oder slapstick-artige Züge annehmen, zeigt sich Don Camillo eher giftig, Peppone dagegen gutmütig und ein wenig doof. Bei der Lektüre fällt auf, wie rabiat es hier zur Sache geht, fast wie im Wilden Westen. Wurde die Geschichte vielleicht durch die Filme mit Fernandel etwas weichgespült? Und das können wir von Peppone lernen: Obwohl er den Priester aus ideologischen Gründen bekämpfen muss, lässt er doch den Kontakt nie abreissen. Immer wieder treffen sie aufeinander, reden miteinander, lassen versöhnliche Töne anklingen – um sich gleich wieder eins überzubraten. Und indem sie sich aneinander reiben, wächst ihr Respekt voreinander und die Erkenntnis, dass sie mehr gemeinsam haben als auf den ersten Blick zu sehen ist.

 

Der Autor Guareschi scheint (so kurz nach dem Weltkrieg) nicht gerade viel Vertrauen in die Menschheit zu setzen und erweist sich als pointierter Kritiker der Gesellschaft. Mit den Menschen scheint ihn eine ähnliche Hassliebe zu verbinden wie Don Camillo mit Peppone. Wenn man seine Biografie liest, scheint es, dass Guareschi von seinem Denken her eher der linke Peppone war, von seinem Charakter her jedoch eher der zupackende Don Camillo. Und das wollte uns Guareschi sagen, denke ich: Dass die Menschen nach dem Krieg nur dann vorwärts kommen, wenn sie die ideologischen Gräben überwinden und zusammenarbeiten.

 

Stilistisch ist das Buch etwas angestaubt, aber die bewusst umständliche Erzählweise funktioniert gut: Manche Possen werden nicht vorwärts erzählt, sondern man merkt erst im Nachhinein, was für ein Schlitzohr Don Camillo war.

 

Zitate:

Don Camillo: »Es ist der Beruf des Priesters, diese Seelen zu fangen, um sie ins Paradies zu schicken, via Vatikan.«

 

Guareschi: »Und die Gewässer werden die Brücken verschlingen und die Dämme durchbrechen und die Gruben überschwemmen; die Häuser und die Paläste und die Hütten werden einstürzen und das Gras wird aus den Ruinen wachsen und alles wird wieder zu Erde. Und die Überlebenden werden mit Steinwürfen gegen die Tiere kämpfen müssen und die Geschichte wird wieder beginnen. Die übliche Geschichte. (...) Und sie werden sich schrecklich bemühen, dieselben Dummheiten der vergessenen Vorfahren zustande zu bringen.«

 

Guareschi: »Und in tausend Jahren werden die Leute mit einer Stundengeschwindigkeit von sechstausend Kilometern mit Superatomraketen fliegen, und wozu? Um an das Jahresende zu gelangen und mit offenem Munde vor demselben Jesuskind aus Gips stehen zu bleiben, das Genosse Peppone an einem dieser Abende mit dem kleinen Pinsel bemalt hat.«