Buchrezensionen – Autoren und Autorinnen von A–Z

Ani, Friedrich – Der namenlose Tag Einblenden
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Autoren von A-Z


Ani, Friedrich - Der namenlose Tag

Eine junge Frau hat sich erhängt. Mord oder Selbstmord? Zwanzig Jahre nach dem tragischen Ereignis rollt der pensionierte Kommissar Jakob Franck den Fall neu auf. Seine Beweisstücke sind keine blutigen Messer und rauchende Colts, sondern Erinnerungen, die tief in die Abgründen der menschlichen Seelen gestopft worden sind. Franck versucht nicht, tote Knochen zum Reden zu bringen, sondern Menschen, die längst ihre Sprache verloren haben. Er fahndet nach verdrängten Erinnerungen. Dabei hilft ihm, dass er sich jahrelang auf Schmerz und Tod spezialisiert hat: Er war immer der Polizist, der den Angehörigen die schlimmen Nachrichten mitteilen musste.

 

Auf seiner Reise ins Innerste der befragten Menschen erweist sich der Kommissar manchmal als Polizist, als Ermittler, dann wieder als Seelsorger oder Psychologe. Franck horcht die Leute nicht nur aus, sondern will sie von der Last der Schuld und den Geistern der Erinnerung befreien. Das scheint ihm zumindest ansatzweise zu gelingen. In einer wunderschönen Szene hilft Franck einer trauernden Frau, die er zufällig in einem Restaurant trifft. Dieser Exkurs bringt die Story zwar nicht voran, macht uns Franck aber sympathisch. Allerdings verliert sich diese Geschichte im Ungewissen.

 

Auffallend ist an diesem Buch, dass der Autor nicht nur Krimiautor sein möchte, sondern Dichter. Er verwendet ungewohnte Wörter oder bastelt neue: Aushäusigkeit, Höflichkeitsvorrat, Trostvokabular, Empfindungsballast, Gedankenfühligkeit, abgefieselt, grieselig. Einige sind voll träf. Das Buch besteht – nebst der sich langsam entrollenden Handlung – aus vielen Schilderungen, Gedanken und Dialogen. Unglaublich, was sich die Leute so zusammendenken, während sie auf den Bus warten, und was es alles zu sagen gibt, bis man zum Punkt kommt. Einige der Schilderungen und Gedanken sind gut geschrieben, aber es zieht sich. Eine Umarmung walzt der Autor auf einem Dutzend Seiten aus. Ein Autor, der seine Darlings nicht killt, sondern ihnen Raum lässt. Die Handlung gerät dabei in den Hintergrund. Viele präzise Details, aber ein unscharfes Gesamtbild. Auffallend ist auch der Aufbau: Drei Schritte vorwärts, ein Schritt zurück, ein paar Schritte vorwärts, ein paar zurück. Viele geschickt platzierte Wiederholungen. Wie andere leider auch scheint der Autor zu viel Zeit für den Aufbau seiner Story zu verwenden. Mir wäre trotz der schönen Formulierungen etwas mehr Krimi lieber: Besser eine gute Geschichte in gewöhnlichen Worten als eine gewöhnliche Geschichte in ungewöhnlichen Worten. Der Krimi-Dichtung-Mix ist jedoch ausgezeichnet worden und scheint zumindest bei der Jury gut angekommen zu sein.

 

Zitate:

Jedes Mal, wenn er dem Eigentümer-Ehepaar begegnete, das im Parterre und im ersten Stock wohnte, empfand er ihre Stimmen wie Laubbläser und ihre Blicke wie Unkraut.

 

Gekrümmt, mit einer schmerzvollen Bewegung, wandte er sich vom Fenster ab; die flüchtige Leichtigkeit des Nachmittags wich vollständig aus ihm; der Anblick des Zimmers bedrückte ihn; als wäre jeder mickrige Gegenstand – die beige, ewig leere Vase, die graue, durchgesessene Couch, der zerschabte, niedrige Glastisch, der dunkle Korbstuhl mit der hohen Lehne, in den er seine braune Aktentasche geworfen hatte, der Röhrenfernseher mit dem gestickten, lächerlichen Deckchen obenauf – ein Beweisstück seiner Schuld, Ausdruck seiner kaputten Existenz, die aus jeder Pore Versagen und Feigheit atmete.

 

Franck erschrak; er konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal erschrocken war; er zitterte fast; ihn überfiel ein Schauder wie seit seiner Kindheit nicht mehr; sein Herz schlug über ihn hinaus; die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf wie sprechende Schneeflocken; in seinem Bauch hockte ein brennender Trommler; die Luft, die er atmete, schmeckte würziger als frisches Brot.

 

Möglicherweise, dachte Franck, gehört verbale Zurückhaltung gewöhnlich nicht zu Sandras Alltagsrepertoire.


Berger, Thomas – Der letzte Held (Little Big Man)

Die fantastische Geschichte von Jack Crabb, den keiner kennt, der aber im alten Westen bei vielen weltbekannten Ereignissen dabei war. Er kannte Wild Bill Hickok, Wyatt Earp und George Armstrong Custer persönlich, erlebte den Aufbau des Wilden Westens, den Goldrausch und zuletzt die Schlacht am Little Bighorn, die mit dem einzigen und letzten grossen Sieg der Indianer endete. Crabb wuchs bei Weissen und bei Indianern auf, er kennt beide Kulturen und bleibt in beiden sowohl heimisch als auch fremd. So lebt er mal da, mal dort, mal verheiratet und mit Kind, dann wieder allein oder mit einer anderen Frau und so weiter. Im Laufe seines Lebens trifft er immer wieder auf die gleichen Leute und verfolgt mit, wie sie sich nach oben arbeiten oder in ihr Verderben rennen. Crabb verhilft einer Prostituierten zu einem guten Leben, wird Pokerspieler, Büffeljäger, Säufer, Revolverheld, Fährtenleser und vieles mehr. Fast atemlos hetzt er durch sein Leben.

 

Der Roman ist kurzweilig, traurig und witzig zugleich. Die die Indianer werden durchweg als menschliche Wesen gezeigt mit einer komplexen Kultur. Berger entlarvt die Indianerkriege als Gemetzel; zeigt uns die Menschen mit all ihren Schwächen und Stärken und kritisiert die amerikanische Eroberungstaktik und indirekt den Vietnamkrieg. Die Verfilmung mit Dustin Hoffman war ein grosser Erfolg. 36 Jahre nach dem Erfolg des Romans schrieb Berger »The Return of Little Big Man», das meines Wissens nicht auf Deutsch erschienen ist. Die Fortsetzung ist unlogisch, da Jack Crabb im ersten Buch stirbt, nachdem er sein Leben bis zur Schlacht am Little Bighorn erzählt hat.

 

Zitat:

(Jack Crabb wundert sich, dass ihn von der Armee niemand ausfragt über seine Erfahrungen bei den Indianern): »Es dauerte nicht lange, bis ich herausfand, dass es in der weissen Welt höchst selten jemanden gibt, der hören möchte, was ein anderer sagt, um so mehr, wenn der andere weiss, wovon er spricht.«


Coben, Harlan – Der Preis der Lüge

In diesem Thriller geht es um zwei Buben, die entführt wurden und seither spurlos verschwunden sind. Ein ungelöster Fall, die Spuren sind kalt. Zehn Jahre später wird die Spur wieder heiss: Einer der Buben scheint in London aufgetaucht zu sein. Aber ist er der, für den er sich ausgibt? Und wo ist der zweite Bub?

 

In dieser perfekt aufgebauten und getimten Story schickt uns der Autor auf eine spannende Reise, die nach London führt, nach Rom, in die Niederlanden und nach New York und Umgebung. Vorangetrieben werden die Ermittlungen von charismatischen Figuren, zum Beispiel dem Normalo Myron Bolitar, dem notfalls brutalen und steinreichen Win, dem durchgeknallten Zorra mit Perücke und Frauenkleidern, er ist der Mann fürs Grobe, und ein paar nicht mehr so jungen und ziemlich schrägen Wrestlerinnen.

 

Coben legt hier einen recht aktuellen Thriller vor, den man gerne in einem Zug lesen würde. Quasi ein Hochglanz-Roman. Die üblichen Handlungsverzögerungen, die bei manchen Autoren zu weitschweifender Langeweile ausufern, hält Coben recht kurz und spickt sie mit witzigen Beobachtungen und überraschenden Nebenhandlungen. Clever, den Win-Handlungsstrang in der ersten Person zu schreiben und den Rest als Aussenstehender zu berichten. Ungewöhnlich auch das Happy-End: Win nimmt an Bolivars Hochzeit teil und vermittelt dem geneigten Leser ganz nebenbei das Ende der Geschichte. Funktioniert.


Forbes, Colin – Das Double

Der Originaltitel »The Leader and the Damned« passt besser zu diesem Stoff als der deutsche Titel. Denn die Verdammten kommen alle ums Leben. Wenn man das nicht weiss, ist der Spionagethriller recht spannend geschrieben. Es geht um Hitler, der einem Attentat zum Opfer gefallen ist und durch einen Schauspieler ersetzt wird. Und es handelt von einem Spion in Hitlers engstem Umfeld, der den Russen laufend übermittelt, was die Deutschen planen. Und es geht um einen Engländer, der mit Hitler Kontakt aufnehmen soll und den Auftrag hat, anschliessend nach London zurückzukehren, um Churchill zu berichten.

 

Die Sache beginnt mit Husarenstreichen und wird dann immer komplizierter. Nachdem der Engländer tatsächlich mit Hitler sprechen konnte, flieht er über Österreich und den Balkan bis nach Palästina. Mehrere Parteien jagen ihn, weil sie ihn töten wollen: Die Russen, die Gestapo, die SS und so weiter. Unterwegs verliebt sich der Engländer zweimal, so finden auch schöne Frauen ihren Weg in den Plot.

 

Die Story wird spannend erzählt, in einem bewährten Zöpfchenmuster. Dass der Autor selbst im Kriegseinsatz war, macht manche Szenen ungewöhnlich lebendig. Er zeichnet ein scharfes Bild zum Beispiel von den Kampfszenen in Jugoslawien und der Stimmung in Hitlers Umfeld und in Palästina. Trotzdem ist die Geschichte nicht überzeugend. Unglaubwürdig, dass die Deutschen einen Funker in Luzern orten können, nicht aber den verräterischen Funker in Hitlers Führerbunker. Unglaubwürdig, dass ein Maschinengewehrschütze ganz allein in seiner Stellung hockt und leicht überwältigt werden kann. Und jammerschade, dass die Sache mit Hitlers Double für den Lauf der Geschichte keine Rolle spielt, denn durch den Auftritt des Doppelgängers ändert sich rein gar nichts. Und schliesslich ist bald vorhersehbar, dass die unglaubliche Story so geschrieben werden muss, dass sie am Ende weder bewiesen noch widerlegt werden kann. Folglich lösen sich alle Beweise in Luft auf, und fast alle, die dabei waren, müssen ihr Leben lassen. Wie bei den Akte-X-Filmen zerrinnt dem Leser am Ende die ganze Geschichte zwischen den Fingern. Das ist doch immer irgendwie unbefriedigend. Der Roman dürfte deshalb kein allzu grosser Erfolg gewesen sein. Zudem fehlt in dem Gewimmel von Agenten ein klarer Held, mit dem man mitfiebern kann. Oder ein Happyend. Oder irgendeine sympathische Figur, die überlebt.


Guareschi, Giovannino – Don Camillo und Peppone

Ein Klassiker. Tati oder Mister Bean auf Italienisch. Die Posse spielt im ländlichen Italien nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Leben ist einfach, die Leute arm, und es liegen noch überall Waffen und Bomben herum, die prompt auch eifrig verwendet werden. Sogar vom Priester Don Camillo, der einen 81-Millimeter-Minenwerfer aufbewahrt – und Maschinenpistolen. Mit Munition. Für alle Fälle. Immer wieder bespricht er sich mit dem gekreuzigten Jesus in der Kirche, und der stellt ihn auch zur Rede wegen des Minenwerfers. Ach, es sei doch schade, solche Dinge wegzuwerfen; es sei halt etwas Emotionales. Das gehört zum Charme des Buches: Die Zwiegespräche des Priesters mit Jesus. Don Camillo versucht zwar, den sprechenden Erlöser hinters Licht zu führen, doch der durchschaut ihn regelmässig. Und das können wir von Don Camillo lernen: Er kommt zum Kreuz und breitet seine Anliegen vor Jesus aus. Dabei werden ihm immer wieder seine eigenen innersten Absichten bewusst, auch die finsteren.

 

Ein weiteres Element macht den Charme des Buches aus: Die Hassliebe zwischen dem Priester und dem Kommunisten Peppone. Auch wenn er nicht gläubig ist, kommt Peppone nicht an Don Camillo vorbei. In ihren ständigen Auseinandersetzungen, die oft groteske oder slapstick-artige Züge annehmen, zeigt sich Don Camillo eher giftig, Peppone dagegen gutmütig und ein wenig doof. Bei der Lektüre fällt auf, wie rabiat es hier zur Sache geht, fast wie im Wilden Westen. Wurde die Geschichte vielleicht durch die Filme mit Fernandel etwas weichgespült? Und das können wir von Peppone lernen: Obwohl er den Priester aus ideologischen Gründen bekämpfen muss, lässt er doch den Kontakt nie abreissen. Immer wieder treffen sie aufeinander, reden miteinander, lassen versöhnliche Töne anklingen – um sich gleich wieder eins überzubraten. Und indem sie sich aneinander reiben, wächst ihr Respekt voreinander und die Erkenntnis, dass sie mehr gemeinsam haben als auf den ersten Blick zu sehen ist.

 

Der Autor Guareschi scheint (so kurz nach dem Weltkrieg) nicht gerade viel Vertrauen in die Menschheit zu setzen und erweist sich als pointierter Kritiker der Gesellschaft. Mit den Menschen scheint ihn eine ähnliche Hassliebe zu verbinden wie Don Camillo mit Peppone. Wenn man seine Biografie liest, scheint es, dass Guareschi von seinem Denken her eher der linke Peppone war, von seinem Charakter her jedoch eher der zupackende Don Camillo. Und das wollte uns Guareschi sagen, denke ich: Dass die Menschen nach dem Krieg nur dann vorwärts kommen, wenn sie die ideologischen Gräben überwinden und zusammenarbeiten.

 

Stilistisch ist das Buch etwas angestaubt, aber die bewusst umständliche Erzählweise funktioniert gut: Manche Possen werden nicht vorwärts erzählt, sondern man merkt erst im Nachhinein, was für ein Schlitzohr Don Camillo war.

 

Zitate:

Don Camillo: »Es ist der Beruf des Priesters, diese Seelen zu fangen, um sie ins Paradies zu schicken, via Vatikan.«

 

Guareschi: »Und die Gewässer werden die Brücken verschlingen und die Dämme durchbrechen und die Gruben überschwemmen; die Häuser und die Paläste und die Hütten werden einstürzen und das Gras wird aus den Ruinen wachsen und alles wird wieder zu Erde. Und die Überlebenden werden mit Steinwürfen gegen die Tiere kämpfen müssen und die Geschichte wird wieder beginnen. Die übliche Geschichte. (...) Und sie werden sich schrecklich bemühen, dieselben Dummheiten der vergessenen Vorfahren zustande zu bringen.«

 

Guareschi: »Und in tausend Jahren werden die Leute mit einer Stundengeschwindigkeit von sechstausend Kilometern mit Superatomraketen fliegen, und wozu? Um an das Jahresende zu gelangen und mit offenem Munde vor demselben Jesuskind aus Gips stehen zu bleiben, das Genosse Peppone an einem dieser Abende mit dem kleinen Pinsel bemalt hat.«


Jackson, Lisa – Sanft will ich dich töten

Eine äusserst attraktive Hollywood-Schönheit zieht sich vom Filmgeschäft zurück und zieht mit ihren beiden Töchtern aufs Land. Während ein Schneesturm immer schlimmer wird, wächst auch die Bedrohung: Ein Serienmörder hat es auf die Ex-Schauspielerin abgesehen. Die Autorin erzählt ihre Geschichte gaaanz laaangsam und streckt sie mit unzähligen Detailschilderungen und Widerholungen, die einem mit der Zeit auf den Wecker gehen. Offenbar der typische Schreibstil einer Schnell- und Vielschreiberin, die es mit der relativ dünnen Story auf 700 Seiten bringt. Ein weiteres Verdünnungsmittel sind die immer die gleichen Wendungen, die kein Hirnschmalz benötigen und doch Platz füllen: Das alles ist schlimm. Sehr schlimm.

 

Geschickt verflicht die Autorin das Anwachsen des Schneesturms mit der wachsenden Bedrohung. Grossartig. Weniger grossartig ist das Verhalten der Polizei und der Schauspielerin selbst: Sie scheinen alles zu unternehmen, um die Lösung des Falles hinauszuzögern: Naheliegende Fragen werden nicht gestellt. Einfachste Sicherheitsmassnahmen werden nicht eingehalten. Untersuchungen, die sich aufdrängen, werden nicht in Angriff genommen. All das, damit es am Ende zum Höhepunkt kommt: Der Bösewicht hat die Schauspielerin in seiner Gewalt, es geht um Sekunden, und der attraktive Sheriff ist die einzige Person in den ganzen USA, die rechtzeitig zur Rettung am Tatort ist und den Helden spielen kann. Das Ganze ist vermutlich recht überzeugend, wenn man es im Kino sieht, wo schöne Gesichter und dramatische Musik von den Schwächen ablenken.

 

Hat man sich einmal durch die Längen hindurchgekämpft, zum Teil durch Überfliegen der Seiten, wirds wirklich spannend. Hitchcockmässig. Nur schade, dass im Epilog, quasi im letzten Satz, die Klavierlehrerin ermordet und ein Mädchen entführt wird. Die Story wird uns vorenthalten. Soll das etwa der erste Satz einer Fortsetzung sein? Sackschwach!

 

Tatsächlich wird die Entführungsstory im Roman »Deathkiss: Süss schmeckt die Rache« weitergesponnen. Aber die Autorin hat mir die Lust darauf verdorben.


Laurie, Hugh – Bockmist (in früheren Auflagen: Der Waffenhändler)

Hugh Laurie, ja, der Darsteller von Dr. House, kann auch schreiben. Er bildete mit dem Multitalent Stephen Fry ein Comedy-Duo und arbeitete unter anderem mit Rowan Atkinson alias Mister Bean zusammen. Entsprechend witzig ist sein Waffenhändler-Thriller geworden. Der Held der Geschichte ist fast schon krampfhaft lustig, indem er übertreibt, untertreibt oder einfach sich und andere durch die Humor-Brille sieht. Das Buch ist Comedy, Parodie, Thriller und Posse in einem. Parodie, wenn Laurie jedem Kapitel ein Zitat voranstellt, das nichts bringt. Comedy, wenn die Action-Szenen aus dem Ruder laufen. Posse, weil sich manche Figuren wie Idioten durch die Geschichte hangeln – auch der Held. Und Thriller, weil es um international tätige Waffenhändler geht, die skrupellos morden, um ihr Geschäft voranzutreiben.

 

Die Stärke des Buches ist ein klein wenig auch seine Schwäche: Manchmal nervt es, dass es immer ironisch-lustig sein muss. Auch der Held ist ein Schwachpunkt, denn es dauert sehr lange, bis man mitzufühlen beginnt. Zu lange ist unklar, ob er gut oder böse ist. Gegen Ende des Buches nimmt die Action zu und der Humor ab. Der Schluss ist ein Action-Thriller, bei dem ich nicht mehr mitkam, was jetzt genau passiert ist. Jedenfalls macht sich der Held mit einer Schönen aus dem Staub, doch bei so vielen offenen Fragen ist es für mich kein richtiges Happyend.


Vargas, Fred – Der vierzehnte Stein

Die Autorin, mit vollem Namen Frédérique, liefert hier einen Krimi ab, der hineinzieht. Der irre Killer kommt zwar am Ende davon, aber seine Tage sind gezählt. All die Leute, die er unschuldig ins Gefängnis gebracht hat, sind rehabilitiert und frei. Der Mann ist überführt. So weit, so gut.

 

Der Krimi hat einen schönen Kommissar, einen dämonischen Bösewicht, ein allzu gesuchtes Motiv, einen kurzweiligen Verlauf und ist spannend. Doch darum geht es irgendwie nicht. Sondern um zwei Dinge: tolle Frauenfiguren, französische Blumigkeit und witzige Dialoge. Bei den Frauenfiguren fällt die dicke Polizistin auf, die oft unterschätzt wird. Sie weiss, dass sie plump wirken kann, und setzt das gezielt ein. Dabei kann sie fast alles. Zwei weitere Superfrauen sind die beiden alten Damen in ihrer Wohnung. Eine päppelt den ausgemergelten Kommissar auf und hilft ihm nach Kräften, obwohl sie damit etwas Illegales tut. Die andere alte Dame mit ihren zittrigen Fingern lebt selbst in der Illegalität: Sie ist eine gewiefte Hackerin, eine Art Robin Hood des Internet-Zeitalters, und verschiebt Geld von den Reichen zu den Armen.

 

Und der Roman ist lustig. Die Autorin gilt nicht umsonst als Königin des französischen Krimis. Sie arbeitet laufend mit Bildern und Vergleichen, die meist witzig und griffig sind. Und sie schildert einen Ausflug nach Kanada, wobei sie dem Quebecer Französisch grossen Raum gibt. Dabei konzentriert sie sich natürlich auf die überraschenden und lustigen Wörter, die in Kanada üblich sind und sich vom Französisch der Pariser unterscheiden. Man kann sich gut vorstellen, wie sich die Franzosen bei den schrägen Dialogen kaputtlachen.

 

Die Autorin mag es also blumig und bildhaft. Nur ist es so: Wenn man so blumiges Französisch ins Deutsch übersetzt, wirkt es manchmal lächerlich. Man hat nun die Möglichkeit, die blumigsten Sprüche wegzulassen, um das Lächerliche zu vermeiden. Oder man übersetzt sie möglichst genau, um den frankophilen Lesern die französische Sprache näherzubringen. Die Übersetzerin hat sich für die zweite Variante entschieden.

 

Anders beim Quebecer Französisch: Die Übersetzerin hat manche Wörter übersetzt, andere übertragen und einige unübersetzt gelassen. Sie hat jedenfalls die vermutlich schwierige Aufgabe gut gelöst, denn man kann beim Lesen ständig innerlich grinsen.

 

Zitate:

Diese erstaunliche Wahrheit hatte eine Sturmböe besänftigt und zugleich ein Lüftchen der Unruhe ausgelöst, das am nahen Horizont zitterte und bebte.

 

Er hatte sie satt, diese Turbulenzen, diese düsteren Kumuluswolken, die sich gegenseitig stiessen wie aufgeblähte Kröten, den Blitz natürlich nicht zu vergessen.

 

Die Stadt (Detroit) war so trostlos anzusehen wie eine verarmte alte Herzogin, die noch die Fetzen ihrer einst kostbaren Roben trägt.

 

»Kurzum, wenn du jemanden tötest, würdsta nicht gerade plussen, wenn du auf die Leiche pinkeln würdest.«

 

»Du hast durchgeratzt, ohne auf die Uhr zu achten?«

 

»Warte, Mensch, hast du gegrubbert, oder hast du getrunken wie ein Loch?«

 

»Irgendwann wird man nicht mal mehr ruhig in den Schnee pinkeln können, ohne dass man damit gleich einen Strichcode provoziert und drei Polizeihubschrabse auftauchen.«

 

»Sie ist ein guter Schumm.«


Zeh, Juli – Corpus Delicti. Ein Prozess.

Zehn Jahre vor Corona schreibt Juli Zeh diesen Science-Fiction-Roman, in dem es dem Staat einzig und allein um die Gesundheit des Volkes geht. Die Bürger werden überwacht, damit sie keine Giftstoffe wie Koffein, Nikotin und andere -Tins zu sich nehmen und auch ja ihr Fitnessprogramm abspulen. Wer gegen diese Regeln zum Wohle des Volkes verstösst, wird gemassregelt. Allenfalls mit Intrigen und Gewalt.

 

Das erfährt Mia, die Heldin des Romans. Ihr geliebter Bruder wird vom System verurteilt und nimmt sich das Leben. Das bringt Mia aus dem Gleichgewicht. Sie kann ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Sie will lediglich in Ruhe gelassen werden, damit sie sich fangen kann. Eine Therapie lehnt sie ab, denn sie will keine Hilfe von einem System, das ihren Bruder auf dem Gewissen hat. Doch das System hat kein Gewissen. Es gilt als unfehlbar und kann Mia keinen Freiraum gestatten: Entweder funktioniert sie – oder sie ist in einer Therapie. Weil das nicht so ist, wird Mia der Prozess gemacht. Dabei kommt heraus, dass Mias Bruder zu Unrecht verurteilt worden war. Das System hat sich geirrt. Der unfehlbare DNA-Beweis war falsch. Doch das System gibt den Irrtum nicht zu, sondern wirft mit Dreck um sich. Gegen Mia werden immer wildere Beschuldigungen erhoben, gegen die sie sich nicht verteidigen kann. Allfällige Entlastungszeugen kommen ums Leben oder nicht zu Wort. Ihr Bruder wird postum zum Terroristen abgestempelt. Mia landet im Knast, einem keimfreien und unmöblierten Raum. Ihr droht die Verurteilung zum Einfrieren, denn die Todesstrafe gibt es in diesem humanen System natürlich nicht.

 

Doch wie im Mittelalter wird die Heldin so lange gefoltert, bis sie nur noch eine Hülle ist. Sie sehnt sich schon fast danach, endlich verurteilt und eingefroren zu werden. Doch im letzten Augenblick wird sie begnadigt und freigelassen und zu einer Therapie verknurrt. Mia wird nicht zur Märtyrerin, sondern zur Sklavin des Systems.

 

Beängstigend, mit welchem Scharfblick uns die Autorin ein totalitäres Gesundheitssystem ausmalt, das es gut mit uns meint, uns jedoch auch versklavt. Die Geschichte ist ein wenig »Kuckucksnest«, ein wenig »1984«, gemischt mit Inquisition und Nazizeit. Das abgegriffene Wort »kafkaesk« drängt sich auf, doch lassen wir das. Der Roman ist ein Aufruf dazu, Eigenverantwortung zu übernehmen, sich an den Entwicklungen des Staates zu beteiligen und der Regierung auf die Finger zu schauen, wenn sie mehr Macht beansprucht. Bei der Schilderung des Prozesses spielt die Autorin ihre Kenntnisse als Juristin aus. Die Terroristen im Roman fordern übrigens das Recht auf Krankheit.

 

Die Schwächen des Buches sind deren drei: Man wird nie wirklich warm mit der Heldin; es wird rasch klar, dass sie auf der Verliererstrasse geht; und es wird drittens viel zu viel geredet, zu viel philosophisches Geschwurbel. Man fragt sich, wer sich eine so deprimierende Story antun will. Die Geschichte war ursprünglich ein Theaterstück, und das drückt im Roman durch. Stark ist hingegen die heute fast prophetisch anmutende Vision der Autorin: Die Covid-Pandemie lässt den Staat tatsächlich zu unserem Wohle eingreifen. So schlimm wie im Roman ist es nicht, doch Ansätze sind erkennbar. Stark auch, wie die Autorin manche Passagen formuliert. Man versteht, dass sie seit mehr als 20 Jahren Preise sammelt.

 

Zitate:

Mia steht am Fenster und schaut zu, wie der Nachthimmel über den Dächern an der Vorbereitung eines Sommergewitters arbeitet. (...) Weil die Strasse nur von einer Seite beleuchtet ist, taumeln Baumschatten wie besoffen über die Fassaden der gegenüberliegenden Häuser und scheinen sich schwankend an den Händen zu halten. Der Wind fährt den Häusern in alle Ritzen, reitet auf offen stehenden Türen und blättert in Papierstössen auf Schreibtischen. Er lässt Jalousien wie Kastagnetten klappern, bringt Schaukeln und Wippen in den Gärten zum Schwingen, dass es aussieht, als amüsierten sich dort kleine Unsichtbare beim Spiel, und klatscht sich selbst Beifall mit den Planen eines Baugerüsts.

 

Der Moderator ist halb so alt wie Kramer und halb so berühmt, und er heisst Würmer. Das alles sieht man ihm an.

 

Sie schaut von einem zum anderen, wie ein Hund, der sich nicht erinnern kann, zu wem er gehört.

 

»Man muss flackern. Subjektiv, objektiv. Subjektiv, objektiv. Anpassung, Widerstand. An, aus. Der freie Mensch gleicht einer defekten Lampe.«

 

Und Rosentreters Kopf, seine Hände, seine Hemd- und Hosentaschen quellen nur so über von schlechten Neuigkeiten.

 

Kramer: »Wie geht es Ihnen?«

Mia: »Hervorragend. In einer Minute werde ich kräftig genug sein, um Ihnen den Schädel einzuschlagen.«

Kramer: »Das würde mich freuen.«

 

Grant McKenzie

 

Ohne einen Laut

 

Heyne, 2011

 

 

 

Der Horror für jeden Familienmenschen: Du merkst plötzlich, dass die Ehefrau und die beiden Buben spurlos verschwunden sind. Einfach so. Genau das passiert unserem Helden. Er wendet sich an die Polizei – und steht nun selber unter Verdacht. Er soll seine Familie ermordet haben. Darum möchte man ihn gern verhaften. Der Mann ist Busfahrer, kein pensionierter James Bond. Trotzdem gibt er nicht klein bei. Obwohl er sich das nicht gewöhnt ist, entzieht er sich der amerikanischen und der kanadischen Polizei und ermittelt auf eigene Faust, unterstützt von einigen Freunden und deren Freunden. Nun bekommt er es mit Ex-Soldaten und Gewohnheitsmördern zu tun, die es leicht mit einem Busfahrer aufnehmen können, doch mit Beharrlichkeit, Hilfe und viel Glück findet er heraus, was los ist, kann die Bande zur Strecke bringen und seine Familie befreien.

 

 

 

Der Autor hält sich nicht lange mit inneren Monologen auf und zieht die Story nicht so unsäglich in die Länge, wie das manche seiner Kollegen lieben. Die Story entwickelt sich flott und liegt näher beim Actionkino als bei den uferlosen Psychogrammen, die scheints in Mode sind. Dafür mutet er (oder der Übersetzer) uns eine Reihe von Plattheiten zu, die mit der Zeit nerven. So wird jede Waffe mehrmals »durchgeladen«; was soll das heissen? Jede Autofahrt beginnt damit, dass das Gaspedal bis zum Anschlag durchgetreten wird; kann da keiner normal fahren, nicht einmal ein Busfahrer? Das Ganze ist eher unbedarft geschrieben; die Stärke liegt in der Schilderung der Ureinwohner Kanadas, des Corpsgeistes in der Armee und des Lebensgefühls im Grenzgebiet Kanada-USA. Die Metaphern sind teilweise doof, dann schon wieder fast genial doof: »Verzweiflung war wie eine fette Schnecke im Kopf, die sich von Sorgen und Selbstvorwürfen nährt.« Oder: »Marvins gereizter Seufzer blieb lange in der Luft über dem schlafenden Rasen hängen.« Und mein absoluter Liebling: »Wallaces Augen hatten einen so harten Ausdruck, dass Crow förmlich spürte, wie sich sein Blick wie ein Zahnarztbohrer in seinen Schädel frass.«

 

 

 

 

 

 

 

Hakan Nesser

 

Die Schatten und der Regen

 

btb, 2005

 

 

 

Wer gerne einen kunstvoll konstruierten und gut geschriebenen Psycho-Krimi lesen will, der ist mit diesem Roman hervorragend bedient. Nesser streut immer wieder Sätze ein, die man sich ins Album schreiben kann, etwa: »Helle, leichte Stoffe umschwangen den Körper wie ein Sommerlachen.«

 

 

 

Aber ich hasse Krimis, bei denen der Mörder davonkommt. Und: Das Buch ist zwar gut geschrieben, aber die Geschichte ist nicht gut. Es kommt mir vor wie eine schöne Torte mit drei Schichten Cremefüllung, doch je länger man davon isst, desto deutlicher spürt man, dass eine Schicht aus Gallensaft besteht und eine andere aus Scheissdreck. Die Figuren leiden alle, weil sie ein furchtbares Leben führen, missbraucht, verstossen, traumatisiert. Ein Wunder, dass uns der Autor wenigstens für zwei Personen eine Art Happy-End gönnt. Der Rest verblödet, wird ermordet, bringt sich um, vegetiert vor sich hin, säuft sich tot oder lebt ein bitteres Leben in Einsamkeit. Wer will so etwas wissen? Gut geschrieben, wie gesagt, detailliert geschilderte Charaktere, aber keine gute Geschichte.

 

 

 

 

 

 

 

Frank Schätzing

 

Der Schwarm

 

Kiepenheuer & Witsch, 2004

 

 

 

Der bisher grösste Erfolg des Schnell- und Vielschreibers Frank Schätzing. Nach vielen Verschiebungen soll die Story vom ZDF verfilmt werden. Man spricht von 32 Folgen; Drehbeginn voraussichtlich 2021. Tausend Seiten Öko-Thriller. Bewundernswert, wie der Autor eine solche Text- und Faktenmenge bewältigt. Er hat nach dem Roman noch ein Sachbuch geschrieben (»Nachrichten aus einem unbekannten Universum«) und es gibt auch ein Brettspiel.

 

 

 

Bei der grossen Stoffmenge ist der chronologische Ablauf verdienstvoll und auf jeden Fall besser als der ausgelutschte Mehrfachstart vieler Thriller. Es ist eine spannend verpackte Warnung an die Menschheit, den Planeten nicht nur auszubeuten und zu verschmutzen, sondern ihn auch zu hegen und zu pflegen. Kurz geht es darum, dass der Ozean erkennt, dass die Menschen für ihn gefährlich sind. Zehntausende Schiffswracks, Unmengen Giftmüll und radioaktive Abfälle sind genug. Also beginnt das Meer, die Menschheit auszurotten. Intelligente Einzeller in den Ozeanen schliessen sich zusammen und entfalten eine Kraft und eine Strategie, der die Menschen nichts entgegensetzen können. Bis sie merken, was los ist, steht ihnen das Wasser bis zum Hals. Wortwörtlich. Und die Menschen bilden eine Spezialtruppe aus Wissenschaftlern und Militärs, die den Auftrag haben, die Welt zu retten. Allerdings ziehen nicht alle am gleichen Strang, und es kommt zum explosiven Showdown zwischen Wissenschaftlern, Militärs und dem intelligenten Gegner aus der Tiefsee.

 

 

 

Schätzing verpackt die Öko-Botschaft in eine Wissenschaftsgeschichte, in der die Helden darum ringen, die ganze Sache zu verstehen. Am Ende prügelt und ballert sich ein kleinen Trupp von Helden dem provisorischen Happy-End entgegen. Dauerhaft wird es nämlich nur, wenn die Menschen den Ozean besänftigen können. Bis der Held seine Liebste retten kann, muss der Leser aber einige Exkurse und Längen in Kauf nehmen, in denen Schätzing schreibfreudig die Abenteuer einzelner Charaktere schildert oder zu wissenschaftlichen Exkursen abhebt. Die vielen Details geben den Figuren und Ereignissen zwar Relief, aber es zieht sich halt schon, wenn jeder Kaffee und jede Zigarette geschildert wird. Insbesondere liebt der Autor ellenlange Dialoge seiner Heldinnen und Helden sowie innere Monologe. Meistens folgt man ihm gerne, weil es kurzweilig zu und her geht und die Wissenschaft anschaulich daherkommt. Viele Informationen, die Schätzing nebenher einstreut, sind lesenswert und eignen sich als Augenöffner für die Zusammenhänge im Meer. Gott hat die Welt genial erschaffen, und das würdigt der Roman mit solchen Schilderungen. Positiv fällt auch auf, dass der Autor einige Beziehungen stark gewichtet und ausführlich schildert. Johanson-Lund verzichten auf eine sexuelle Beziehung, was ihre Freundschaft aber vertieft. Bei Anawak und Greywolf geht es um eine Männerfreundschaft, die eine Krise überwinden muss.

 

 

 

Einige Passagen des Buches sind grossartig geschrieben, zum Beispiel das Kapitel »Chateau Disaster« (Seite 439), in dem Schätzing aus Jahresberichten von Umweltschutzorganisationen zitiert. Purer Horror. Grossartig auch die Versöhnung des Helden Leon Anawak mit seiner Heimat im hohen Norden oder der Rückwärts-Zoom im Kapitel über den Satelliten KH-12 (Seite 501) – Schätzing schildert das Klavierspiel im Hotel und steigt immer höher, das Hotel wird kleiner, das Klavierspiel leiser, und am Ende sieht man die Weltkugel aus dem Weltraum, aus der Sicht des Satelliten. Genial auch, dass die langen Kapitel gegen Ende des Romans immer kürzer werden und es dem Leser schwer machen, das Buch zur Seite zu legen und endlich schlafen zu gehen. Da verzeiht man Schätzing, dass er eine Torpedoexplosion schildert, die so nicht möglich ist, und dass er einige eher plumpe Elemente verarbeitet. Zum Beispiel, dass eine Armee von Personen an der Operation beteiligt ist, am Ende aber doch nur zwei, drei Helden die Welt retten müssen. Oder dass, wie fast immer in Katastrophenfilmen, die Protagonisten mehr mit den Problemen zu kämpfen haben, die sie selber verursachen, als mit der Katastrophe selbst. Und es ist wohl ein Zufall, dass in diesem Buch alle Leute, die miteinander Sex haben, ums Leben kommen. ;-)

 

 

 

 

 

 

 

Catherine Ryan Howard

 

The Nothing Man. Zwei Geschichten. Ein Mörder. Keine Gnade.

 

Rowohlt, 2021

 

 

 

Dieser Thriller ist auffallend sorgfältig geschrieben, übersetzt (von Jan Möller) und redigiert. Allein schon deswegen ein Genuss. Dann präsentiert uns die Autorin gleich drei Storys, die ineinander verflochten sind und die sie ganz, ganz langsam aufdröselt, bis wir die ganze Geschichte kennen. Geschrieben ist das Ganze im Stile einer wahren Geschichte, doch ist alles erfunden ausser den Danksagungen auf den letzten zwei Seiten.

 

 

 

Es geht um einen Serienmörder und um eines seiner Opfer, das überlebt hat. Das Buch schildert nun, wie die Überlebende vorgeht, um den Täter nach zwanzig Jahren zu entlarven: Sie schreibt ein Buch und lädt das Publikum ein, jede Erinnerung zu melden. Und in der zweiten Story geht es um den Täter, der das Buch über seine Taten liest und darauf reagiert; überheblich, sich selbst überschätzend, aggressiv, wütend. Er will wieder aktiv werden und die Buchautorin töten.

 

 

 

Und quasi zwischen den Zeilen entfaltet sich die dritte Geschichte, nämlich der Krimi in den Köpfen der geneigten Leserschaft. Nur sie weiss am Ende die ganze Geschichte. Das klingt vielleicht verwirrend, ist es aber nicht, denn die beiden Haupt-Erzählstränge sind mit unterschiedlichen Schriften gesetzt. Die Autorin ist also formal kreativ und serviert ein ungewohntes Erzählmuster, doch ohne damit nur Effekte haschen zu wollen. Es funktioniert bis zum letzten Satz. Soll mal einer nachmachen.

 

 

 

Ausserdem verzichtet die Autorin auf den doofen Thriller-Trick, jeweils drei oder mehr verschiedene Anfänge zu schreiben, die sich erst mit der Zeit berühren. Ein paar erzählerische Längen finden sich zwar auch in diesem Buch – man muss ja etwas schildern, um den Clou nicht zu früh zu verraten – aber ich schaffte es gut ohne überblättern.

 

 

 

 

 

 

 

Wolfgang Hirschfeld

 

Feindfahrten. Das Logbuch eines U-Boot-Funkers.

 

Heyne, 1982

 

 

 

Der U-Boot-Funker Wolfgang Hirschfeld hat im Zweiten Weltkrieg etliche so genannte Feindfahrten unternommen, fünf davon mit U 109 unter Kapitän Heinrich »Ajax« Bleichrodt. Der Funker hält aber nicht nur die Verbindung zur U-Boot-Führung, sondern auch zu anderen Schiffen – und er horcht auf die Geräusche unter Wasser. Und so ganz nebenbei schnappt er auf, was auf dem Boot läuft, was der Kapitän befiehlt, wie die Stimmung ist. Dieser Funker jedenfalls ist in der Lage, ein einseitiges, aber realistisches Bild des U-Boot-Krieges aus deutscher Sicht zu zeichnen. Das ist sein Verdienst; auch dass er nicht nach dem Krieg alle seine Meinungen herausgestrichen hat. So wird deutlich, wie er die Alliierten für ihr unfaires Verhalten kritisiert, dabei jedoch völlig blind ist für die Tötungen und Verbrechen von deutscher Seite. Man spürt, wie die Haltung der Männer damals war.

 

 

 

Über weite Strecken hockt man mit dem Autor in der engen Stahlröhre, riecht den Gestank, spürt das Stampfen des Bootes, die Angst der Männer und die Angriffslust, wenn ein Gegner entdeckt werden konnte. Meistens jedoch ist nicht viel los, weil meistens kein Gegner in Sicht ist. Dann halten Drill und Übungen die Mannschaft einigermassen wach. Auffallend ist an dieser Schilderung, wie wenig effizient der U-Boot-Krieg war und wie viele Probleme hausgemacht waren. Das Boot vom Typ IXB war zu langsam, um einen Gegner zügig angreifen zu können, die Torpedos waren nicht immer treffsicher. Auch fehlte der Treibstoff für grosse Aktionen. Zudem wurde das Boot mehrmals behindert oder sogar gefährdet, weil laufend neue Leute ohne Erfahrung zur Mannschaft dazukamen. Vermutlich sind etliche U-Boote ganz von selbst untergegangen, mit Mann und Maus. Andere wiederum konnten während des Einsatzes keine Schiffe versenken oder mussten wegen Pannen wieder umkehren.

 

 

 

 

 

 

 

Patricia Cornwell

 

Blinder Passagier

 

Hoffmann und Campe, 2001

 

 

 

In diesem Thriller um die Gerichtsmedizinerin Kay Scarpetta geht es um einen Serienmörder, der seine Opfer grauenhaft zurichtet. Der in der Ich-Form geschriebene Roman schildert ein Geflecht von Problemen, durch die sich Kay hindurchkämpfen muss. Dabei fällt die frauliche Sicht auf, die den Roman prägt: Im Gegensatz zu den meisten männlichen Helden muss Kay Scarpetta auch klarkommen mit ihrer eigenen Trauer, mit der Sorge um ihre Nichte, mit der nervtötenden Schwester, mit intrigierenden Frauen in der Polizei-Hierarchie, mit einem Mitarbeiter, der passiven Widerstand leistet und einem zwar hervorragenden Mitarbeiter, der ihr aber mit seiner Unbeherrschtheit dauernd auf den Keks geht. Hier geht's nicht nur um Leichen und Verbrechen und Lebensgefahr, hier geht's auch um Beziehungen. Das ist die besondere Note, die besondere Stärke dieses Buches. Der Thriller selbst liegt eher am Rande der Glaubwürdigkeit. Das Ende ist etwas doof geraten, aber bis dahin folgt man der Gerichtsmedizinerin gern.

 

 

 

 

 

 

 

Philip Kerr

 

Game Over

 

Rowohlt, 1996

 

 

 

Ein Architekten-Team baut in Los Angeles ein intelligentes Gebäude. Ein Supercomputer kontrolliert alles, schliesst und öffnet Türen, passt das Klima an, analysiert auf den Toiletten automatisch die Urinproben, reinigt das Gebäude innen und aussen, bedient die Lifte und so weiter. Ein genialer Supercomputer. Er lernt laufend dazu und schreibt automatisch neue Updates. Die Entwickler haben sich mit diesem Computer selbst übertroffen. Nur den Ausschaltknopf haben sie vergessen. Das wird einigen Leuten zum Verhängnis, denn der Computer gerät ausser Kontrolle. Bei einem Absturz schreibt er sein eigenes Update und vermischt die beschädigten Dateien mit einem Computerspiel, das gerade läuft.

 

 

 

Der Computer beginnt nun, sein Game zu spielen und die menschlichen Mitspieler auszuschalten. Er tötet nach und nach das Team des Architekten und alle übrigen Menschen im Haus, die einen letzten Check machen vor der Übergabe des Gebäudes an den Auftraggeber. Es dauert eine Ewigkeit, bis sie schnallen, was los ist und sich gegen den Computer wehren. Doch der sitzt am längeren Hebel, weil er weiss, wo die Menschen sind und welche Möglichkeiten das Gebäude bietet. Er kann Stromstösse auslösen, die Klimaanlage überhitzen oder einen Liftschacht in einen Gefrierschrank verwandeln. Aus Reinigungs-Chemikalien bastelt er Giftgas und mit Fehlfunktionen kann er die Menschen erledigen. Doch einige sind schlau und haben Glück, sie können aus dem Gebäude fliehen und die Stromzufuhr abschalten. Das nützt aber nichts, denn der Computer startet den Notgenerator und hat noch mehr als genug Strom, um den Neubau zum Einsturz zu bringen. In der letzten Nanosekunde ihrer Existenz flüchtet die Software ins weltweite Datennetz...

 

 

 

Ein weiterer Frankenstein-Thriller: Der Mensch kann sein Geschöpf nicht mehr kontrollieren und muss froh sein, wenn er mit dem Leben davonkommt. Nichts Neues. Neu ist aber die Ansiedlung des Thrillers im Architektenmilieu. Es gibt jede Menge Seitenhiebe gegen moderne Architektur und aufgeblasene Star-Architekten. Der Chef des Teams und einige seiner Leute sind dermassen überheblich, dass der geneigte Leser nicht lange um sie weint, wenn der Computer ihnen das Fell über die Ohren zieht. Und ein paar weitere Figuren gehen einem auf die Nerven, weil sie laufend doof quatschen, anstatt ernsthaft nach Lösungen zu suchen. Dazwischen finden sich ein paar kalkuliert gesetzte erotische Szenen und etwas gar viel Füllertext über Architektur und Innendekoration. Ein spannender Thriller mit zwei, drei charismatischen Überlebenden. Warum wurde das nicht längst von Hollywood verwurstet?

 

 

 

 

 

 

 

Eugen Ortner

 

Glück und Macht der Fugger

 

Ehrenwirth Verlag München, 1954

 

 

 

Das Buch ist eine Mischung aus historischem Roman und Faktensammlung. Es schildert den Aufstieg der Fugger, der ersten und grössten Bank in Europa. Im 15. Jahrhundert zog ein einfacher Weber in die Stadt Augsburg und baute eine erfolgreiche Weberei auf. Er verband seinen Beruf mit dem Handel. Langsam spann er die Fäden für Handelsrouten, um seine Produkte in ganz Deutschland zu verkaufen. Hans Fugger brachte immer neue Webmuster und Stoffe auf den Markt, beschäftigte immer mehr Weber. Weil das Netz seines Unternehmens bis nach Venedig wuchs, musste er bald mit den unterschiedlichen Währungen klarkommen, die damals im Umlauf waren, und eine Art Bankfunktion übernehmen. Der Betrieb überstand verschiedene Rückschläge, darunter die Pest, welche die Hälfte der Einwohnerschaft von Augsburg dahinraffte. Nach jedem Rückschlag hat das Ehepaar Fugger den Laden wieder aufgebaut.

 

 

 

Der Sohn Jakob Fugger (1459-1525) machte das Unternehmen zum Grosskonzern. Er spann die Fäden europaweit und machte aus dem Webereiunternehmen ein Bergbauunternehmen, das Erze veredelte und bis nach Indien verkaufte: Silber, Quecksilber, Zinnober, Kupfer. Jakob wurde zum reichsten Mann der Welt. Laut Wikipedia besass er in heutiger Kaufkraft etwa 300 Milliarden Dollar. Und alle wollten sein Geld, auch Fürsten, Päpste, Könige und Kaiser. Er gab Kredit und erhielt dafür oft kein Geld zurück, sondern Adelstitel, Landkauf-Rechte, Schürfrechte, Garantien für Handelswege und mehr. Mit dem Geld der Fugger wurden Päpste und Kaiser unterstützt und Kriege bezahlt, darunter der Schwabenkrieg gegen die Eidgenossen (Schlacht bei Dornach, 1499, dieses Geld der Fugger war dann halt verloren). Die Verbindung zu den Mächtigsten brachte viel Prestige und Gewinn, war aber auch ein Sargnagel für das ganze Unternehmen. Denn den Königen gelang es oft nicht, auf einem Feldzug die erhoffte Beute zu machen. Oder ein Konflikt, etwa die Reformation, zerschnitt einen Handelsweg, oder der Kaiser drohte mit Brandschatzung und erpresste weiteres Geld. Spanien etwa entzog sich der Schuldenrückzahlung durch drei Staatsbankrotte. Luther hat Fugger scharf kritisiert (zeitweise jährliche Gewinne von 66 Prozent!), doch im Bauernkrieg standen Luther und die Fugger auf der gleichen Seite.

 

 

 

Nach dem Tode Jakobs übernahm Antoni Fugger den Laden, als sich der Niedergang bereits abzeichnete. Er machte auf Schadensbegrenzung, vermied riskante Überseeunternehmungen und versuchte, sich von den nicht zahlenden Habsburgern und anderen Mächtigen zu lösen. Vergeblich. Er musste im Geschäft bleiben, um den Anspruch auf Rückzahlung aufrecht zu erhalten. Zunehmend widerwillig führte er das Geschäft bis zu seinem Tod (1560). Dann schlugen die Erben zu, die sich mehr für die Freuden des Lebens interessierten als für die mühselige Arbeit in den Verstrickungen eines europaweiten Grosskonzerns. Sie sammelten Pferde oder wertvolle Bücher, kauften Schlösser und riesige Ländereien und liessen das Kapital des Unternehmens dahinschmelzen. Der Konzern wurde kleiner, überlebte aber, bis der Dreissigjährige Krieg (1618-1648) das Schicksal der Fuggerbank endgültig besiegelte. Im Laufe der Zeit sind manche Prunkbauten der Fugger verschwunden, vor allem im Bombenkrieg. In Augsburg wurden sie wieder aufgebaut. An etlichen Gutshäusern sind heute noch die goldenen Lilien im blauen Feld zu sehen, und die Büchersammlung von Johann Jakob Fugger bildet den Grundstock der Bayerischen Staatsbibliothek in München. In Augsburg zeugt die Fuggerkapelle in der Annakirche und die Wohnsiedlung Fuggerei von den grosszügigen Engagements der Fugger für die Allgemeinheit.

 

 

 

Wenn man bedenkt, was für ein grosses Drama mit Höhen und Tiefen die Zeit der Fugger ist, verschenkt der Autor das weitgehend. Er liefert zwar die Details, verliert dabei aber den Blick für die spannenden Geschichten. Vor allem verpasst er es, die wechselhaften Ereignisse immer wieder neu einzuordnen. Man erfährt fast nur zwischen den Zeilen, welche Wucht die Reformation hatte, wie die Fugger das Habsburgerreich aufbauen halfen und wie sich das Verhalten der Königshäuser auf das Unternehmen auswirkte. Schade drum.

 

 

 

 

 

 

 

Eric van Lustbader

 

Die Ungläubigen

 

Heyne, 2012

 

 

 

Typischer Thriller mit Recherchen, Intrigen, sympathischen Leuten, sexy Frauen und bösen Bösewichten. Am Ende hat der Agent Jack McClure alles geregelt. Er ist besonders sympathisch, weil er eine Leseschwäche hat und sich gelegentlich ein Verkehrsschild oder eine Autonummer vorlesen lassen muss. Dafür kann er unzählige Details erfassen und kombinieren, was ihm hilft, die Lage richtig einzuschätzen und den Plan des Serienmörders zu enträtseln. Natürlich in letzter Sekunde. Van Lustbader hat bereits eine ganze Serie von Romanen mit Jack McClure geschrieben. Der Autor hat übrigens auch mitgeholfen, die Romanserie von Robert Ludlum über Jason Bourne weiterzuschreiben.

 

 

 

In dieser Geschichte geht es um ein Zerrbild des christlichen Glaubens. Das Vertrauen auf Jesus Christus spielt hier keine grosse Rolle, sondern es geht vor allem um die Verknüpfung von Religion mit Moral und Macht. So will der amtierende Präsident seine christlich angehauchten Vorstellungen mit Gewalt durchsetzen, ehe er das Amt abgeben muss. Und so entsteht eine Gegenbewegung, sich den Denkvorgaben und Machtansprüchen des Präsidenten widersetzt. Sie haben die Sympathie des geneigten Lesers.

 

 

 

Verglichen mit anderen Thrillern bleibt van Lustbaders Story relativ übersichtlich. Er gibt uns Zeit, die Personen lieben oder hassen zu lernen und in die Geschichte einzutauchen. Schwierig sind einzig die Verwicklungen von Intrigen und Gegenintrigen, die für mich jedenfalls nicht klar genug aufgelöst werden. Van Lustbader ist ganz klar ein Schnell- und Vielschreiber. Routiniert gehts vorwärts. Dabei ist der Autor eher ein Zimmermann als ein Schreiner: Er konzentriert sich mehr auf die Story mit ihren Verwicklungen und weniger auf den Feinschliff der Charaktere und der Ereignisse. Der Schreibstil ist manchmal etwas plump, was auch an der Übersetzung liegen könnte. Und es gibt eben doch zu viele Zufälle, zum Beispiel, dass die ganze Story verknüpft ist mit den Jugenderlebnissen des Agenten Jack McClure. Man merkt immer wieder, dass man eine erfundene Story liest.

 

 

 

 

 

 

 

Sam Bourne

 

Der Präsident. Kann ihn jemand stoppen, bevor er den 3. Weltkrieg auslöst?

 

 

 

Sam Bourne (in Wirklichkeit der Journalist Jonathan Freedland) schildert hier einen amerikanischen Präsidenten, der vollkommen übergeschnappt ist. In unzähligen Zitaten und Anspielungen ist klar, dass dieser Präsident Donald Trump nachempfunden ist. Sein Vorgänger ist Barack Obama nachempfunden, eine gescheiterte Präsidentschaftskandidatin ist unschwer als Hillary Clinton zu erkennen, auch wenn keiner dieser Namen je genannt wird. Wäre dieses Buch ein Film, würde der Präsident in keiner einzigen Szene zu sehen sein. Die handelnden Personen des Romans stammen fast ausschliesslich aus dem engsten Umfeld des Präsidenten. Und dieser Präsident ist ein ekel. Er macht rassistische Sprüche und ist Frauen gegenüber übergriffig. Sein einziger Fokus ist er selber, sein einziges Ziel die Befriedigung seiner Wünsche. Gleich zu Beginn des Romans gibt er im Jähzorn den Befehl, Nordkorea und China mit Atomwaffen anzugreifen. Hunderte Millionen Menschen würden sterben, weite Teile des Planeten verwüstet. Nur der Geistesgegenwart seiner Untergebenen ist es zu verdanken, dass der Atomschlag nicht stattfindet. Klar, ein solcher Präsident ist gefährlich und muss weg.

 

 

 

Der Verteidigungsminister und der Staatschef wollen den Leibarzt des Präsidenten dazu bringen, ihn für unfähig zu erklären. Das scheitert, weil der Leibarzt sich eine Kugel in den Kopf jagt. Nun planen die beiden Männer den Tyrannenmord: Ein Scharfschütze bereitet einen Anschlag vor, und zwar so, dass den Ermittlern ein toter Einzeltäter geliefert wird. Präsident tot, Fall gelöst.

 

 

 

Doch da kommt unsere Heldin Maggie Costello ins Spiel. Sie arbeitet im Weissen Haus und hat das Ziel, die Werte der Vorgänger-Administration in die neue Administration hinüberzuretten. Sie dient dem neuen Präsidenten, will aber dessen Untaten abmildern. Sie erhält den Auftrag, den Tod des Leibarztes zu untersuchen. Rasch wird klar: Es war Mord, kein Selbstmord. Bei den weiteren Untersuchungen schlussfolgert sie, dass ein Attentat auf den Präsidenten erfolgen wird. Maggie gerät zwischen die Fronten. Sie hasst zwar den Präsidenten, muss aber als loyale Mitarbeiterin das Attentat verhindern. Sie will Alarm schlagen, kommt damit aber nicht weit, denn ihr Zugang zum Weissen Haus und fast alle ihre Kontaktmöglichkeiten sind gesperrt. Zudem wird sie mehrmals bedroht. Sie ist mit ihren Nachforschungen jemandem zu nahe gekommen, der nicht enttarnt werden will. Und Maggie stellt fest, dass ihre Gegner über alle ihre Schritte informiert sind. Indirekt gelingt es ihr, das Attentat zu verhindern. Der Präsident wird verletzt, aber eine Panzerweste rettet ihm das Leben.

 

 

 

Die neue Administration will das Attentat nutzen, um Notrecht auszurufen und die Macht des Präsidenten auszuweiten. Nach Belieben sollen nun Ausländer und Amerikaner ausgewiesen werden können. Der Präsident soll diktatorische Macht erhalten und seine Amtszeit beliebig verlängern können. Maggie lässt sich aber nicht unterkriegen und forscht weiter. Dabei kann sie der neuen Administration so schwere Verbrechen nachweisen, dass ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wird. Der Präsident und seine Getreuen sind Geschichte.

 

 

 

Maggie ist zwar sympathisch, aber irgendwie gespalten. Einerseits ist sie naiv und spielt ihren Gegnern ständig Informationen zu. Anderseits ist sie so clever, dass sie einen weit überlegenen Gegner bodigen kann, sogar zwei durchtrainierte Schlägertypen. Das geht nicht auf. Der Roman ist an vielen Stellen gestreckt mit endlosen Gedankengängen der Heldin und mit endlosen Reden ihrer Gegner. Der Autor hat sich gründlich ins Weisse Haus eingearbeitet und schildert die Orte und Abläufe detailliert und anschaulich. Die Story ist spannend erzählt und lebt von den unzähligen Anspielungen auf wirkliche Ereignisse. Trump war schlimm, aber Gott sei Dank nicht ganz so schlimm wie der Präsident in diesem Roman. Am Ende des Romans drückt auch dieser Autor die Reset-Taste: Maggie ist den Job und den Geliebten los und bereit für eine neue Story.

 

 

 

Die Maggie-Costello-Romane, Stand 2020: Das letzte Testament, Der Gewählte, Der Präsident, Die Wahrheit, Die Kampagne.

 

 

 

 

 

 

 

Simon Beckett

 

Verwesung. Thriller.

 

Rowohlt, 2011

 

 

 

Simon Beckett schrieb eine ganze Serie von Krimis mit David Hunter als Held. Der forensische Anthropologe löst die Fälle, indem er sehr genau beobachtet und scharf kombiniert. In diesem Roman schreckt er auch vor Abenteuern nicht zurück, die in jeden Actionfilm passen würden.

 

 

 

Es geht um die Suche nach den Gräbern von Mädchen, die von Jerome Monk ermordet worden sind. Man geht davon aus, dass die Leichen irgendwo im Moor liegen. Monk ist im Gefängnis, weil er die Morde gestanden hat. Nun darf er im Moor bei der Suche nach den Leichen helfen, doch er hilft nichts, sondern unternimmt einen Fluchtversuch. Mit seinen gewaltigen Kräften wäre ihm das fast gelungen. Hunter und sein Team finden tatsächlich ein Grab, doch da liegt nur ein toter Dachs. Hervorragend schildert Beckett die Spannungen im Team. Die Stimmung ist so schlecht, dass eigentlich gar keine ernsthafte Suche stattfindet. Alles ist eine Riesenschlappe für alle Beteiligten, die man möglichst vergessen will.

 

 

 

Ein paar Schicksalsschläge und acht Jahre später flieht Jerome Monk aus dem Gefängnis und verschwindet spurlos. Panik bei der Polizei. Es sieht so aus, als würde Monk die Mitglieder des damaligen Suchteams aufsuchen und abmurksen. Eine ehemalige Kollegin bittet Hunter um Hilfe. Die hat sie auch nötig, denn sie ist überfallen und zusammengeschlagen worden. Hunter und die Frau helfen sich gegenseitig, eine zarte Liebesgeschichte wird angedeutet. Monk ruft die Frau mehrmals an, doch er kommt nicht zu ihr durch. Hier verrät der Autor indirekt, wie es weitergeht: Monk bedroht die Frau gar nicht, sondern will mit ihr Kontakt aufnehmen. Mit einem brutalen Überfall erzwingt Monk das Treffen mit Hunter und der Frau. Er verschleppt beide in Höhlen, die sich unter dem Moor befinden. Offensichtlich hat er sich hier jeweils vor der Polizei versteckt. Bald zeigt sich, dass er herausfinden will, ob er die Morde tatsächlich begangen hat. Er hofft auf Hilfe. Wegen einer Hirnverletzung hat er Tobsuchtsanfälle, an die er sich nachher nicht erinnern kann. Er erzählt die Geschichte aus seiner Sicht. Schliesslich lässt er Hunter und die Frau wieder gehen. Der Weg aus der Höhle ist schwierig. Monk hilft der Frau durch eine enge Stelle, kommt dabei aber selber ums Leben.

 

 

 

Die Begegnung mit Monk macht Hunter klar, dass er wahrscheinlich gar nicht der Mädchenmörder war. Hunter forscht weiter und kann den Fall unter Lebensgefahr lösen. Der wahre Täter stammt aus seiner engsten Umgebung. Und als das Team das Dachs-Skelett nochmals genauer anschaut, werden darunter die Mädchenleichen gefunden. Der Dachs war lediglich ein Ablenkungsmanöver. Am Ende des Romans drückt Beckett die Reset-Taste: Der Held lebt wieder allein, der Fall ist gelöst, die aufkeimende Liebschaft beendet und ein neues Abenteuer kann beginnen.

 

 

 

Der Krimi ist angenehm zu lesen, nur würde man sich wünschen, dass Hunter etwas häufiger als forensischer Anthropologe arbeiten würde. Gerne würde man ihm öfter bei der Arbeit über die Schultern schauen. Stattdessen  müssen wir zusehen, wie er mit privaten und persönlichen Problemen kämpft. Weiter würde man sich wünschen, dass Beckett die Story nicht zu früh verraten würde. Aufmerksame Leser sind wohl von keiner der überraschenden Wendungen wirklich überrascht.

 

 

 

 

 

 

 

Marc Elsberg

 

Blackout. Morgen ist es zu spät.

 

Blanvalet, 2012

 

 

 

Blackout ist ein düsteres Energiedrama. Ein Stromausfall-Endzeitkrimi. In ganz Europa und den USA fällt der Strom aus. Das macht nichts, die Akkus sind ja geladen und man hat noch Konserven. Aber nach kurzer Zeit sind die Akkus leer und nichts geht mehr. Man merkt, was alles vom Strom abhängt: Kommunikation, Lebensmittel, Wasser, Spitäler, Verkehrssignale, Mobilität, Sicherheit, die Kühlung von Atomkraftwerken und vieles mehr. Es gibt Unfälle, die Lebensmittel gehen aus, nachts bleibt es dunkel. Das verdüstert auch einige Menschen: Sie profitieren vom gesellschaftlichen Zerfall und rauben und plündern drauflos. Keiner kann die Polizei rufen, und wenn er es könnte, dann würde sie nicht kommen, weil es kein Benzin mehr gibt. Andere wiederum helfen einander so gut es geht. Auch diese Krise holt das Beste und das Schlechteste im Menschen ans Licht.

 

 

 

Held der Geschichte ist Piero Manzano, ein Hacker aus Italien. Er stellt fest, dass der Stromausfall kein Zufall ist, sondern ein Anschlag. Das erklärt auch, dass eben nicht nur der Strom ausfällt, sondern auch die Elektrizitätswerke. Ohne Strom kommt es in einigen Atomkraftwerken zu Kernschmelzen. Zudem zieht ein Trupp quer durch Europa und fällt Strommasten. Manzano braucht sehr lange, bis ihn jemand ernst nimmt. Nach vielen Hindernissen erst wird der Kampf gegen die Angreifer ernsthaft aufgenommen. Der Held ist jedoch dauernd mit hübschen Frauen unterwegs, was seinen Leidensweg mildert. Die Frau, die ihm am besten gefällt, kann er gegen Ende sogar erobern.

 

 

 

Die Geschichte hat Zug und holt viel Energie daraus, dass es immer schlimmer wird. Nebenbei erklärt Elsberg, wie der ganze Strommarkt funktioniert, wie anfällig er theoretisch ist und auf welche Weise die Atomkraftwerke lahmgelegt werden können. Bei einem Service wird von einem Mitarbeiter eine Schadsoftware installiert, die wahllos Fehlermeldungen produziert. Eigentlich ist gar nichts kaputt, aber die Fehlermeldungen bringen die Belegschaft auf Trab und führen schliesslich zum Kollaps. Das könnte ein ziemlich technischer Roman sein, bei dem niemand drauskommt. Doch der Autor versteht es, seine Erklärungen kurz und anschaulich einzuflechten. Dabei nimmt er auch einige Abkürzungen in Kauf – das Buch eignet sich nicht als Lehrmittel. ;-)

 

 

 

 

 

 

 

Klaus-Peter Wolf

 

Rubert undercover. Ostfriesische Mission.

 

Fischer, 2020

 

 

 

Man weiss nie, ob Wolf geschludert hat oder meint, es sei lustig, oder die Schluderei seinen Helden unterjubeln will. Mir ist es zu viel Schluderei. Ernst nehmen kann man den Krimi auch nicht, dazu ist er zu doof, also ist er wohl lustig gemeint, aber ich muss weder grinsen noch lachen. Da fehlt das Liebenswürdige der Trottel in den Eberhofer-Krimis. Rupert ist einfach nur ein Trottel. Der Chef ist einfach nur ein Ekel. Kein Vergleich ist Wolf zu abgegriffen, um ihn zu zelebrieren; Frauen als heisse Schnitten oder Sahneschnitten geht einfach nicht, nicht einmal ironisch. Hinzu kommt plumpes Product Placement, vermutlich für einen Kumpel des Autors, das sind Ablöscher. Zugegeben, gelegentlich finden sich auch originelle Wortverwendungen. Beim munteren Drauflosschreiben gibts auch Treffer. Trotzdem: Wolfs vermutlich eilig hingetippte Schreibe mag ich nicht. Ich habe das Buch nicht fertig gelesen.

 

 

 

 

 

 

 

Alistair MacLean (und John Denis)

 

Geiseldrama in Paris

 

NSB, 1980

 

 

 

So simpel wie der Titel ist das ganze Buch. Der Roman bleibt konstant an der Oberfläche und konzentriert sich auf die Handlung. Die Personen sind einfach gestrickt, die Figuren passen perfekt in einen Film jener Zeit, und so wurde das Buch auch verfilmt – mit Peter Fonda und Douglas Fairbanks jr. in den Hauptrollen. Da gibt es die attraktiven Geheimagenten und die umwerfend schönen Frauen, da gibt es den Bösewicht, das irre Genie, mit seinen brutalen Helfern und einem Heer von Lakaien, die als Verbrauchsmaterial dienen. Die Handlung ist absurd und es bleiben einfach viel zu viele Fragen offen. Zum Beispiel: Wie konnten so viele Wiederholungstäter jahrelang ungehindert ihr Unwesen treiben? Kurzweilig, macht aber in keinster Weise Eindruck.

 

 

 

 

 

 

 

Henning Mankell

 

Mörder ohne Gesicht

 

dtv, 1991

 

 

 

Der melancholische Antiheld Kurt Wallander (Alkoholismus, sexueller Übergriff, fahren in angetrunkenem Zustand usw.) löst auch diesen Fall. Eigentlich ist es ein Doppelfall: Ein altes Ehepaar wird ungewöhnlich brutal gefoltert und getötet. Weil die Medien schreiben, die Polizei fahnde nach einem Ausländer, gibt es eine Welle von Fremdenhass, und dabei wird wahllos ein Ausländer erschossen.

 

 

 

Kurt Wallander und sein Team treibt die Fälle eifrig voran, wobei es lange Zeiten gibt, in denen sie nicht weiterkommen. Wallander erweist sich dabei nicht als Übermensch, sondern als Mann, der einfach dranbleibt und auch Misserfolge und lange Phasen der Erfolglosigkeit verkraftet, respektive mit Opern übertönt und in Whisky ersäuft. Zudem muss er nicht nur die Fälle verkraften, sondern auch dass seine Frau ihn verlassen hat, dass er ein sehr distanziertes Verhältnis zu seiner Tochter hat und dass sein Vater zunehmend zum Pflegefall wird. Ganz schön schwer, das unbehelligt durchzustehen.

 

 

 

Die Stärke des Romans ist die Schwäche des Helden. Er ist normal und lebt ein normales Leben und ermittelt mit normalen Mitteln. Die langsame Entwicklung der Story passt zum Helden. Ein stimmiger Wallander.

 

 

 

 

 

 

 

John Grisham

 

Die Liste

 

Heyne, 2004

 

 

 

Ein typischer John-Grisham-Roman. Es geht um einen jungen Journalisten, der eine heruntergewirtschaftete Lokalzeitung kaufen und übernehmen kann. Er lernt das ganze Dorf kennen und füllt die Zeitung mit lokalem Stoff, der die Auflage in die Höhe schnellen lässt: Wahlen, Nachrufe, Vereinsleben, Kirchen, Geschäftswelt und so weiter. Der Alltag des Journalisten auf seiner kleinen Redaktion ist hervorragend geschrieben, genauso ist es auf einer solchen Redaktion, genau diese Kämpfe hat sie auszufechten mit einem saufenden Mitarbeiter und einem Faktotum im Büro und den Druckkosten! Noch mehr Auflage bringt ein brutaler Mord, wie man es in dieser Gegend noch nie erlebt hat. Der Täter ist rasch gefunden, verurteilt und ins Gefängnis gesteckt.

 

 

 

Dann kommt Grishams Spezialgebiet: Ausführlich schreibt er über den Richter, den Prozess, die Rechtslage und vor allem über die Geschworenen, die den Täter verurteilen, aber vor der Todesstrafe bewahren. Bevor er im Knast verschwindet, bedroht der Mörder die Geschworenen mit dem Tod.

 

 

 

Der Täter wird vorzeitig entlassen, und jetzt beginnt jemand eine Todesliste abzuarbeiten: Ein Geschworener nach dem anderen wird getötet. Mit der Aufklärung des Falles endet der Krimi – und die Zeit des Journalisten als Verleger.

 

 

 

Während Grisham die Story verzögert und Nebengeschichten schildert, hält er die Spannung hoch, indem er seitenweise spannende Charaktere beschreibt, allen voran eine wohlbeleibte, fromme und schwarze Frau oder einen Haudegen, der den Journalisten unterstützt und in der Freizeit Partys macht und mit Pistolen herumballert, oder die verschiedenen Gottesdienste die vielen Gemeinden, die es vor Ort gibt. Die schwarze Frau sieht man während des Lesens gleich vor sich, verkörpert von Octavia Spencer («Die Hütte») oder Whoopi Goldberg («The Color Purple»). Ein makelloser Grisham. Einzige Kritik: der erste Mord an einem Zeugen versickert im Laufe der Geschichte und wird nicht aufgeklärt.

 

 

 

 

 

 

 

Alfred Bodenheimer

 

Das Ende vom Lied. Ein Fall für Rabbi Klein.

 

Nagel & Kimche, 2015

 

 

 

Ein herrlich unaufgeregter Krimi über einen Rabbi in Zürich. Er kümmert sich nicht nur um seine Schäfchen, sondern auch um eine Mordermittlung, die ihn nichts angeht. Findet die Zürcher Polizei. Schritt für Schritt führt der Krimi ein ins Beziehungsgeflecht der Frauen, die als Täterin in Frage kommen. Mit Hilfe seines leicht behinderten aber blitzgescheiten Praktikanten kann Rabbi Klein das Netz um die mögliche Täterin immer enger ziehen, bis der Fall direkt vor seiner Nase gelöst wird.

 

 

 

Zwischendurch liest Rabbi Klein einen Stapel von Briefen durch, die ein Überlebender des KZ Theresienstadt an seine verstorbene Frau geschrieben hat. So flicht der Autor das zweitgrösste Drama der jüdischen Geschichte in seinen Roman ein. Böse Zungen könnten sagen, er profitiert von der Verfolgung der Juden. (Das grösste Drama ist, dass die Juden ihren Messias Jesus Christus verworfen haben). Nebenbei erfahren wir einiges Interessantes über die Befindlichkeit der Juden in Zürich und ihre Sitten und Gebräuche. Am Ende des Buches erklärt ein kleines Glossar die sparsam gesetzten hebräischen Wörter. Mit dem Ende vom Lied ist nicht nur die Auflösung des Falles gemeint, sondern auch der letzte Vers des Hoheliedes in der Bibel, auf das der Rabbi mehrmals zurückkommt. Der letzte Vers wird ganz unterschiedlich übersetzt und lautet gemäss Elberfelder Bibel: «Enteile, mein Geliebter, und sei gleich einer Gazelle oder einem Jungen der Hirsche auf den duftenden Bergen!»

 

 

 

Schade, dass auch dieser Autor das heutige Judentum auf ein paar komische Kleidungsstücke und einige seltsame Lebensregeln und Gebräuche reduziert. Es ist immer das gleiche Lied: Berichte über Juden, über die Amischen, über konservative Christen oder katholische Ordensbrüder legen den Fokus fast immer auf ein paar Kleidervorschriften und einige ungewohnte Lebens- und Alltagsregeln. Auf den Kern des Judentums oder des christlichen Glaubens, auf die Motivation, gehen die Medien dabei in der Regel nicht ein. Und dieser Kern lautet: Liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst. Doch davon liest man kaum ein Wort

 

 

 

 

 

 

 

Tor Bomann-Larsen

 

Amundsen. Bezwinger beider Pole.

 

Übersetzt von Karl-Ludwig Wetzig

 

mareBuchverlag, 1995

 

 

 

Die grosse Biografie über Roald Amundsen (1872-1928), den Norweger, der es als erster Mensch zum Südpol schaffte und später mit einem Luftschiff den Nordpol erreichte. Er gehört mit Fridtjof Nansen (1861-1930) und anderen zu den grossen Norwegern, die das Selbstbewusstsein des Landes gewaltig angehoben haben, was bis heute nachwirken dürfte.

 

 

 

Bomann-Larsen erweist sich als detailverliebter Rechercheur, der aus unzähligen Büchern, Briefen, Notizen, Tagebüchern, Zeitungsberichten und so weiter eine ausufernde Biografie über Roald Amundsen schreibt. Das bemerkenswert, weil Amundsen ein Geheimniskrämer war. Manche Episoden kann der Autor nur aufgrund kryptischer Notizen (zum Beispiel B. 28/3) nachvollziehen. Dabei geht es ihm weniger um die Abenteuer, die Amundsen erlebt hat, sondern mehr um die Person Amundsen. Wir finden keine spannenden Schilderungen von Amundsens Expeditionen, sondern detailreiche Schilderungen seines Lebens. Sein Verliebtsein in Frauen, die er nicht haben kann. Seine enge Zusammenarbeit mit seinen Brüdern. Die unendlichen Kämpfe und Vorbereitungen, bis eine Expedition loszieht.

 

 

 

Dann lesen wir, wie er als erster die Nordwestpassage durchfuhr, die 400 Jahre lang gesucht worden war. 1911 erreichte er als erster Mensch den Südpol, noch vor seinem Rivalen Scott, der auf der Rückreise umkam. Auch den Nordpol hat er vermutlich als erster Mensch erreicht, und zwar mit dem Luftschiff «Norge». Es war eine italienisch-norwegische Expedition, die von Mussolini gutgeheissen worden war. Einige Leute sind ihm zwar zuvorgekommen, konnten jedoch nie endgültig beweisen, dass sie es geschafft hatten.

 

 

 

Der grösste Teil des Buches schildert den Niedergang der Persönlichkeit von Roald Amundsen. Konnte er zu Beginn noch eine Schiffsmannschaft begeistern, zeigte er sich zunehmend starrköpfig, egoistisch, eigenbrötlerisch. Er lebte in einer Traumwelt seiner Liebschaften und lebte innerlich extrem zurückgezogen. Von einer Expedition hat er zwei Eskimomädchen mitgebracht, die er geliebt zu haben scheint. Er brachte sie nach Norwegen und schaute zu, wie sich die Mädchen integrierten und schulisch gut zurecht kamen. Daraufhin meinte er, sein Experiment sei erfolgreich abgeschlossen, und verbannte die Mädchen aus seinem Leben. Seinen Bruder Leon, der das organisatorische Rückgrat all seiner Unternehmen war, hat er ohne Wimperzucken verstossen.

 

 

 

Der innerlich einsame Eigenbrötler Amundsen lebte gemieden und zurückgezogen. Dazu träumte er von Heiratsplänen. Dann bot ihm das Schicksal eine Gelegenheit zu einem grossen Auftritt, der er nicht widerstehen konnte. Mit Umberto Nobile und dem Luftschiff «Norge» hatte er 1926 den Nordpol erreicht. Und jetzt, 1928, war Nobile mit dem Luftschiff «Italia» und der ganzen Mannschaft verschollen. Die Welt fieberte mit und eine Reihe von Such-Expeditionen wurden gestartet. Amundsen konnte sich ein Wasserflugzeug beschaffen und startete überstürzt eine eigene Suchaktion, obwohl er Nobile hasste. Denn hier konnte er nicht verlieren. Konnte er Nobile retten, war er ein Held. Starb er bei der Aktion, wurde er ein unsterblicher Märtyrer. Letzteres geschah, denn Amundsen wurde nach dem Start nie mehr gesehen.

 

 

 

Der Autor hält sich leider für einen Dichter, anstatt dass er die Fakten darlegen würde. Man muss oft 20 oder mehr Seiten zurückblättern, um zu erfahren, von welchem Jahr die Rede ist. Und wenn man Geburts- und Todestag von Amundsen oder andere Jahreszahlen wissen möchte, ist man auf Google schneller informiert als in diesem Buch. Blumige Bilder sind dem Autor wichtiger als Informationen. Ein Foto zeigt zum Beispiel das Wasserflugzeug Latham 47, mit dem Roald Amundsen 1928 in den Tod geflogen ist. Die Bildunterschrift lautet: «Der Schwan des Südens im hohen Norden... Links unternimmt Leif Dietrichson (mit Schirmmütze) gerade den entscheidenden Schritt...» Solche rätselhaften, nichtssagenden Bildlegenden sind Bullshit, und davon wimmelt es in diesem Buch. Die Blumigkeit geht so weit, dass viele Passagen nicht wirklich verständlich sind. Klare Informationen wären da willkommen gewesen.

 

 

 

Es ist unglaublich, wie ein so grosses Drama so langweilig beschrieben werden kann. Das ist auch eine Anfrage an den Übersetzer, der so berühmt ist, dass sein Name auf der Titelseite des Buches steht: Warum hat er diese Blumigkeit und Unschärfe übernommen? Er hätte doch sagen müssen: Das mag schönes Norwegisch sein, aber auf Deutsch ist das Lächerlich!

 

 

 

 

 

 

 

Anne Holt

 

Die Präsidentin. Kriminalroman.

 

Piper, 2009

 

 

 

Amerika hat eine Präsidentin gewählt. Ihre erste Auslandreise führt sie nach Norwegen, ins Land ihrer Vorfahren. Dann der Schock: Sie verschwindet aus dem Hotel. Spurlos. Das Chaos bricht aus. Wer soll ermitteln? Wer informiert wen? Es kommt zu mehr Kompetenzgerangel als zu ernsthaften Ermittlungen. Doch langsam wird klar, dass das Verschwinden der Präsidentin nur ein Ablenkungsmanöver ist – und der Auftakt für einen grösseren Anschlag auf die USA.

 

 

 

Die Geschichte ist spannend, doch es ist schwer, die Leute in dieser Geschichte zu mögen. Der amerikanische Ermittler ist ein arrogantes Schwein, der Norweger ein schlaffer Fettsack. Positiv ist natürlich, dass die Norwegerin die norwegische Befindlichkeit und die Schilderungen von Häusern, Parks und Strassen sehr gut auf den Punkt bringt. Wer will, kann diese Orte besuchen. Am schlimmsten sind aber die stilistischen Marotten der Autorin. Sie liebt offenbar halbfertige Schilderungen, Auslassungen, ungenaue Erklärungen und unterbrochene Dialoge, die zu nichts führen. Der ganze Roman ist an sich okay, wirkt aber wie ein unscharfer Film.

 

 

 

 

 

 

 

Hakan Nesser

 

Mensch ohne Hund. Ein Fall für Inspektor Barbarotti.

 

btb, 2009

 

 

 

Nesser führt uns in eine Familie ein. Wir lernen sie alle kennen, die verzweifelt depressive Grossmutter Rosemarie und ihr Mann Karl-Erik, der sie übergeht und gegen ihren Willen das Haus verkauft und mit ihr auswandert. Und ihre Kinder Ebba, Kristina und Walter. Das sind die geliebte Tochter Ebba mit ihrem Mann Leif und den Söhnen Henrik und Kristoffer. Tochter Kristina mit ihrem Mann Jakob und dem kleinen Sohn Kelvin, der offenbar eine nicht näher benannte Behinderung hat. Und Sohn Walter, der nach einigen gescheiterten Beziehungen allein dasteht und derzeit ziemlich dumm dasteht, weil er an einer Fernseh-Dschungelshow mitgemacht hat und gefilmt worden ist, als er am Strand den Mond anheulte und sich dabei einen herunterholte. Was ihm in der Boulevard-Presse den Titel Wichs-Walter eingebracht hat.

 

 

 

Die Familie trifft sich für ein paar Tage, um Geburtstag und Weihnachten zu feiern. Da zeigt sich, dass nicht nur Grossmutter Rosemarie schwarze Gedanken hat. Auch Henrik drückt ein Problem, und Kristina ist unglücklich mit ihrem Mann Jakob, und Walter leidet unter seinem Single-Dasein. So geht das viel zu lange, ein halbes Buch lang eine Feier von deprimierten Personen, die unter ihrem Joch leiden und Mühe miteinander haben.

 

 

 

Dann gehts los. Walter zieht mitten in der Nach los, um eine ehemalige Schulkameradin zu vögeln. Niemand weiss davon, und er verschwindet spurlos. Henrik spricht mit Kristina und erzählt ihr, dass er schwul sei. Sie sagt nein, du bist nicht schwul, und will ihm das beweisen, indem sie mit ihm schläft. Das macht sie ihm Hotelzimmer, weil ihr Mann Jakob bereits abgereist ist. Aber ihr Mann kehrt überraschend um und erwischt Henrik und seine Frau in voller Aktion. Auch Henrik verschwindet spurlos. Von Walter weiss niemand etwas und Kristina und Jakob schweigen eisern. Für alle anderen sind Walter und Henrik unerklärlich spurlos verschwunden.

 

 

 

Inspektor Barbarotti lernen wir auch kennen, seine Tochter, seinen Lebenslauf, seine komischen Wetten mit Gott: Immer betet er um bestimmte Dinge und vergibt dafür Punkte. Wenn Gott erhört, gibt es Punkte, dass es Gott gibt. Wird ein Gebet nicht erhört, gibt es Minuspunkte, und Gott existiert nicht. Derzeit existiert Gott in Barbarottis Rechnung. Denn er betet, dass er nicht an eine Familienfeier gehen muss, und tatsächlich wird seine Tochter krank und es schneit ihm den Fall mit den verschwunden Walter und Henrik herein. Im nächsten Viertel des Buches müht sich Barbarotti vergeblich, Licht ins Dunkel zu bringen. Walter verschwand spurlos und Kristina und Jakob lügen eisern.

 

 

 

Gegen Ende des Buches steigt die Spannung. Die Mörderin von Walter, die ehemalige Schulkameradin, wird von einem Bus überfahren. Vermutlich als sie unterwegs ist, einen Ex-Mann zu töten. Ihr Haus wird geräumt, und in der Gefriertruhe finden sich zwei Leichen. Walter ist gefunden, der Fall geklärt.

 

 

 

Auch der Fall Henrik ist geklärt, aber nur für den geneigten Leser. Barbarotti strampelt sich weiterhin ab, kommt der Lösung aber näher: Es muss eine innerfamiliäre Sache sein. Der Druck steigt, Jakob wird nervös, Kristina hält das Schweigen und Lügen und das Leben mit ihrem Mann fast nicht mehr aus. Sie lebt nur noch für ihren behinderten Sohn Kelvin und für das Ungeborene in ihrem Leib. Und grübelt, wie sie Jakob töten könnte, weil der sie seit der Geschichte mit Henrik in der Hand hat und sie jede Nacht vergewaltigt.

 

 

 

Auch Kristoffer grübelt, und kann schliesslich Kristina dazu bringen, ihm alles zu gestehen. Kristoffer will seinen Bruder rächen, schnappt sich eine Pistole und geht zu Familie Jakob-Kristina-Kelvin. Er will Jakob erschiessen, aber das misslingt. Bevor Jakob Kristoffer töten kann, greift Kristina ein und tötet ihren Mann. Kristoffer kommt davon, Kristina wandert ins Gefängnis. Fall gelöst. Und Inspektor Barbarotti hat nebenbei eine Frau gefunden, mit der er ins Bett steigen darf.

 

 

 

Ein spannender Roman, eine Art Hitchcock-Suspense-Thriller, bei dem zunächst nicht viel los ist. Es geht um spannungsgeladene Beziehungen, und dann steigt die Spannung zusehends bis zum Höhepunkt am Schluss und zur Aufklärung aller Verbrechen. Wer gerne in sowas eintaucht, ist mit Hakan Nesser gut bedient. Wer es lieber hat, wenn die Story zügig vorangeht, muss zu einem anderen Buch greifen.

 

 

 

 

 

 

 

Hjorth & Rosenfeldt

 

Die Toten, die niemand vermisst. Ein Fall für Sebastian Bergman.

 

Rohwolt, 2016

 

 

 

Spannender Thriller um ein Massengrab und zwei Männer, die spurlos verschwunden sind. Die Nachforschungen sind schwierig, weil offenbar jemand fortlaufend Spuren verwischt und sogar Leute umbringt, die mehr über die Zusammenhänge herausfinden wollen.

 

 

 

Der Krimi ist über weite Strecken in einem Zöpfleinmuster aufgebaut und teilweise spannend zu lesen. Doch er krankt an vier weit verbreiteten Thrillerkrankheiten: Die Story ist zu konstruiert; es gibt zu viele Personen, zu viele Überschneidungen, zu viele Zufälle, zu viele Verwicklungen. Man weiss auf Schritt und Tritt, dass die Sache am Reissbrett entstanden und erfunden ist. Zweitens finden sich viel zu viele Nebenhandlungen, die zwar gut und ausführlich geschildert werden, die Story aber nicht voranbringen. Drittens ist die Sache viel zu wortreich. 620 Seiten sind definitiv zu viele innere Monologe. Unglaublich, wie lange sich die Helden Gedanken machen, ehe sie den Telefonhörer abnehmen oder eine Türe öffnen. Seitenlang wird ausgebreitet, mit wem sie ins Bett wollen, was für geheime Ziele sie verfolgen, wo ihn ihrem Leben sie gescheitert sind. Dadurch werden die Handelnden zwar plastisch, aber auch unsympathisch. Vor allem der Held, Sebastian Bergman, entpuppt sich als egoistisches Ekelpaket, das zwar die Frauen ins Bett kriegt, aber sonst nichts gebacken. Und viertens wird der Fall nicht wirklich gelöst. Man weiss, was geschehen ist, aber die Verantwortlichen bleiben unangetastet. Zudem haben die Autoren offenbar die Übersicht über die vielen Nebenhandlungen verloren, die hängen am Ende alle in der Luft. Oder man liess absichtlich vieles offen, um Lust zu machen auf einen weiteren Bergman-Krimi. Aber ob man sich die spannende Story dieses widerwärtigen Egoisten nochmals antun will, muss jeder selber wissen.

 

 

 

 

 

 

 

Dee Brown

 

Pulverdampf war ihr Parfum. Die sanften Helden des Wilden Westens.

 

Hoffmann und Campe, 1974

 

 

 

Der grosse Kenner des Wilden Westens und der Indianer, Dee Brown, legt hier die Geschichte der Frauen vor, die den Westen erobert und gezähmt haben. Im Schatten der berühmten Revolverhelden haben die Frauen den Westen mitgeprägt. Sie durchquerten als Pionierinnen die grossen Ebenen, überstanden ohne fremde Hilfe beinharte Winter, arbeiteten als Lehrerinnen im Indianerterritorium, begleiteten als Soldatenfrauen ihre kämpfenden Männer, haben mit harter Arbeit aus nichts ein Essen herbeigeschafft.

 

 

 

Auf dem Weg nach Westen merkten die Frauen bald, dass alle gesellschaftlichen Konventionen und Regeln für sie nicht mehr bindend waren. Sie spürten eine Freiheit, die es für sie noch nie gegeben hatte. Und so kämpften sie für das Frauenstimmrecht, das aktive und passive Wahlrecht, und betätigten sich zunehmend als Unternehmerinnen, die nicht mehr von Männern abhängig waren. Eine resolute Frau wie Carry Nation bekämpfte den Alkoholismus mit Beil und Steinen, indem sie zahllose Bars verwüstete – zu anderen Zeiten wäre sie nach kurzer Zeit im Gefängnis und hoch verschuldet gewesen.

 

 

 

Dee Brown schildert den enormen Frauenmangel im Westen und welche Anstrengungen es kostete, die Nachfrage zu befriedigen. Man bot den Frauen im Osten gut bezahlte Arbeit und sicheren Transport an, um sie in den Westen zu locken; man verdingte sie als Hausmädchen, als Lehrerinnen oder Krankenschwestern, importierte sie als Animierdamen und versprach ihnen das Blaue vom Himmel. Entsprechend selbstsicher traten die Frauen im Westen auf, denn wenn ihnen ein Mann nicht passte, standen die Bewerber Schlange.

 

 

 

Brown konzentriert sich nicht auf spektakuläre Weiber wie Calamity Jane, sondern setzt den ganz normalen Frauen ein Denkmal, die meist unbeachtet den Westen mitgeprägt haben. Bis heute.

 

 

 

 

 

 

 

Horst Kommerau

 

Licht über Afrika

 

SCM Hänssler, 2012

 

 

 

Horst Kommerau schildert anschaulich, wie das Missionswerk Diguna heranwuchs und gegründet wurde. Gottes Ruf, der Zufall und eine lange Reihe von Wundern haben dazu beigetragt, das Werk «Die gute Nachricht für Afrika» ins Leben zu rufen. Das Werk ist stark gewachsen und heute noch aktiv; unter anderem betreibt es die Jüngerschaftsschule in Nairobi, die von Hans und Jacqueline Seppi aufgebaut und geleitet wurde.

 

 

 

Es begann vor allem als Infrastruktur-Dienstleister. Die Gründer von Diguna sammelten billige Bundeswehr-Fahrzeuge, brachten sie in Schuss, stopften sie voll mit Hilfsgütern und überführten sie nach Afrika. Auf den unwegsamen Pisten werden die Fahrzeuge eingesetzt, um verschiedene Gemeinden mit Nachschub zu versorgen und einheimische Evangelisten in die abgelegensten Gebiete zu fahren. Vor allem die Fähigkeit, alte Fahrzeuge instand zu stellen, ist bei verschiedenen Werken und Kirchen enorm gefragt.

 

 

 

Das Buch beginnt spannend mit mehreren abenteuerlichen Reisen von Deutschland nach Afrika, wobei Gott diese Reisen offensichtlich unterstützt hat: Im letzten Moment kam das Geld zusammen, in auswegloser Lage wurde ein Weg gefunden, nach grossen Schwierigkeiten fanden sich plötzlich die nötigen Ersatzteile und so weiter. Unzählige Male hat sich das Motto eines der Diguna-Gründers bewahrheitet: Mache den ersten Schritt, Gott sorgt dann für den Rest. Etwa in der Mitte verliert der Erzählfluss an Schwung, weil nun auch über administrative Fragen berichtet wird, über Kooperationen und eine Vielzahl von Projekten, die gegründet, aufgebaut und weiterentwickelt werden. Kommerau schildert dabei auch Rückschläge oder wie Diguna Korrekturen vornehmen konnte, zum Beispiel, als sich bei einem Stamm mehr Menschen zum Glauben an Jesus bekannt haben, als es dort hat. Flugs wurde die Evangelisationsstrategie daraufhin verbessert.

 

 

 

Es ist ein Buch, das Mut macht und eine Fülle von Anregungen bietet, wie man sich selber in der Mission engagieren könnte.

 

 

 

 

 

 

 

Sidney Sheldon

 

Zeit der Vergeltung

 

Blanvalet, 1998

 

 

 

Eine schöne Frau verliebt sich in einen charismatischen Mann. Sie planen die Hochzeit, laden die Gäste ein. Der Mann verreist für ein paar Tage – und heiratet eine andere Frau. Eine, die viel Geld und Macht in die Ehe bringt. Nun kann er Governor oder gar Präsident werden. Die Schöne ist schockiert und widmet nun ihr ganzes Leben der Rache. Sie heiratet einen reichen alten Mann und baut sich ein Medienimperium auf.

 

 

 

Ihr ungetreuer Geliebter wird nun tatsächlich Governor – und Präsident der USA. Die Frau, die er wegen der Karriere geheiratet hat, ist nun First Lady. Das klappt perfekt, nur geht der Mann weiterhin fremd. Die Verschmähte indes veröffentlicht nun Artikel, die dem Präsidenten schaden. Sie trifft ihn, die beiden schlafen miteinander, und prompt verraten die Zeitungen die Details über das geheime Liebesnest des Präsidenten.

 

 

 

Die Indizien verdichten sich, dass der Präsident bei geheimen Treffen mit jungen Frauen schläft, und dass drei davon an einer Überdosis gestorben sind. Diese Story würde seine Amtszeit beenden, das ist klar. Doch es sind erst Indizien. Die Verschmähte kümmert das nicht. Sie ist auf Rache aus, und so veröffentlicht sie die Story: Präsident wegen dreier Morde angeklagt.

 

 

 

Wer steht am Ende als Gewinner da, die rachsüchtige Frau oder der untreue Präsident? Ein paar Leichen später klärt sich alles auf und wir wissen: Rache lohnt sich nicht.

 

 

 

Manchmal etwas simpel geschrieben oder übersetzt, aber die Story entwickelt Zug und wird gegen Ende immer spannender. Ein Thriller, der diesen Namen verdient.

 

 

 

 

 

 

 

Dagmar Petrick

 

Ein Professor für die Erdnuss

 

Das ungewöhnliche Leben des George Washington Carver

 

Neukirchener Verlag

 

 

 

Das bilderlose Kinderbuch schildert das kurvenreiche Leben eines Mannes, der mit Hunderten von Entdeckungen das Leben der armen Landleute verbessern half. Er kam aus dem Nichts, am Ende rissen sich die berühmten Leute um ihn, und heute wird er im ganzen Land geehrt.

 

 

 

George Carver (ca. 1861-1943) wird als Sklave auf dem Land geboren und wächst bei Zieheltern auf. Seine Mutter wurde geraubt und als Sklavin verkauft – sie wurde nie gefunden. Trotz der Sklavenbefreiung scheint Carvers Schicksal als Hilfskraft vorherbestimmt. Schon früh fällt er auf mit einem enormen Wissensdurst. Da er zu schmächtig ist für Landarbeit hilft er im Haushalt. In der Freizeit streunt er durch die Natur und will alles wissen über die Natur, besonders über seine Lieblinge, die Blumen.

 

 

 

Etwa mit 15 Jahren verlässt er die abgelegene Farm, um eine Schule für Schwarze zu besuchen. Und das ist nun sein Leben: Er zieht von Schule zu Schule, verdient sich den Lebensunterhalt und das Schulgeld. Auf seiner Odyssee arbeitet er als Koch, als Inhaber eine Wäscherei, als Maler und Lehrer für Malerei, Farmer und vieles mehr. Und fast alles erfolgreich. Er erwirbt sich eine Unmenge von Fertigkeiten, doch verzögert das seinen Bildungsweg. Er wird auch mit Rassismus konfrontiert; er erlebt einen Lynchmord und muss fliehen, und von einem College wird er eingeladen, doch dann zurückgewiesen, weil er schwarz ist. Unterwegs legt er sich auch den Mittelnamen Washington zu, weil er mit Namensvettern verwechselt wird.

 

 

 

Er ist vermutlich über 30, als er endlich studieren kann: Botanik, Geologie, Gartenbau, Zoologie, Chemie. 1896 zieht er nach Tuskegee und baut am Institut von Booker T. Washington die landwirtschaftliche Fakultät auf. Jetzt hat er seine Lebensaufgabe gefunden: Er erforscht unermüdlich Böden, Blumen, Gräser, Nutzpflanzen und gibt sein Wissen laufend weiter, unter anderem mit einem Schulwagen, mit dem er auch die einsamsten Farmer unterrichten kann. Abgesehen von der schieren Freude an der Vielfalt der Schöpfung begeistert ihn vor allem der Nutzen der Pflanzen für die Ärmsten, und das sind oft dunkelhäutige Farmer.

 

 

 

George Washington Carver erfindet die Fruchtfolge: Wenn man abwechselnd Erdnüsse und Baumwolle anpflanzt, sind regelmässig gute Ernten möglich, weil sich der Boden regenerieren kann. Um die verstockten Farmer vom Erdnussanbau zu überzeugen, erfindet er 105 Arten, wie Menschen Erdnüsse konsumieren können. Aber erst als der Baumwollkapselkäfer die Ernte vernichtet, schwenken die Farmer auf seinen Vorschlag ein. Mit gewaltigem Erfolg! Carver forscht auch an Luzernen, Sojabohnen, Reis, Zuckerrüben, Kuhbohnen und vielen anderen Pflanzen. In seinem Labor entwickelt er pflanzliche Farbstoffe, Klebstoffe, Salben, Öle, Futtermittel und Lebensmittel in Hülle und Fülle. Er lässt fast nichts patentieren, weil er will, dass diese Entdeckungen unters Volk und den Armen das Leben erleichtern.

 

 

 

Nach einem Vortrag im Kongress wurde Carver gefragt, woher er denn all dieses Wissen habe. Er sagte, das habe er aus der Bibel. Dort stehe: «Öffne meine Augen, dass ich deine wunderbaren Taten erkenne.» Und so habe er die Augen geöffnet und die Werke des Schöpfers erforscht. Für diese Aussage wurde er von der Presse verspottet. Doch als Carver 1943 stirbt, ist er eine nationale Berühmtheit und hoch geachtet. Längst hat Amerika begriffen, dass er ein Segen für das ganze Land war. Hunderte Schulen werden nach ihm benannt. Sein Geburtshaus ist ein Nationaldenkmal – es ist das erste Haus dieser Kategorie, in dem nicht ein Präsident geboren worden war.

 

 

 

Das Buch ist einfach geschrieben, in kurzen Sätzen. Schwierige Dinge sind gut erklärt, zum Beispiel die rassistischen Vorfälle und die wissenschaftlichen Entdeckungen Carvers. Die Autorin streut Refrains ein; so listet sie bei jedem Umzug auf, was Carver alles einpackt, und erwähnt mehrmals, dass sein Geburtsdatum nirgends aufgeschrieben wurde. Es dauert nicht lange, bis man diesen Carver ins Herz schliesst und wissen will, wie es weitergeht. Ein paar Metaphern sind der Autorin nicht gut gelungen und einige der Wiederholungen wären meinetwegen nicht nötig gewesen. Aber das Buch ist gut geschrieben und man kann sich alles gut vorstellen. Es ist bestimmt ein gutes Vorlesebuch.

 

 

 

 

 

 

 

Raymond Khoury

 

Scriptum (Originaltitel: The Last Templar)

 

Rohwolt, 2005

 

 

 

Christentums-Thriller im Stile von Sakrileg – Da Vinci Code von Dan Brown. Die Parallelen sind offensichtlich. In beiden Romanen geht es um ein hirnrissiges christliches Geheimnis, für das Verbrechen begangen werden. Die Guten versuchen, das Rätsel zu lösen, um die Verbrecher zu stoppen.

 

 

 

Bei Khoury geht es um ein Geheimnis, das die Tempelritter bewahrt und gehütet haben. Als der Templerorden gewaltsam aufgelöst wurde, haben die letzten Überlebenden ihr Geheimnis versteckt und verschlüsselt. In der modernen Zeit sind nun ein paar Leute auf der Jagd nach diesem Geheimnis, stehlen und morden, um es in den Griff zu bekommen. Die Helden sind ein FBI-Agent und eine Archäologin, die darauf brennt, eine sensationelle Entdeckung zu machen. Die Bösen sind Gegner der Kirche, die mit diesem Geheimnis die Religionen vom Sockel stossen wollen und ein Killer der katholischen Kirche, der das Geheimnis unter dem Deckel halten will. So entwickelt sich ein spannendes Abenteuer, das bis in die Türkei und nach Griechenland führt, immer auf den Spuren der Templer. Dazu entwickelt sich eine erotische Beziehung zwischen den Helden.

 

 

 

Solche sensationellen Geheimnisse des Christentums gibt es nicht. Der Autor löst dieses Problem so, dass das Geheimnis zwar am Ende gelüftet wird, doch entpuppt es sich als Fälschung – und es geht auch gleich wieder unwiederbringlich verloren.

 

 

 

Spannend, kurzweilig, temporeich; manchmal auch etwas vorhersehbar. Wenn man nicht von Anfang an wüsste, dass es am Ende um nichts geht, um nichts gehen kann, wärs noch deutlich spannender. Immerhin schiebt der Autor einige Abschnitte ein, in denen die Kirche gut wegkommt. Der christliche Glaube ist die Inspiration für die Nächstenliebe, und die ist nicht zu verachten.

 

 

 

Und dies ist das Geheimnis: Die Templer haben das Tagebuch von Jesus Christus gefunden. Wenn es veröffentlicht wird, hebt es die organisierte Kirche aus den Angeln und verbindet Christentum, Judentum und Islam zu einer einheitlichen Religion. Allerdings haben die Templer das Tagebuch gefälscht, weil sie damit eine Art Religionsfrieden erreichen wollen. Das ist nicht gelungen, wie ein Blick in die Nachrichten zeigt.

 

 

 

 

 

 

 

Emanuel Stickelberger

 

Reformation, ein Heldenbuch

 

J. F. Steinkopf, Stuttgart, gedruckt 1934

 

 

 

Wissen wir, wie die Leute im 16. und 17. Jahrhundert miteinander gesprochen haben? Blumig, sehr blumig, wenn wir Stickelberger glauben dürfen. Auf der Basis von historischen Ereignissen dichtet er hier zehn Heldengeschichten, die uns mitten hineinführen in die Zeit der Reformation. Es ist eine Zeit, in der es lebensgefährlich ist, sich der katholischen Kirche nicht zu unterwerfen. Galeerenstrafen sind die Folge, Verfolgung, Folter, Tod, Ausrottung. Der interkonfessionelle Dialog war damals noch nicht erfunden. Aus nächster Nähe erleben wir, wie sich Martin Luther unter Lebensgefahr vor dem Kaiser verantworten muss, beobachtet von einem Basler, der sich im entscheidenden Moment nach vorne drängt. Stickelberger schildert auch, wie der Berner Maler und Texter Niklaus Emanuel Deutsch sich den Kopf zerbricht, wie er das Volk mit reformatorischen Gedanken erreichen kann – und schliesslich ein sehr erfolgreiches Fasnachtsspiel schreibt. Das Gemetzel an den Hugenotten in Frankreich wird ebenso geschildert wie die Flucht der evangelischen Waldenser, die von einem übermächtigen Heer ausgerottet werden sollten. Dazwischen streut Stickelberger auch Einzelschicksale, etwa von einem jungen Schweizer, der von den katholischen Franzosen auf die Galeere verbannt wird, oder von einem holländischen Admiral, der eine Reihe von Protestanten von den Galeeren befreit.

 

 

 

Ein paar Beispiele:

 

- Es geht nichts über gescheite Jungen als die Hüte.

 

- Meister Berchtold hat nun einmal einen Mehlsack auf der Zunge.

 

- Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass.

 

- Ich hasse dich, Elender, der mit seinem Hundegebell keines andern Stimme aufkommen lässt.

 

- Lasst mich Unseligen zurück in die Fron, zu der ich durch meine Sünden bestimmt bin.

 

- Steht nicht geschrieben: Was zum Munde ausgehet, verunreiniget den Menschen. Das möchte das Tabakieren betreffen.

 

- Hast's am Schnürlein, du Donnerhagel.

 

- Dein Gedächtnis ist admirabel.

 

 

 

 

 

 

 

Walter Dornberger

 

Peenemünde - Die Geschichte der V-Waffen

 

Ullstein 11. Auflage 2000

 

 

 

Walter Dornberger leitete in der Nazizeit die Entwicklung der ersten Rakete, die in den Weltraum vorstiess und die Schallmauer durchbrach. Er war Chef der Raketenabteilung des Heereswaffenamtes und Kommandeur des Raketentestgeländes in Peenemünde. Zu seinem Team gehörte unter anderem auch Wernher von Braun, der später in den USA mithalf, den Flug zum Mond zu ermöglichen. Er hat die Saturn-V-Rakete mitentwickelt. Andere Ingenieure aus Dornbergers Team halfen nach dem Krieg den Sowjets, die deutsche Rakete nachzubauen und weiterzuentwickeln.

 

 

 

Dornberger schildert den Weg von der ersten Raketenbegeisterung in den 1930er-Jahren bis zur serien- und einsatzreifen Raketenwaffe gegen Kriegsende. Der Weg zum Ziel war mit ungeheuren technischen, finanziellen und organisatorischen Hindernissen verstellt. Es ging darum, Fachwissen aus allen möglichen Bereichen zusammenzuführen, um etwas so Neues wie eine flüssigkeitsgetriebene Grossrakete bauen zu können. Dauernd fehlte das richtige Material, das nötige Geld oder ein passendes Gerät, das erst noch entwickelt werden musste.

 

 

 

Da man keine Zeit hatte für Grundlagenforschung, wurden laufend Raketen gebaut, mit Flüssigtreibstoff gefüllt und auf Testflügen verschossen. Die hat man dann ausgewertet, neue, verbesserte Raketen gebaut und erneut getestet. Try and error. Der Raketenantrieb war das Aggregat 4 (A4), das von der Nazipropaganda zur «Vergeltungswaffe» hochstilisiert wurde (V2). Die V1 existierte damals bereits, war jedoch kleiner und etwa gleich schnell wie die schnellsten Jagdflugzeuge. Die V2 sollte die Schallmauer durchbrechen und dadurch nicht mehr abgewehrt werden können.

 

 

 

Reihenweise sind die Raketen beim Start umgefallen und explodiert, ins Taumeln geraten, während des Fluges aus der Bahn geraten oder in der Luft auseinandergebrochen. Noch 1944 erreichte nur ein Bruchteil der A4 das Ziel. Weil nach einem Fehlschlag nur Fetzen übrigblieben, war es unmöglich, aus den Trümmern auf die Fehler zu schliessen. Man musste weiterpröbeln, bis das Ding einwandfrei flog. Das war erst kurz vor Kriegsende der Fall. In den letzten Wochen und Monaten konnten noch 3200 Stück verschossen werden. Sie hatten keinen Einfluss auf den Kriegsverlauf. Aber die Deutschen hatten die Schallmauer durchbrochen und das Tor zum Weltall aufgestossen. Auf diese grossartigen Leistungen legt Dornberger den Schwerpunkt seines Buches. Es ist entsprechend techniklastig, jedoch durchaus geniessbar.

 

 

 

Ein zweiter Schwerpunkt ist das unglaubliche Kompetenzgerangel in der Nazizeit. Nie war Dornberger sicher, ob er nun die nötigen Kompetenzen und das nötige Geld erhält oder nicht. Nie war er sicher vor Spott und Ablehnung oder Intrigen. Mit Lügengeschichten wollte man ihm wichtige Mitarbeiter wegnehmen, darunter Wernher von Braun. Dann wurde er ausgelacht, weil man die Raketen für Hirngespinste hielt. Als sie endlich flogen, wollte man ihn absetzen und die Versuchsanstalt in Peenemünde von einem Heeresbetrieb in ein Privatunternehmen umwandeln. Oder man jubelte ihm untaugliche Mitarbeiter unter oder setze ihm einen Karriere-Militär vor die Nase, der vom Raketenbau nichts verstand. Es dauerte Jahre, bis Hitler das Raketenprogramm akzeptierte und förderte. Ein Glück, dass die Deutschen in ihrem Führungschaos («Teile und herrsche») nicht vom Fleck gekommen sind. Ein Glück auch, dass das wertvolle Aluminium zu knapp wurde und man den Sprengkopf der V2 nicht auf die gewünschten 1000 kg brachte.

 

 

 

Bemerkenswert ist auch, was Walter Dornberger nicht schreibt. Anschaulich schildert er die Schrecken eines britischen Bombenangriffs auf Peenemünde - kein Wort davon, dass er seit Jahren genau das gleiche plante, nämlich eine Terrorwaffe, die auf London abgeschossen werden sollte. Kein Wort auch über die Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge, die unter grausamen Bedingungen beim Bau der V2 ums Leben gekommen sind. Politik lässt er weitgehend aus, und seine Begegnungen mit den Nazigrössen schildert er konsequent kritisch. Dornberger konzentriert sich total auf die tollen technischen Leistungen der Deutschen und auf seine Schwierigkeiten mit der Nazi-Hierarchie. Und das ist spannend und unterhaltsam zu lesen.

 

 

 

Bis Kriegsende wurden 7500 V1 erfolgreich verschossen, 2419 sind in London detoniert. Sie hatten einen Sprengkopf von 874 kg. Tausende gingen beim Start kaputt oder wurden von den Engländern abgeschossen. Von der A4 oder V2, die in Peenemünde entwickelt worden waren, kamen 3200 Stück zum Einsatz. Ihr Sprengkopf wog 738 kg, hatte aber wegen der hohen Geschwindigkeit eine grosse Wirkung. Die V2 konnten nicht abgewehrt werden, da sie etwa Mach 5 erreichte. 1500 V2 wurden auf England abgefeuert und 1600 gegen den Hafen von Antwerpen. Die V2 tötete etwa 8000 Menschen. Bei der Produktion sind 16'000 bis 20'000 KZ-Häftlinge ums Leben gekommen. Man kann sagen, dass die V2 vermutlich die einzige Waffe ist, die bei der Herstellung mehr Menschen getötet hat als nachher im Einsatz.

 

 

 

Heute sind das Historisch-Technische Museum Peenemünde und das KZ Mittelbau-Dora öffentlich zugängliche Museen und Gedenkstätten.

 

 

 

 

 

 

 

Eckhart Tolle

 

Eine neue Erde, Bewusstseinssprung anstelle von Selbstzerstörung

 

Arkana 2005

 

 

 

Eckhart Tolle glaubt, dass ein neues Bewusstsein erwacht, das die Menschheit verändern kann. Er will die Leser nicht unterhalten, sondern bei ihnen diesen Bewusstseinswandel hervorrufen. Das ist auch nötig, denn die Menschheit ist geisteskrank oder wahnsinnig. Die Bibel spricht von Sünde. Diese These stimmt leider, das beweist ein Blick in die Geschichtsbücher oder in die Nachrichten.

 

 

 

Ursache dieser Katastrophe ist das Ego. Der Egogeist identifiziert sich mit der Form; mit physische Formen, Gedankenformen, Gefühlsformen. Das Ego will Dinge besitzen und sich mit Meinungen identifizieren. Es hängt sich an Modeströmungen, Kultur, Religion, gesellschaftlichen Status. Das Ego äussert sich in der Stimme im Kopf, es ist ein Strom von unfreiwilligen Gedanken und Gefühlen. Das heisst: Wir identifizieren uns nicht mit der Person, die wir im tiefsten Inneren sind, sondern mit der Stimme im Kopf, mit unserem Körper, mit Besitz, Lebensweise, Partei und so weiter. Oft wird uns erst im Angesicht des Todes klar, dass dies alles Formen sind, die letztlich nichts mit unserem wahren Selbst zu tun haben. Auf dem Sterbebett merken wir, dass es keine Rolle spielt, ob wir arm sind oder einen Wolkenkratzer in New York besitzen.

 

 

 

Wenn wir die Illusion als Illusion erkennen, löst sie sich auf. Konzentriere dich auf das Gefühl der Lebendigkeit in dir. Spüre deine Körperteile, Beine, Arme, Unterleib, Oberkörper. Dieses Körperbewusstsein befreit dich von der Identifikation mit der Form. Spüre deine wahre Identität, auch während eines Gesprächs mit jemandem. Leben kannst du nicht haben, wie einen Besitz, sondern du bist Leben.

 

 

 

Das Ego wehrt sich dagegen, dass wir erwachen. Es versucht, sich zu bestärken. Zum Beispiel, wenn wir uns beklagen und andere Menschen mit Schimpfnamen eindecken. Das Ego greift auch gerne auf die Vergangenheit zurück, um Groll zu entwickeln. Es nimmt alles persönlich. Das Ego will immer etwas von anderen Menschen oder von einer Situation. Es liebt den Ruhm und kämpft dauernd um Anerkennung und Aufmerksamkeit. Und nichts stärkt das Ego mehr als Rechthaberei. Wenn das Ego auf Krieg aus ist, sollte dir klar sein, dass es sich bei ihm bloss um eine Illusion handelt, die um ihr Überleben kämpft. Denn das Ego muss entmachtet werden. Als Jesus davon sprach, dass man sich selbst verleugnen soll, meinte er damit die Aufhebung der Illusion des Ichs.

 

 

 

Das Ego spielt verschiedene Rollen, um auf sich aufmerksam zu machen. Das können gesellschaftlich festgelegte Rollen sein oder auch zeitweilige Rollen wie die Elternrolle oder die Rolle des fleissigen Angestellten. Sehr beliebt ist die Opferrolle - oder auch die Rolle eines Menschen, dem es gut geht. Wenn zwei Egos sich begegnen und beide eine Rolle spielen, ist eine echte Beziehung nicht möglich. Das krankhafte Ego kann sogar Verbrechen begehen, um sich zu stärken. Diese Rollen müssen durchschaut und aufgegeben werden.

 

 

 

Das Ego denkt - die Stimme im Kopf - und löst Empfindungen aus. Unser Denken und Fühlen verwandelt sich in Ego, wenn du dich damit identifizierst und so davon beherrscht wirst, dass es zum Ich wird. Die Stimme im Kopf erzählt eine Geschichte, an die der Körper glaubt und auf die er emotional reagiert. Die Emotionen wiederum befeuern die Gedanken. Ein Teufelskreis.

 

 

 

Wenn Stockenten streiten, schlagen sie nachher mit den Flügeln und die Sache ist vom Tisch. Daraus können wir etwas lernen: Hör auf, eine negative Geschichte weiterzuspinnen, sondern kehre um an den einzigen Ort der Kraft, und das ist der gegenwärtige Augenblick.

 

 

 

Viele Menschen tun das nicht, sondern grollen. Sie tragen eine Ansammlung von altem emotionalem Schmerz mit sich herum, das nennt Tolle den Schmerzkörper. Er blüht auf, wenn er schmerzliche Erfahrungen sammeln und unglücklich sein kann. Ist der Schmerzkörper aktiviert, sucht er förmlich nach Unglück und Leiden. Er kann überwunden werden, indem du erkennst, dass du einen Schmerzkörper hast. Hör auf, dich mit deinem Schmerzkörper zu identifizieren. Hör auf, dich mit deinem Ego zu identifizieren. Werde gegenwärtig, lebe in der Gegenwart. Der einzige Augenblick, der in deinem Leben zählt, ist jetzt. Auch die schönste Vergangenheit und die grossartigste Zukunft sind nur Gedanken.

 

 

 

Wer bist du? 5000 Seiten Analyse über dich bringen nichts. Es geht nicht um den Inhalt deines Denkapparates, den Lebenslauf, die Leistungen, sondern um dein wahres Sein. Wer du wirklich bist, was du wirklich willst. Akzeptiere das, was geschieht, ohne es zu bewerten. Lebe im gegenwärtigen Augenblick. Lass es zu, wenn das Ego herabgesetzt wird. Fülle dein Leben nicht komplett aus, sondern entdecke den Raum in dir. Dort kannst du Gott begegnen. Sei still. Horch auf die Geräusche um dich herum. Atme.

 

 

 

Das Erwachen ist ein Bewusstseinswandel, bei dem sich Denken und Bewusstheit trennen. Suche die Präsenz, das nicht denkende Bewusstsein. Dass der Prozess des Erwachens in Gang kommt, ist eine Gnade. Wenn du keine Verantwortung für deinen Bewusstseinszustand auf dich nimmst, übernimmst du auch keine Verantwortung für das Leben. Die Freude entspringt nicht dem, was du tust, sondern sie fliesst ein in das, was du tust, und dadurch fliesst sie aus deinem tiefsten Innern in die Welt. Enthusiasmus und Ego können nicht nebeneinander bestehen.

 

 

 

Eckhart Tolle errichtet ein Gebäude, in das er Gedanken aus der Bibel und anderen Quellen der Weisheit zusammenhängend einordnet. Er ist der Erleuchtete, der das alles überblickt, und er liefert eine Fülle von hilfreichen Erklärungen und Lösungsansätzen. Bei manchen Esoterikern zerrinnt einem jeder Satz zwischen den Fingern. Tolle vermeidet das, indem er weitgehend anschaulich schreibt und sein Thema durch geschickt platzierte Wiederholungen vorantreibt. Gegen Ende des Buches hebt er dann etwas ab und es verliert für mich an Griffigkeit.

 

Er vermeidet theologische Begriffe wie Sünde, Vergebung, Erlösung weitgehend, schreibt jedoch genau über diese Grundfragen der Menschheit. Das kann ich gut mit meinem Glauben an Jesus Christus zusammenbringen. Schade finde ich, dass er Gott nicht als Person sieht, die uns liebt und die Beziehung zu den Menschen sucht. Jesus erkennt er als Weisheitslehrer und zitiert ihn oft. Es scheint jedoch zu übersehen, dass Jesus auferstanden ist und lebt. Er wirkte nicht nur vor 2000 Jahren, sondern auch gerade jetzt.

 

 

 

 

 

 

 

Schweizerische Evangelische Allianz

 

Orientierungspapier «Umgang mit Beziehung, Sexualität und Gender-Fragen»

 

 

 

Das Papier der SEA ist nur für Mitglieder verfügbar. Zitat: «Die SEA ... kann und will die einzelnen christlichen Kirchen, Werke und Gemeinschaften nicht von der Verantwortung befreien, selbst mit diesen Fragen zu ringen und sich sowohl mit den entsprechenden biblischen Texten wie auch mit den betroffenen Menschen ernsthaft auseinanderzusetzen.» Folglich findet in diesem Papier keine Exegese der einschlägigen Bibelstellen statt.

 

Mehrfach wird jedoch betont, dass die Gemeinde alle Menschen lieben soll, egal, was sie auf dem Kerbholz haben oder wie sie gepolt sind. Dann werden ein paar Schlussfolgerungen abgeleitet:

 

- Homosexualität ist in der Bibel nie neutral oder positiv.

 

- Dass sich die einschlägigen Bibelstellen nicht mit gleichgeschlechtlicher Liebe befassen, sondern ausschliesslich mit Tempelprostitution und Missbrauch, ist nicht haltbar.

 

- Gleichgeschlechtliche Beziehungen sollten nicht gesegnet werden.

 

- Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen sollten in der Gemeinde keine Kaderfunktion ausüben.

 

- Eine Abstimmungsvorlage wie «Ehe für alle» ist abzulehnen.

 

- Die sexuelle Ausrichtung ist oft eine Phase und kann sich im Laufe des Lebens ändern. Homos können zu Heteros werden und eine schöpfungsgemässe Sexualität leben.

 

- Gleichgeschlechtlich empfindende Menschen dürfen nicht zu Therapien gezwungen werden. Diese darf ihnen aber auch nicht vorenthalten werden.

 

 

 

 

 

 

 

Eric-Emmanuel Schmitt

 

Das Kind von Noah, Fischer 2007

 

 

 

Joseph ist ein jüdisches Kind in Belgien. Plötzlich wird es von seinen Eltern in einer Villa abgegeben – und die Eltern verschwinden. Der Bub ist auf sich gestellt und reimt sich zusammen, dass er vermutlich adliger Herkunft ist. Der Krieg, die Verfolgung der Juden ist weit weg von seinem Erfahrungshorizont. Er wird an verschiedenen Orten versteckt und lernt nach und nach, dass er in Lebensgefahr ist und dass seine Eltern vermutlich tot sind. Und dass alle, die ihm helfen, sich ebenfalls in Lebensgefahr befinden. Denn die Deutschen hassen die Juden und verfolgen sie. Dabei weiss Joseph nicht einmal, was ein Jude ist, weil seine Eltern nie mit ihm in die Synagoge gegangen sind. Nun lernt er auch, was Juden sind, Christen, Katholiken und Nazis.

 

 

 

Schmitt schildert in seinem kleinen Buch die Geschichte im Rückblick, und zwar mehr oder weniger konsequent aus der Sicht des Buben Joseph, der sich die Welt erobert und erklärt. Ein junger Lernender auf dem Weg zum jungen Erwachsenen. Eine wesentliche Rolle spielt Pater Bims, der die Buben versteckt und Gegenstände der jüdischen Kultur sammelt. Wie Noah, der einst die Tiere vor dem Untergang rettete, will er das Judentum vor dem Verschwinden retten. Folgerichtig macht er Joseph nicht zum Katholiken, sondern bringt ihm den jüdischen Glauben nahe, damit er ihn nach dem Krieg weitertragen kann.

 

 

 

Die Figuren sind liebenswürdig und trotz des Dramas oft auch witzig. Es macht Spass, zu lesen, wie Joseph sich die Welt erklärt, und man bangt um das Überleben der Kinder und muss die eine oder andere Träne verdrücken. Schmitt geht nicht gross auf den Kern des christlichen und jüdischen Glaubens ein, vermittelt aber jede Menge Wärme, Liebe und gegenseitigen Respekt. Immerhin, damit ist er bestimmt nahe dran.

 

 

 

 

 

 

 

Günther Deschner

 

Reinhard Heydrich, Statthalter der totalen Macht

 

Bechtle 1977

 

 

 

Die ausführliche Biografie schildert Reinhard Tristan Eugen Heydrich (1904-1942) als typischen Nationalsozialisten: Gross, blond, sportlich, diszipliniert, rücksichtslos seine Ziele verfolgend und Hitler treu ergeben. Er spielte hervorragend Geige und focht und segelte aussergewöhnlich gut. Er konnte reiten und flog mehrere Kriegseinsätze mit einer Messerschmitt 109. Und er hatte, ähnlich wie Hitler, ein guten Instinkt für mögliche Gegner und das Streben nach Macht.

 

 

 

Heydrichs Militärkarriere begann mit einer Schlappe: Er wäre gerne Admiral geworden, wurde aber aus der Marine ausgeschlossen, weil er sich einem Mädchen gegenüber unehrenhaft verhalten hatte. Er heiratete Lina von Osten aus Fehmarn, die eine glühende Nazi-Verehrerin war. 1931 trat er in die Partei an und begann seine Karriere als Nachrichtenmann bei Heinrich Himmlers SS. Es begann bescheiden: Seine Frau bewirtete die Sitzungsteilnehmer in der kleinen gemeinsamen Wohnung oder tippte das Protokoll. Heydrich nahm sich den britischen Geheimdienst zum Vorbild und baute rasch ein Netz von Informanten auf. Er bezog immer grössere Büros und sammelte immer mehr Namen, Fakten und Verdächtigungen über politische und weltanschauliche Gegner. Alles lief bei ihm zusammen.

 

 

 

Heydrichs Auffassungsgabe war legendär. Wenn jemand bei ihm vortragen musste, soll er mehrmals schon während des Vortrags begriffen haben, worum es geht, was die Probleme sind und was getan werden muss. Anderseits wurde er wegen seiner hohen Stimme oft belächelt und in jungen Jahren gar verspottet («die Ziege»). Bei gesellschaftlichen Anlässen soll er sich mehrmals und ohne Einsicht blamiert haben.

 

 

 

Obwohl Heydrich seinen Chef Heinrich Himmler (1900-1945) verachtete, arbeitete er unterwürfig-zweckdienlich mit ihm zusammen; der Nachrichtendienst und die Macht der Schutzstaffel (SS) wurden ständig um- und ausgebaut, bis die SS schliesslich zu einer fast unabhängigen Macht im Staate wurde, welche die Polizei und Inlandgeheimdienst umfasste. Heydrich schuf mit Himmler eine Organisation, die alles aus dem Weg räumen sollte, was Hitler nicht passte. Die Liste der künftigen Opfer wurde immer länger: Elf Millionen Juden in ganz Europa, politische Gegner innerhalb der nationalsozialistischen Bewegung, Sozialisten und Kommunisten, Katholiken, weltanschauliche Gegner aller Art, Widerstandskämpfer und mehr. Ganz besonders hasste Heydrich den Katholizismus und die Juden. Er schnüffelte unablässig nach Energien, die den Nazis hinderlich werden konnten.

 

 

 

Nach der Planung schritt Heydrich zur Tat. Er wollte den Juden in Deutschland das Leben schwer machen, ohne sie offen zu verfolgen. Sie sollten auswandern. Folglich unterstützte er die Zionisten, weil sie zehntausende Juden nach Palästina brachten. Hunderttausende verliessen Deutschland, zahlten die Reise, mussten Vermögen zurücklassen – und es gab kaum Kritik aus dem Ausland. Von den brutalen Ausschreitungen in der Kristallnacht wurde er überrascht. Sie war eine Niederlage für Heydrich und Himmler, die genau solches Aufsehen vermeiden wollten. Trotzdem beugten sie sich den Befehlen von Hitler-Goebbels-Göring und wiesen ihre Einsatzkräfte an, sich nicht einzumischen.

 

 

 

Nach dem Angriff auf Polen bekam die Nazis plötzlich drei Millionen Juden in die Gewalt. So viele würden nicht schnell genug auswandern; auch fehlte ihnen das Geld. Die Umsiedlungspläne – auch Madagaskar war ein Thema – wurden zunehmend unrealistisch. Obwohl Heydrich vorerst daran festhalten wollte, beugte er sich Hitlers Befehlen und deportierte die Juden und Zigeuner nach Polen. Dort wurden sie in Städten und Ghettos konzentriert. Die Gaskammern gab es noch nicht, aber Heydrichs Kommandos verwandelten Polen in einen Wartesaal des Todes.

 

 

 

Heydrichs Einsatztruppen folgten der kämpfenden Truppe und töteten immer grössere Mengen Juden und aktive Kommunisten. Es begann mit  ein paar Dutzend Erschiessungen, dann wurden immer höhere Zahlen gemeldet: 127, 1013, 10'600, 45'467, 51'000, 95'000. Der Autor macht deutlich, dass Heydrich den Massenmord zwar ausführen liess, dass ihm der Auftrag aber nicht passte. Er wolle nicht «der Mülleimer des Reiches» sein, sondern an die Schalthebel der Macht. 1941 konnte er sie endlich ergreifen: Hitler machte Reinhard Heydrich zum stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Das heisst nichts anderes, als dass er Diktator über das Gebiet der Tschechoslowakei wurde. Er genoss Hitlers Vertrauen und hatte keine anderen Vorgesetzen mehr über sich. Heydrich zog mit seiner Familie in ein Schloss bei Prag. Er hatte den Auftrag, die Ruhe im Land herzustellen und die Produktionskraft für Deutschland zu fördern.

 

 

 

Er kam mit klaren Vorstellungen in Prag an. Die Deutschen sollten «weniger dulden und die Tschechen weniger reizen». Er betrachtete das Land ohne Ressentiments und traf zweckmässig seine Anordnungen. Sofort liess er etwa 500 Widerstandskämpfer töten. Rund 5000 Personen wurden verhaftet. Etwa 90 Kurzwellensender wurden zum Schweigen gebracht. Er machte sich die Regierung durch zweitweise Verhaftungen und Versprechungen gefügig. Das Volk wollte er auf seine Seite ziehen, indem er den Schwarzmarkt unterband. Vor allem Lebensmittelhändler wurden hingerichtet, darunter auch Deutsche. Er empfing Arbeitervertreter auf der Prager Burg, was noch nie vorgekommen war, und verlangte von ihnen vollen Einsatz in der Produktion. Dafür bot er ihnen bessere Löhne, bessere Arbeitskleidung, mehr freie Tage und Gratisferien. Der Widerstand erlahmte, die Produktion stieg.

 

 

 

Am 20. Januar 1942 war Heydrich in Berlin. Er führte den Vorsitz bei einer Konferenz in einer Villa am Grossen Wannsee. Sein verschleiert formulierter Auftrag: Die Kräfte bündeln, um die Endlösung der Judenfrage für ganz Europa zu erreichen. Die Federführung für diese Aufgabe liege nun bei ihm, sagte Heydrich. Den Befehl dazu hatte er von Göring erhalten, der wiederum von Hitler beauftragt worden war. Trotz aller Verschleierung ist klar: Hier wird beschlossen, möglichst viele Juden in den Osten zu befördern. Wer den Transport und die Zwangsarbeit überlebt, wird getötet. Adolf Eichmann, der das Protokoll geführt hatte, sagte 1961, bei den «Lösungsmöglichkeiten» habe es sich um «Tötungsmöglichkeiten» gehandelt. Heydrich hat auch diesen Führerbefehl reibungslos erfüllt und nach der Sitzung einen Schnaps gereicht. Die Deportationen und Massenerschiessungen durch die Einsatzkommandos fielen in Heydrichs Zuständigkeit, die späteren Vergasungsaktionen waren ein Sonderbefehl Himmlers.

 

 

 

Heydrichs kometenhafter Aufstieg blieb den Westmächten nicht verborgen. Sie hielten ihn für einen der fähigsten und somit gefährlichsten Nazis. Die Engländer flogen zwei Widerstandskämpfer in die Tschechei ein, die Heydrich im Mai 1942 töteten. Seine letzten Worte richtete er an seine Frau: «Geh zurück nach Fehmarn.»

 

 

 

Über die Gründe für das Attentat unter dem Codenamen «Anthropoid» kann der Autor nur spekulieren. Als er das Buch schrieb, waren die englischen Geheimdokumente noch nicht zugänglich. Und die Alliierten hätten ja auch andere Nazis töten können. Hier einige mögliche Motive für das Attentat:

 

- Heydrich war oft ohne Schutz und Eskorte unterwegs

 

- man wollte verhindern, dass er in den Westen versetzt wird

 

- man wollte ihn für die Verbrechen an den Juden bestrafen

 

- man wollte Spione schützen, die er vermutlich enttarnt hätte

 

- die Exiltschechen in London wollten brutale deutsche Vergeltung provozieren, um den Widerstand zu mobilisieren und/oder um die Alliierten dazu zu bringen, vom Münchner Abkommen zurückzutreten. Das taten sie dann auch, und so konnte die Tschechoslowakei 1945 in den alten Grenzen wieder erstehen. Die Attentäter sind längst Nationalhelden.

 

 

 

Heydrich wurde von den Nazis als Held und Märtyrer gefeiert. Er erhielt den höchsten Nazi-Orden, der von Hitler nur zweimal vergeben worden war. Das Attentat wurde als feige bezeichnet, und Hitler wollte mehrmals aus Rache ein Blutbad anrichten lassen mit zehntausenden Toten. Er zog das nicht durch, aber auch so wurden insgesamt gegen 5000 Personen getötet. Die Ortschaften Lidice und Lezaky wurden völlig zerstört. Auch die beiden Attentäter verloren ihr Leben. Weitere Racheakte waren Verhaftungen und Plünderungen von Juden («Aktion Reinhard»). Zudem begann man im KZ Ravensbrück und KZ Dachau, Sulfonamide wegen ihrer antibakteriellen Wirkung an Häftlingen zu testen, denn ein wirksames Antibiotikum hätte vermutlich Heydrichs Leben gerettet. Nach dem Krieg wurde der Arzt, der die Versuche gemacht hatte, deswegen zum Tode verurteilt.

 

 

 

Die Rache der Deutschen hat den Hass der Tschechen verstärkt und ihren Widerstandswillen angestachelt. Bis Kriegsende kam es zu weiteren blutigen Kämpfen. 1945 entlud sich der Hass der Tschechen und sie vertrieben etwa 800'000 Deutsche und töteten auch viele. 1946 wurden weitere 2,3 Millionen Deutsche ausgesiedelt und ihr Besitz beschlagnahmt. Heydrichs Plan, die eroberten lieben Tschechen deutschfreundlich zu stimmen, war gescheitert. Womöglich hatte er gar nie funktioniert.

 

 

 

Es fällt schwer, Heydrich einzuordnen. Einer seiner engsten Mitarbeiter sagte nach fünf Jahren enger Zusammenarbeit: «Heydrich ist nicht zu typisieren.» Er konnte die Leute mit seiner Geige rühren und mit sportlichen Leistungen begeistern. Er entschied oft rasch und zweckmässig, allein den Zielen Hitlers verpflichtet. Und er hat Hitlers Befehle stets ausgeführt. Wäre er am Leben geblieben, hätte er möglicherweise den Widerstand in Frankreich und Belgien noch brutaler niedergeknüppelt, als das ohnehin schon geschah.

 

 

 

Weltanschaulich hatte sich Heydrich gelöst von den gesellschaftlichen Moralvorstellungen und Normen. Er war streng katholisch erzogen worden und hasste später den Katholizismus mehr als andere Kräfte. Deschner schreibt, Heydrich sei antikirchlich und antichristlich gewesen. «Er war ein Heide.» Der Einzelgänger Heydrich strebte immer nach Spitzenleistung – zuletzt auch in der bedenkenlosen Anwendung von Gewalt. Er hat nicht gross über den Nationalsozialismus nachgedacht, sondern die Tat gesucht. Hier hatte er Macht, hier konnte er nach eigenem Gutdünken handeln. Das scheint ihn am meisten motiviert zu haben. Heydrich sei seiner Zeit voraus gewesen, schreibt Deschner; er sei eine Art moderner Manager des 21. Jahrhunderts gewesen, ohne Skrupel und moralische Bedenken.

 

 

 

Deschners Buch schildert ausführlich die Herkunft des späteren «Henkers» und «Schlächters», die strenge Familie, die hohen Erwartungen, das Mobbing, die Einsamkeit und die steile Karriere. Der Autor schreibt wenig über Heydrichs persönliches Verhalten: War er grausam zu Menschen, zu seiner Frau? Hat er selber gemordet? Oder hat er den Massenmord von ferne befohlen, abdelegiert und sich nicht damit befasst? In Deschners Buch wirkt es manchmal so, als hätte Heydrich klug regieren wollen, hart und gönnerhaft, und die Grausamkeiten nur unwillig erledigt, weil er sie als Notwendig betrachtete.

 

 

 

Im Unterschied zu anderen Berichten schildert Deschner das Attentat nicht als ein Heldenepos, sondern als eine lange Reihe von peinlichen Pannen. Demnach war es ein Zufall, dass Heydrich nach acht Tagen seinen Verletzungen erlegen ist und das Attentat schliesslich gelang.

 

 

 

Eine gute Zusammenfassung von Heydrichs Leben findet sich hier:

 

https://www.deutschlandfunk.de/mann-mit-eisernem-herzen.1184.de.html?dram:article_id=268424

 

 

 

 

 

 

 

Kris Vallotton

 

Der übernatürliche Lebensstil, 2007

 

Ein praktischer Leitfaden hin zu einem Leben von Zeichen und Wundern

 

 

 

Kris Vallotton, Jahrgang 1955, ist Gründer der «Bethel School of Supernatural Ministry» in Redding, Kalifornien. Er lehrt in seinen Büchern, mit dem übernatürlichen Eingreifen Gottes zu rechnen, und er will es fördern. Er geht davon aus, dass alle Christen Gottes Reden erkennen können und Geistesgaben erhalten, zum Beispiel das Sprachengebet oder die Vollmacht, Kranke zu heilen. Dieses Buch richtet er an Leute, die mit ihren Taten «im Himmel berühmt und in der Hölle bekannt» sein wollen. Es ist in erster Linie für Leute geschrieben, die bereits solche Gaben des Heiligen Geistes haben und anwenden.

 

 

 

In den ersten Kapiteln beschreibt Vallotton vor allem, was den übernatürlichen Lebensstil hemmt. So ist es falsch, nicht mit dem Übernatürlichen zu rechen. Es ist in der Bibel üblich, dass Menschen Visionen haben, in Trance fallen, fliegen können, von den Toten auferstehen, Besuche von Engeln erhalten. Heute wenden wir uns vom Übernatürlichen ab, weil es Unordnung bringen könnte oder wir Angst haben, Fehler machen zu könnten.

 

 

 

Eine moderne Klimaanlage passt nicht in einen Oldtimer. Auch das Übernatürliche muss zu meinem Lebensstil passen. Der hängt ab von meinen Kernwerten. Welches sind die Kernwerte, für die ich sterben würde? Sie bestimmen, wie ich die Wirklichkeit wahrnehme. Vallotton legt die Latte hoch, indem er einige Kernwerte der Bethel-Gemeinde anführt: Jeden Moment Gottes Reden erwarten, Gott liebt uns, alle Dinge dienen zum Besten, keine Angst haben, wir sind besondere, heilige und königliche Menschen; wir wollen das Böse, das gegen uns ist, überwinden.

 

 

 

Wir sollten die Geistesgaben immer verbunden mit Liebe gebrauchen. Es ist falsch, Leute im Gottesdienst blosszustellen, sie zu verfluchen oder sie mit der Wahrheit zu verletzen und anzuklagen. Prophetische Worte werden von anderen Christen geprüft. Sie müssen mit der Bibel übereinstimmen. Die Auslegung ist genauso Gottes Wirken wie die Prophetie selbst. Das können wir nicht selber machen. Trotzdem ist die Prophetie immer mit unserer Persönlichkeit verbunden: Nur ich kann es so sagen, wie ich es sage, und bin dafür auch verantwortlich.

 

 

 

Gott redet immer, schreibt Vallotton. Wir müssen nur hören lernen. Zugleich verbirgt Gott sein Wort für uns. Es geht darum, es zu suchen und zu entdecken: «Gott ist uns nahe genug, dass wir Ihn sehen können und weit genug weg, dass es uns schwer erscheint, Ihn zu erkennen.» Gott redet in Visionen und Träumen, in Trancen, leise flüsternd oder durch Körpersignale, indem Gott mir einen Schmerz schickt, der mir zeigt, was er bei einer anderen Person heilen möchte. Prophetie kann vorhersagen oder hervorbringen, das heisst, etwas ins Leben rufen, das sonst nicht da wäre. Wenn der Prophet zum Beispiel jemandem sagt, was er tun soll, dann tut der das und es wird so ins Leben gerufen. Wie erhalten wird diese Fähigkeiten? Zum Beispiel indem jemand für uns betet, der bereits Geistesgaben empfangen hat.

 

 

 

Die Bibel ist zwar entscheidend wichtig, muss aber ergänzt werden durch das Reden des Heiligen Geistes. Bibelstudium allein macht noch kein lebendiges Christsein. Dazu gehört auch, dass nicht alle Wahrheit gleich wichtig ist. Zum Beispiel ist Liebe wichtiger als Hoffnung (1. Kor. 13,13). Zur Kenntnis der Bibel hinzu muss eine Erfahrung mit der Wahrheit kommen. Es darf kein formalisiertes Christentum geben. Die ersten Christen hatten kein Neues Testament, aber den Heiligen Geist. Wir müssen zulassen, dass der Heilige Geist den Bibeltext für unsere Seelen zu Sauerstoff macht.

 

 

 

Kris Vallottons Buch enthält ein paar sensationelle Schilderungen von Wundern, die er erlebt hat. Gerne liest man, wie Vallotton Gottes Stimme hört und dadurch machtvoll anderen Menschen ins Leben hineinreden kann. Das ist toll. Allerdings beschreibt er mehr, was er unter einem übernatürlichen Lebensstil versteht, als wie man selber dazu findet. Bezeichnend: Das Kapitel «Wie man anfängt, einen übernatürlichen Lebensstil zu entwickeln» umfasst nur gerade zwei Seiten.

 

 

 

Als ich 2021 dieses Buch las, bat Vallotton in einer Botschaft auf Youtube um Verzeihung, weil er sich geirrt hatte. Er hatte vorhergesagt, Donald Trump werde für eine zweite Amtszeit wiedergewählt und es werde kein Amtsenthebungsverfahren geben. Beides traf nicht ein. Was die Frage aufwirft, wie sich ein so erfahrener Prophet irren kann, oder wie sicher die ganze Sache ist.

 

Siehe https://www.youtube.com/watch?v=cl1eZfkQdmk&t=154s

 

 

 

Weiter schreibt Vallotton in seinem Buch, dass er schon übernatürliche Erfahrungen machte, ehe er Christ war. Was ist seine persönliche Begabung, was ist eine Gabe des Heiligen Geistes?

 

 

 

 

 

 

 

Vishal Mangalwadi

 

Das Buch der Mitte, 2011

 

Wie wir wurden, was wir sind: Die Bibel als Herzstück der westlichen Kultur

 

 

 

Kurz:

 

Der Autor schreibt, alle Nationen, die biblische Werte anwenden, vor allem als Folge der Reformation, haben grosse Fortschritte gemacht. In diesen Ländern gibt es mehr Freiheit und gelten die Rechte aller Menschen mehr. Es gibt mehr Demokratie, bessere Bildung, eine stärkere Wirtschaft, eine fortschrittlichere Technik und Wissenschaft. Die reformatorisch geprägten Nationen haben andere Länder und Kulturen überholt. Wo die biblischen Werte fehlen oder sogar verworfen worden sind, hat sich das immer negativ ausgewirkt. Atheismus, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Kommunismus, Nationalsozialismus, atheistischer Humanismus usw. brachten den Menschen Diktatur, Sklaverei, Rückschritte respektive kein Engagement für die Schwächeren. Der Autor belegt seine These mit zahlreichen Beispielen aus Geschichte und Gegenwart. Und wenn der Westen heute biblische Werte verwirft, sägt er am eigenen Ast.

 

 

 

Zusammenfassung:

 

Vishal Mangalwadi (Jahrgang 1949) fragte sich, weshalb seine Heimat Indien vom Westen praktisch auf allen Gebieten überholt worden ist. Und woher die Fortschritte kommen, die auch in Indien erzielt werden. Und er weist detailliert nach, dass diese Fortschritte auf biblischen Werten basieren. Diese Werte wurden vor allem durch die Reformation wiederentdeckt und in viele Länder verbreitet; durch Missionsgesellschaften oder Leute aus dem Westen, die von biblischen Werten geprägt waren. So entwickelte sich die Reformation vom Streit unter Theologen zur Revolution des Jahrtausends.

 

 

 

Die Reformation brachte direkt und indirekt eine lange Reihe von Errungenschaften, von denen wir heute profitieren. Ein paar Beispiele:

 

- Buchdruck, Gedankenaustausch, Bildung

 

- Aufwertung der Vernunft

 

- Alphabetisierung, Schulen, Universitäten

 

- Menschenwürde, Menschenrechte

 

- Frauenrechte, Abschaffung der Sklaverei

 

- Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit, Forschungsfreiheit

 

- Aufbau von demokratischen Nationen

 

- Entwicklungsschub für Wissenschaft, Technik, Musik

 

 

 

Vishal Mangalwadi betont, dass es der Welt nicht an klugen Köpfen fehlt. Buchdruck, Wind- und Wassermühle, Brillen, Schubkarren und vieles mehr wurde in Asien erfunden, lange bevor der Westen sie ebenfalls entdeckte. Jedoch nur das Volk im Westen konnte von solchen Erfindungen profitieren: Von der Bibel motiviert, wurden solche Errungenschaften dem ganzen Volk zugänglich gemacht. In vielen anderen Ländern hatte das Volk nichts davon. Mangalwadi schreibt: «3000 Jahre Hinduismus, 2600 Jahre Buddhismus, 1000 Jahre Islam und ein säkulares Jahrhundert obendrauf» waren kein Grund, daraus Vorteile für das ganze Volk zu machen. Wo biblische Werte nichts zählen, zählt letztlich auch der Mensch nichts. Besonders die Frauen schuften in vielen Kulturen wie Sklaven – auch heute noch – und müssen zum Beispiel hinunter zum Fluss, um Wasser zu schöpfen, weil Verachtung und Korruption nicht für fliessendes Wasser sorgen. Ihr Alltag ist so aufreibend, dass kein Raum bleibt für Bildung und Kreativität. Im Westen dagegen gibt es längst fliessendes Wasser, Strom, Waschmaschinen, Bildung für alle und vieles mehr.

 

 

 

Der Westen wurde zur denkenden Gesellschaft. Um 972 n. Chr. konnten die Chinesen bereits drucken. In Korea gab es schon 200 Jahre vor Gutenberg bewegliche Metallbuchstaben. Die buddhistischen Mönche hatten so viele Bücher, dass sie bewegliche Bücherregale mit Bremsen erfanden. Nur wurden die Bücher und ihre Inhalte nicht unters Volk gebracht, denn die Mönche studierten sie nicht, sondern meditierten zum Geräusch der rotierenden Bücherregale. Ihnen geht es darum, den Kopf von rationalen Gedanken zu leeren. In Indien steht an einem Ashram: «Bitte lassen Sie Ihre Schuhe und Ihren Verstand draussen.» Im biblischen Denken dagegen liegt die Wahrheit nicht im Schweigen, sondern im Wort. Es geht darum, den Verstand zu gebrauchen und über Gottes Wort nachzudenken und die Wahrheit zu erkennen. Nach der Reformation lernte das Volk lesen. Es las die Bibel und begann, die Entscheidungen der Obrigkeit mit biblischen Geschichten zu vergleichen und infrage zu stellen. Es wurde debattiert. Die Bibel gewann in Europa mehr Autorität als Kirche und Staat zusammen.

 

 

 

In Südamerika herrschte der Katholizismus; andere Konfessionen wurden ausgegrenzt. Folglich wurden auch die Errungenschaften der Reformation ausgegrenzt. Ein argentinischer Autor schrieb um 1880: «Wenn wir in Südamerika anderen Religionen den Weg versperren, dann bedeutet das, dass wir die Engländer, die Deutschen, die Schweizer, die Nordamerikaner ausschliessen müssen – doch gerade aus diesen Ländern kommen die Menschen, die wir auf diesem Kontinent am dringendsten brauchen.»

 

 

 

Technik ist die Zauberei des Denkens. Die Pyramiden beweisen, dass es schon kluge Köpfe gab, als in Europa noch die Barbaren hausten. Nur arbeiteten die ägyptischen Ingenieure zu Ehren der Knochen ihrer Herrscher. Es lag ihnen wenig daran, für die Sklaven Schubkarren zu erfinden oder mit ihrer Genialität das Los des Volkes zu erleichtern. Vielerorts läuft es so: Wird die Arbeit zu schwer, lassen die Männer die Kinder arbeiten, oder sie nehmen sich zusätzliche Frauen oder kaufen Sklaven.

 

 

 

In Afghanistan kannte man die Wassermühle schon vor Christi Geburt. Zum Durchbruch kam diese Technik jedoch erst durch die Mönche in den christlichen Klöstern. Gott ist Schöpfer, der Architekt des Kosmos. Dies beflügelt die Kreativität. Asiatische Götter, die als Träumer oder Tänzer gesehen werden, regen nicht zum Fortschritt an. Während buddhistische Mönche für ihren Lebensunterhalt betteln, müssen christliche Mönche dafür arbeiten, wie es in der Bibel verlangt wird. Sie arbeiten zur Ehre Gottes. Das Längssegel, der Karrenpflug, die Windmühle, die Schubkarren, das Schwungrad, die Pfeifenorgel, die mechanische Uhr und die Brillen wurden erst an Orten mit biblischen Werten weiterentwickelt und systematisch den Menschen verfügbar gemacht. Die Mönche wollten die Arbeit erleichtern, um mehr Zeit fürs Gebet zu haben. In Asien brauchts keine Brillen, wenn man die Augen zur Meditation schliesst.

 

 

 

Während die führenden Köpfe der Aufklärung die Sklaverei akzeptierten, wurde sie von Menschen mit ausgeprägtem christlichem Glauben bekämpft. Der Autor räumt jedoch ein, dass es auch im Westen Gier und Missbrauch gab. Trotz der Segnungen, die biblisch geprägte Völker verbreiteten, mischte sich auch Gier darunter, Umweltverschmutzung, Ausbeutung. Das gibt es jedoch auch in ausserbiblischen Kulturen, schreibt Mangalwadi, und zwar in weit schlimmerem Masse als in den Gebieten, die von biblischen Werten geprägt sind oder waren.

 

 

 

Helden tun das, was eine Gesellschaft besonders hoch einschätzt. Die klassischen Helden putschten sich an die Macht, kämpften, besiegten die Feinde, eroberten, unterwarfen. In den Kreuzzügen übernahmen die Europäer islamische Vorbilder und versuchten, den Islam militärisch zurückzudrängen. Unter dem Einfluss der Bibel hat sich das geändert. Nun entstand der ritterliche Held, der sich zum Wohle anderer aufopfert. Im Kuwait-Irak-Krieg halfen die westlichen Streitkräfte Muslimen im Kampf gegen Muslime. Dabei dachten sie nicht daran, das Gebiet zu erobern oder zu unterwerfen – sie folgten biblischen Werten. Der biblisch geprägte Held kämpft für die Wahrheit und zeigt Nächstenliebe. Der Premierminister wird wörtlich zum ersten Diener. Obwohl Luther und Zwingli noch zur Gewalt griffen, waren sie und die anderen Reformatoren die Wegbereiter für eine Revolution, die Diener zu Helden macht.

 

 

 

Die Arbeit von Bibelübersetzern wie John Wyclif,  Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, William Tyndale und anderen wurde zu einer Bombe, die das bisher herrschende System erschütterte. Deshalb wurden die Übersetzer verfolgt und getötet. Denn auf die Bibelübersetzung folgte Alphabetisierung, Schulbildung, Gewissensfreiheit, freiheitliche Debatte, die Gründung von Universitäten und vieles mehr. In vielen Fällen waren es erst die Bibelübersetzer, die einem Volk seine Sprache und ein Wörterbuch gaben.

 

 

 

Gemäss der Bibel sollen alle Menschen gesegnet werden, indem sie die Wahrheit erkennen. Deshalb ist die Bibel eine Bedrohung für alle, die wollen, dass der Mensch mehr Macht hat als Gott. Die Bibel führte zu der Bildung von Nationalstaaten, die es vorher so nicht gab. Das war ein revolutionärer Schub zur Freiheit ganzer Völker. Und weil immer mehr Menschen die Bibel lasen und die biblischen Begriffe und Geschichten kannten, gewann sie einen enormen Einfluss auf die Literatur. Es begann zu wimmeln von Figuren, die sich positiv entwickeln, die um Wahrheit rangen, die dem Erlöser Jesus Christus ähneln.

 

 

 

Obwohl es schon im Altertum eine reiche Literatur und Bibliotheken gab, entstanden die dauerhaft bestehenden Universitäten erst durch die wiederentdeckten Impulse aus der Bibel.

 

 

 

Griechen, Römer und der islamische Kulturkreis brachten hervorragende Ärzte hervor. Schon im alten Indien gab es geniale Chirurgen. Dennoch entstand daraus keine moderne Medizin. Das westliche Gesundheitswesen basiert auf der biblischen Lehre von Liebe und Erbarmen.

 

 

 

In Indien wusste man schon im 5. Jahrhundert, dass sich die Erde um die eigene Achse und um die Sonne dreht, doch hatte das keinen Einfluss auf den Alltag. Die indischen Mathematiker führten die Null ein und waren dem Westen schon vor tausend Jahren um Welten voraus. Doch das brachte keine systematische Mathematik, keine moderne Wissenschaft. Nur in Europa entwickelte sich die Astrologie zur Astronomie, die Alchemie zur Chemie und die Mathematik zur Sprache der Wissenschaft – und auch das erst, nachdem die Menschen die Bibel beim Lesen wörtlich nahmen. Da wuchs die Wissenschaftsbegeisterung. Und man brachte die Objektivität ins Spiel. Es waren Theologen, die aufgrund ihrer Bibelerkenntnis die Wissenschaft förderten. Erst der Glaube an den göttlichen Schöpfer und Gesetzgeber brauchte die Menschen dazu, eifrig nach Naturgesetzen forschen.

 

 

 

Man sprach zuweilen von zwei Büchern: die Bibel, die Gottes Wort offenbart, und die Schöpfung, die seine Macht zeigt. Im Laufe der Kirchengeschichte wurden Wissenschaftler von der Kirche verurteilt und unterdrückt. Daraus lässt sich aber keine grundlegende Wissenschaftsfeindlichkeit ableiten, sagt Mangalwadi.

 

 

 

Ein wichtiger Auslöser von Armut ist die Korruption. Auf dem jährlichen Korruptionsindex wird deutlich, dass arme Länder meistens stark von Korruption befallen sind. Staaten mit wenig Korruption sind durchweg protestantische Staaten, also säkulare Staaten, deren Kultur entscheidend durch die Werte der Bibel geprägt ist. Die einzige Ausnahme ist das autoritär regierte Singapur.

 

 

 

John Wesley (1703-1791) ist bekannt als Prediger und Gründer der methodistischen Kirche. Sein Wirken beschränkte sich aber nicht auf seine Gemeinden. Er setzte sich stark ein für die Verbreitung von guter und billiger Literatur, für Schulbildung für alle, gegen Korruption und Machtmissbrauch, gegen die Sklaverei, für bessere Verhältnisse in den Gefängnissen; er gründete eine Armenapotheke und lehrte das Volk singen. Wesley und seine Bewegung führten das Volk zurück zu den Werten der Bibel. Die Gesellschaft fand ihre Seele. Deshalb konnte England einer blutigen Revolution entgehen. Bei seinem Tode war Wesley hoch geehrt.

 

 

 

Ein wichtiger Grund für die Stärke der westlichen Welt ist das Hochhalten der Monogamie und der Familie. Gegenseitiges Vertrauen gibt den Frauen weit mehr Selbständigkeit als in katholischen Ländern und in Kulturen, in denen das Verhältnis der Geschlechter von Misstrauen geprägt ist (Patriarchat, Quasi-Hausarrest, Verschleierung usw.). Die Frauenrechtsbewegung entstand im Westen, weil die Frauen – obwohl sie auch hier benachteiligt werden – viel mehr Förderung erhielten als in bibelfernen Kulturen. Christliche Werte und Moralvorstellungen haben die Stellung der Frau wesentlich stabiler, freier und sicherer gemacht als die heidnischen Vorstellungen im Mittelalter oder im römischen Reich.

 

 

 

In vielen Kulturen wird Reichtum verborgen, verprasst oder zur Schau gestellt. Biblische Werte dagegen verpflichten zur Bescheidenheit, zum Sparen und zur Investition zur Ehre Gottes und zum Wohle der Menschheit. Sparen, Geld zurücklegen – das tönt einfach, war aber einmal revolutionär. Diese Werte wurden zum Hauptmerkmal des Kapitalismus: Vermehrung von Reichtum durch schwere und kreative Arbeit sowie Sparsamkeit und Neuinvestition. In fast zwei Dritteln der biblischen Gleichnisse geht es um Geld. In einem Gleichnis Jesu wird der Mann gelobt, der sein Geld vermehrt, und der Mann kritisiert, der es vergraben hatte. Dazu passt, dass ein Franziskanermönch als erster die doppelte Buchführung beschrieben hat – die Grundlage eines jeden verantwortungsbewussten Unternehmens.

 

 

 

Eine Wirtschaft funktioniert, wenn sie auf Vertrauen basieren kann. Aber sie bricht zusammen, wenn ihr die geistlichen (biblischen) Ressourcen fehlen, die einst Grundlage dieses Vertrauens waren.

 

 

 

Mose befreite Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Das Gesetzt sind die Zehn Gebote. Gott steht über den Regierenden. In Israel herrscht Gewaltenteilung. Jesus macht frei.

 

Das sind einige Kernsätze, die unsere westlichen Demokratien und unser jeweiliges Nationalbewusstsein prägten. Sie basieren auf diesen biblischen Prinzipien. Das biblische Vaterlandsverständnis steht in krassem Gegensatz zum atheistischen Nationalismus. Beim biblischen Verständnis steht nicht eine Kultur oder Rasse im Mittelpunkt, sondern Gott. Israel war zu Selbstkritik und Umkehrbereitschaft verpflichtet. Diese Haltung, wo sie denn übernommen wurde, ermöglichte es den Nationen, Fehler einzugestehen und einen Schritt vorwärts zu machen. Die Propheten der Bibel kritisierten die Herrscher aus der Sicht von Gottes höherem moralischen Gesetz. Der biblische Nationalismus ist immer auch den anderen Nationen verpflichtet, wenn er denn nicht von den Menschen pervertiert wird.

 

 

 

Heute wendet sich der Westen von seiner biblischen Basis ab. Damit gefährdet er alles, was darauf aufbaut. Die Bibel, der Massstab für Wahrheit, wird zunehmend ausgehebelt durch einen Relativismus, der sich plötzlich wieder offen zeigt für Witwenverbrennungen, Patriarchat, Zwangsheirat oder Dschihad. Man möchte die Kultur anderer Völker nicht antasten – man hat die Basis verloren, die den Menschen Würde gibt. Einige Meinungsrichtungen sehen heute keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Fatalismus ersetzt Freiheit, Würde und Nächstenliebe. Doch im Unterschied zum Tier sollte ein Mensch kluge und moralische Entscheidungen treffen können. Er sollte sich kontrollieren. Ohne die biblischen Werte verliert der Westen die Grundlage für seine wertvollsten Errungenschaften.

 

 

 

Vishal Mangalwadi jongliert in seinem Buch mit den Namen von Philosophen, Dichtern und Denkern; er spielt sie gegeneinander aus und versucht, die Auswirkungen ihrer Gedanken dingfest zu machen. Er steht offensichtlich in der Tradition eines Francis Schaeffer, der auf ähnliche Art die Entstehungen von verderblichen philosophischen Strömungen erklärte. Dabei gerät Mangalwadis Buch allzu wortreich. Seine Hauptthese ist plausibel. Sie funktioniert trotz der Ausnahmen, denn auch die biblisch geprägten Nationen erwiesen sich manchmal von Habgier und Ignoranz geprägt. Aber es fällt mir schwer, Mangalwadis These in dieser plakativen Absolutheit nachzuvollziehen. Es ist doch möglich, dass auch bibelferne Nationen göttliche Weisheiten erkennen und umsetzen. Trotzdem: ein inspirierendes und spannendes Buch, das der mitdenkenden Leserschaft empfohlen sei. Und seine Warnung muss ernst genommen werden. Wenn der Westen seine biblischen Wurzeln abschneidet, gefährdet er die ganze Kultur mit ihrer Freiheit und ihrem Wohlstand. Ich denke, erste Schäden sind bereits sichtbar.

 

 

 

 

 

 

 

Yael Dayan

 

Mein Kriegstagebuch

 

Die Tochter Moshe Dayans im Sinaifeldzug 1967

 

 

 

Das Buch von 1967 ist naturgemäss kurz geraten: Die kriegerische Unterbrechung von Yael Dayans Zivilleben dauerte nur ein paar Tage. In dieser Zeit lernte sie den Krieg kennen, den Tod, Verwesungsgestank und Brandgeruch. Und sie begleitete den Divisionsführer Arik Sharon aus der Nähe, erlebte die Angst mit und die Erschöpfung nach dem Sieg, den Jubel über die Eroberung von Jerusalems Altstadt, die Erleichterung, nachdem keine arabische Kanone mehr israelisches Gebiet beschiessen konnte. Und sie lernte ihren Mann kennen.

 

 

 

Dayan schreibt nicht über Strategie, zeichnet kein Bild des ganzen Krieges. Sie fokussiert auf ihre Erlebnisse im Rahmen von Sharons Division. Sie bringt die Stimmung in der Armee mehrmals auf den Punkt, und ihre Schilderung, wie die Soldaten auf die Eroberung von ganz Jerusalem reagieren, ist hervorragend.

 

 

 

Sie nähert sich den Feinden mit Respekt, versucht, sich auch in sie einzufühlen. Zu ihrer Überraschung lassen sie die vielen Leichen fast kalt. Doch in einem aufgegebenen Zelt von ägyptischen Offizieren, wo all die privaten Dinge noch herumliegen, trifft es sie: Es sind auch Menschen mit Wünschen, Sehnsüchten und Gefühlen. Das Mitleid mit dem Feind ist stärker als die Häme über seine Niederlage.

 

 

 

 

 

 

 

Hannah Arendt

 

Eichmann in Jerusalem, Ein Bericht von der Banalität des Bösen

 

1963

 

 

 

Hanna Arendt (1906-1975) verwertet eine Unmenge von Akten für dieses Buch, das den Prozess gegen den Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann beschreibt. Die Israelis hatten vermutlich von einem deutschen Staatsanwalt erfahren, dass sich Eichmann in Argentinien versteckt hielt. Er wurde entführt und in Jerusalem vor Gericht gestellt. Der Staat Israel wollte das Monster zur Strecke bringen.

 

 

 

Der Prozess wird nur relativ kurz beschrieben. Arendt stützt sich auf Aktenberge und schildert ausführlich die Fakten über die Vernichtungsstrategie der Nazis und die juristischen Probleme des Falles; zum Beispiel, dass Eichmann seine Taten nicht in Israel begangen hatte und nun in Jerusalem vor Gericht stand.

 

 

 

Dabei wird deutlich: Die Deutschen hatten Hitlers Willen zum Gesetz erhoben und ein System geschaffen, in welchem Hitlers Absichten radikal umgesetzt wurden. Man machte sich keine Gedanken über die Moral oder das Leid, das man anderen Menschen zufügte. Eichmann war in diesem System ein Mitarbeitender, der sich alle Mühe gab, möglichst viele Menschen nach Auschwitz zu transportieren. Auch unter schweren Bedingungen organisierte er Züge, um Menschen in den Tod befördern zu können. Dabei arbeitete er mit den Juden zusammen, die ihre Deportation selber organisieren und bezahlen mussten. Das ist im Detail spannend zu lesen, aber auch erschreckend nüchtern. Wie hoffnungsvolle Inseln sind in diesem Text die Schilderungen aus Ländern, die sich den Nazis widersetzt haben, allen voran Dänemark. Das tut gut!

 

 

 

Zwei Aussagen von Hannah Arendt haben heftigen Widerspruch hervorgerufen und sind bis heute umstritten. Erstens spricht sie von der Banalität des Bösen. Das heisst: Eichmann ist eben nicht ein Monster, kein blutrünstiger Mörder, kein hasserfüllter Antisemit, sondern ein gewöhnlicher, eher langweiliger und dummer Beamter, der die Vernichtungsmaschine der Deutschen schmierte und ölte, ohne sich deswegen je ein Gewissen zu machen. Er war ein pingeliger Beamter, der die Transportprobleme der Deutschen lösten. Dass er damit Millionen Menschen in den Tod karren liess, war nicht seine Sache. Er war ein gewöhnlicher Beamter, und das Gericht hätte sich überlegen müssen, wie man einen Mann verurteilen kann, der nie etwas Böses getan hat, sondern das Böse nur indirekt mit akribischem Fleiss unterstützt hatte. Dass Arendt damit das Böse schönredet, ist ein Missverständnis. Sie hätte Eichmann auch verurteilt, aber nicht aufgrund von moralischen Voraussetzungen, die einfach nicht griffen.

 

 

 

Zweitens greift Hannah Arendt die jüdischen Führungspersonen an, die mit den Nazis zusammengearbeitet hatte. Die Juden mussten sich organisieren, Volkszählungen durchführen, die jüdischen Vermögen erfassen und schliesslich die Menschen bereitstellen, die in die Gaskammern gebracht wurden. Arendt suggeriert, dass die Juden die Vernichtungsmaschine hätten bremsen können, wenn sie die Zusammenarbeit mit den Nazis verweigert oder wenigstens verlangsamt hätten. Von jüdischer Seite wird das weitgehend als Beleidigung empfunden, denn die Nazis hätten den Juden keine Wahl gelassen; es habe keinen Spielraum gegeben für aktiven oder passiven Widerstand.

 

 

 

Die über 420 Seiten des Buches sind schwere Kost. Dass jedoch die Themen und Thesen des Buches noch heute diskutiert werden, spricht für die Qualität dieser Arbeit.

 

 

 

 

 

 

 

John Nelson Darby und die Anfänge einer Bewegung

 

Max S. Weremchuk, 1988

 

 

 

Darby (18009-1882) war ein Bibellehrer und -übersetzer, der weite Teile der Brüderbewegung inspiriert hat, jedoch ohne sie selber zu gründen. Stichworte: Brethren, Brüdergemeinden, Plymouth-Brüder u.a. Er hat sich allein auf die Bibel abgestützt und eine ganze Reihe von biblischen Wahrheiten neu entdeckt, allen voran die Heilsgewissheit und Freude an der Gegenwart Jesu. Es war eine Art Reformation der Reinheit, eine Reformation nach innen.

 

 

 

Darby lehrte seine Erkenntnisse mit grossem Eifer, beherrschte mehrere Sprachen, reiste viel, hielt ungezählte Predigten, auch in der Westschweiz, und schrieb eine grosse Menge Bücher. Er dürfte die Bibel gekannt haben wie kaum ein anderer Mensch seiner Zeit. Ausserdem übersetzte er die Bibel möglichst genau und zu Handen der einfachen Leute. Seine wichtigsten Lehren sind diese:

 

- Die biblische Geschichte ist eingeteilt in verschiedene Epochen, in verschiedene «Haushaltungen».

 

- Wenn eine Haushaltung von Gott abgefallen ist, wird sie von Gott nicht mehr repariert, sondern fallengelassen. Beispiel: Wenn die Israeliten von Gott abfallen, wird der Tempel zerstört und das Volk zerstreut. Dann folgt ein Neubeginn.

 

- Die christlichen Kirchen sind abgefallen und haben keine Bedeutung mehr. Folglich muss ein Christ aus den Kirchen austreten.

 

- Ein Christ muss sich von der Welt absondern und sich radikal von weltlichen Dingen trennen.

 

- Die wahren Christen treffen sich zur gemeinsamen Abendmahlfeier, werden aber nur zugelassen, wenn ihr Lebenswandel rein ist und von allem Weltlichen getrennt.

 

- Dispensationalismus: Israel und die Gemeinde sind getrennt. Israel ist ein irdisches Volk mit irdischen Verheissungen. Die wahre Gemeinde ist eine himmlische Gemeinde und hat himmlische Verheissungen.

 

 

 

Zeitzeugen beschreiben Darby als arrogant und unbarmherzig. Wenn er eine Irrlehre entdeckte, hat er diese in der Luft zerfetzt. Obwohl der den Irrlehrer selbst achtete, kritisierte er seine Lehre scharf und gnadenlos. Das war sehr schmerzhaft. Darby hatte jedoch auch eine andere Seite. Trotz seiner Strenge war sein Leben voll Freude an der Gegenwart Gottes. Christsein war für ihn eine Sache des inneren Friedens, wenn auch nicht so feuchtfröhlich wie bei Luther. Manche schildern Darby als blitzgescheiten Redner, der seine Zuhörerschaft in seinen Bann ziehen konnte. Er war ein Meister darin, schuldgeplagte Menschen zur Umkehr zu bringen, was ihnen neue Lebensfreude und Freiheit brachte. Alles Weltliche hat Darby verachtet. Er sprach lieber mit armen Leuten als mit den Promis an einem Cüpli-Apéro. Er zog den Hintereingang vor, spielte seine Leistungen herunter, hielt sich oft stark zurück. Als seine grösste Schwäche sah er nicht seine Härte, sondern seine Feigheit.

 

 

 

Darbys Absonderungsidee und die damit verbundene Unbarmherzigkeit finde ich abstossend. Damit bin ich in guter Gesellschaft: Wenn Jesus solche Sachen gesagt hat, waren die Jünger auch entsetzt. Beeindruckt hat mich, wie Darby seinen Auftrag klar gesehen hat und dann alles diesem unterordnete. Er hat ungeheuer viel gearbeitet und immer das gesucht, was er für seinen Auftrag hielt. Er liess keine Bequemlichkeiten zu. Zum Beispiel las er reihenweise «schlechte Bücher», um Irrlehren aufzuspüren und zu bekämpfen. Der Mann hatte bestimmt keine Hobbys! Und seine Verlobung hat er aufgelöst, um sich nicht in weltliche Dinge zu verstricken. Möglicherweise hat er damit das Herz seiner Verlobten gebrochen – und sein eigenes dazu.

 

 

 

Der Autor schildert Darbys Leben und Wirken genau, was die Daten betrifft. Inhaltlich lässt der Autor jedoch zu viele Fragen offen. Klar ist aber: Der Autor sympathisiert mit Darby. Er wahrt eine kritische Distanz, doch allzu kritisch ist er dabei nicht.

 

 

 

 

 

 

 

Es klopft

 

Franz Hohler, 2007

 

 

 

Franz Hohler beschreibt einen lustvollen Seitensprung mit bösen Folgen. Eine attraktive Frau schnappt sich einen verheirateten Arzt und schläft mit ihm, denn sie will unbedingt ein Kind. Der Deal: Nach der Zeugung des Kindes verschwindet sie Frau aus seinem Leben, er wird nie wieder etwas von ihr hören. Und so kommt es. Zunächst. Aber der Arzt plagt sich zunehmend mit seiner Schuld. Er fürchtet, sein Sohn könnte die Frau heiraten, die er damals gezeugt hatte. Die Heimlichtuerei macht ihn krank und belastet seine Ehe und seine Familie. Aber alles kommt ans Licht, denn das Mädchen, das er damals gezeugt hatte, sucht seinen Vater. Und hat Erfolg. Alles kommt ans Licht.

 

 

 

Der Roman handelt von der Belastung, die durch den heimlichen Seitensprung in die Familie kommt. Die Wahrheit will ans Licht und bohrt, zieht und drängt den Arzt zum Bekenntnis. Doch er verhält sich tapisch männlich und wird lieber krank, als das Maul aufzutun und seine Not zu schildern. Er belügt seine Frau, seine Familie, seinen Therapeuten und sich selber. Bis es nicht mehr anders geht und er einfach reden muss. Ob er am Ende stirbt und wie sein Bekenntnis ankommt, lässt Franz Hohler offen.

 

 

 

 

 

 

 

They Shall Not Grow Old

 

Dokumentarfilm von Peter Jackson, 2019

 

 

 

In seiner Doku zum Ersten Weltkrieg lässt Peter Jackson Veteranen zu Wort kommen, die ihre Erlebnisse erzählen. Dazu zeigt er Originalfilme und -fotos sowie Zeichnungen aus dem Krieg. Die Bilder sind aufwändig restauriert und koloriert worden; der Ton wurde neu produziert und hinzugefügt. Lippenleser halfen, den unbekannten Männern in den Filmen Worte in den Mund zu legen. Die Veteranen im Off erzählen Erlebnisse, die von der Mobilisierung bis zur Rückkehr aus dem Krieg reichen. Dazu wurden aus der ganzen Materialfülle des Imperial War Museums in London passende Bilder gesucht.

 

 

 

Grossartig wiedergegeben wird die Stimmung unter den Männern. In Wort und Bild erfahren wir, wie sie begeistert in den Krieg zogen und ernüchtert waren vom primitiven Leben in den Schützengräben. Wir werden Zeugen, wie sie die Schufterei und das Elend stoisch hinnahmen und sich pflichtbewusst in die Schlacht warfen. Sie dienten dem Vaterland, indem sie Freunde sterben sahen und Feinde töteten. Sie nahmen das hin, es war ihre Normalität. Im Kontakt mit gefangenen Deutschen merkten sie allerdings, dass diese Menschen waren wie sie, von Befehlshabern in einen Krieg geschickt, der die Probleme nicht löste, die man mit dem Waffengang aus der Welt schaffen wollte. Das Kriegsende nahmen die erschöpften und entsetzten Männer ebenso stoisch zur Kenntnis wie den Kriegsbeginn. Nach dem Krieg wurden sie in den Alltag zurückgeworfen, aus dem sie aufgeboten worden waren. Sie standen da als Arbeitslose, die sich nur noch von anderen Veteranen verstanden fühlten. Die farbigen, in normalem Tempo abgespielten Bilder zeigen sie als Menschen, nicht mehr als Witzfiguren, die herumrennen wie in alten Slapstick-Filmen. Die verstümmelten Leichen und das Blut zeigt Jackson freundlicherweise in sehr kurzen Einstellungen.

 

 

 

Anstrengend sind die über zwei Stunden lang abgespielten Aussagen von Veteranen. Es wird unablässig geredet. Das ist zwar alles authentisch, doch der zusammengeschnittene Wortschwall ermüdet zunehmend. Jackson gönnt dem Zuschauer keine Pause, keine Momente zum Nachdenken.

 

 

 

Im Schnellzug durch den Krieg, in Farbe und mit Getöse: Trotz der Authentizität lässt mich der Film irgendwie kalt. Jackson hat den Film chronologisch aufgebaut und stellt zu jedem Thema die passenden Bilder zusammen. Wenn es um die Schützengräben geht, reden Veteranen über das Leben an der Front und Jackson zeigt irgendwelche Bilder, die dazu passen. Die Übereinstimmung von Bild und Ton ist manchmal verblüffend exakt; man meint mehrmals, die Szene zu sehen, die im Off beschrieben wird. Doch wie wenig Bild und Ton zusammenpassen, zeigt sich besonders in der Schilderung der grossen Schlacht: Gezeigt wird keine bestimmte Schlacht, sondern es kommen Texte und Bilder von verschiedenen Schlachten hier zusammen. Es gab damals einfach keine Fotos und Filme von Schlachten, keine Tonaufnahmen, keine Filmreportagen. Dass in der Schlachtsequenz häufig Zeichnungen eingesetzt werden, belegt die fast zufällige Zusammenstellung des Materials.

 

 

 

Ken Burns machte 1990 eine ähnliche Dokumentation über den amerikanischen Bürgerkrieg, Laufzeit rund elf Stunden. Er musste mit viel weniger Bildmaterial auskommen und war gezwungen, die gleichen Fotos mehrmals zu zeigen. Aussagen von Zeitzeugen müssen von Schauspielern gelesen werden. Doch die Schilderung ist packend, die Dramaturgie perfekt, die Texte sorgfältig ausgesucht, die Aussagen von Historikern erhellend, die Musik stimmig. Aus viel weniger machte Burns viel mehr, nämlich eine Doku, die mich packt und berührt.

 

 

 

Der Film von Peter Jackson ist sehenswert und zutiefst menschlich. Es ist gut, sich diesen Film anzutun, vielleicht auch nur, um zu begreifen, dass wir die Geschichte nicht wiederholen sollten. Trotzdem bringt es mir mehr, wenn ich zum Beispiel auf einem Schlachtfeld im Elsass stehe und mir in Ruhe Gedanken mache, wie es damals war und was es gebracht hat – oder eben nicht.

 

 

 

 

 

 

 

Thron 2019, 20. und 21. Juni

 

Konferenz für Lobpreis in Eimeldingen

 

 

 

Die Konferenz fand in den Räumen der Gemeinde G5 statt, gleich neben dem Hornbach. Sie war dem Thema Lobpreis–Anbetung–Worship gewidmet und richtete sich an Lobpreis-Leiter und ihre Teams. Mit Lobpreis ist die gemeinsame Anbetung Gottes gemeint; eine Zeit während des Gottesdienstes, in der die ganze Gemeinde Jesus wortwörtlich anhimmelt.

 

 

 

Im Plenum mit rund 500 Personen wurde vor allem angebetet, geleitet von der zehnköpfigen Band DMMK (Die Musik Meiner Kirche, die Lobpreisband der Gemeinde G5meinekirche). Sie spielte bekannte Lobpreislieder und weniger bekanntes eigenes Material, und sie war in der Lage, sich bei spontan angestimmten Liedern einzuklinken. DMMK spielt lauten, sanften Pop mit einfachen Texten, die oft wiederholt werden. Die Leute singen mit, bewegen sich, strecken die Arme in die Höhe, wiegen sich, tanzen. Auf den hintersten Rängen wurden Fahnen geschwungen.

 

 

 

Hauptreferent war Johannes Hartl, Leiter des Gebetshauses in Augsburg. Dort wird rund um die Uhr gebetet, «weil Jesus es wert ist und weil Gebet die Atmosphäre verändert». «Gebet ist nicht alles, aber ohne Gebet ist alles nichts.» Der Vielwortredner sprach locker daher und erntete viele Lacher. Er sagte, der Mensch sei das einzige Lebewesen, das von Schönheit berührt werde. Der Mensch will Schönheit bewundern und anbeten. Lobpreis ist ein Zurechtrücken der Perspektive: Gott ist der Schöpfer, ich bin sein Geschöpf und danke ihm und bete ihn an. Wer Gott Dank und Anbetung verweigert, leidet an Realitätsverlust. Ausser Gott ist alles erschaffen. Deshalb trifft Anbetung den Kern unseres Menschseins und Christseins. Das Lobopfer, der Lobpreis, darf nicht verzweckt werden. Es fragt ja auch keiner, was ein Sonnenuntergang bringt oder was ein Konzert nützt. Die Lobpreis-Band baut musikalisch einen heiligen Raum, in dem Gott angebetet wird.

 

 

 

Jesus empfahl uns, verborgen in einer Kammer zu beten. Das schützt uns vor den Blicken und Erwartungen anderer Menschen. Diese machen uns nämlich unfrei. Wer menschengefällig lebt, hat keine Vollmacht. Er ist gestresst und burnout-gefährdet. Besser ist es, sich allein in der Kammer dem liebenden Blick des Vaters auszusetzen. Jesus lebte in der Liebe seines Vaters und war frei von Menschenfurcht. «Spür an einem verborgenen Ort das Wohlgefallen des Vaters. Sei tief in der Liebe des Vaters verwurzelt.»

 

 

 

Worum es bei der Thron-Konferenz geht, verkündeten verschiedene Moderatoren und Ben Fitzgerald, Leiter von Awakening Europe. Ihr Credo: Jede Erweckung beginnt auf den Knien. Deshalb müssen wir zuerst ins Gebet investieren, wenn in Europa mehr Menschen zum Glauben kommen sollen. Lobpreis und Gebet gehören zusammen, Lobpreis ist die Speerspitze der Evangelisation. Lobpreis prägt die Atmosphäre eines Gottesdienstes. Ben Fitzgerald forderte uns auf, nicht mehr danach zu fragen, was andere von uns denken, sondern frei zu sein wie Jesus. Das unterstrich er mit einem Filmausschnitt: König David tanzt selbstvergessen vor Gott. Er hüpft in Unterhosen herum, macht sich quasi zum Affen, und kümmert sich nicht um die bestürzten Gesichter der Würdenträger und seiner Frau.

 

 

 

Bezeichnend: Während der Plenumsrunde am Ende der Konferenz warf sich Ben Fitzgerald auf dem Podium nieder und betete Gott an. Still und ohne Musik. Sogar der obligate Keyboard-Klangteppich blieb weg. Das Publikum blieb sich selbst überlassen. Spontan stieg es in die Anbetung ein. Strukturlose Gesänge setzten ein, wurden lauter, verebbten wieder. Dann wieder stimmte jemand ein Lied an und der Saal fiel ein. Zwischendurch Stille. Einmal riefen verschiedene Frauen ihre Eindrücke in die Runde. Nach mehr als einer Stunde stand Ben Fitzgerald wieder auf und sagte: «Das war die Lektion. Alle Augen auf Jesus!»

 

 

 

Eine Serie von Workshops ergänzten die Plenumsveranstaltungen. Die Komponistin Anja Lehmann sprach über authentischen Lobpreis. Es gehe darum, das unsichtbare Wesen Gottes sichtbar machen zu helfen. «Lobpreis ist nicht für uns geschaffen. Wir sollten fragen: Gott, was hättest du denn gerne?» Lobpreisleiter müssen sich klar werden: Wer ist Gott für mich? Auch sollten sie die ersten sein, die um Vergebung bitten, denn nichts sollte sie belasten oder unfrei machen. Anja Lehmann erklärte die Bedeutung von zehn Wörtern, die in der Bibel für Lobpreis verwendet werden. Und sie empfahl, die verschiedenen Namen Gottes zu studieren, um mehr über sein Wesen zu erfahren.

 

 

 

Der Gemeindeleiter und Lobpreislieder-Komponist Dän Zeltner zeigte in einem Workshop, wie aus freiem Lobpreis heraus neue Lieder entstehen. Free Worship heisst: Jeder lobt Gott ohne Vorlage, aus seinem Herzen heraus, alle durcheinander, bis sich Texte und Melodien entwickeln. «Meine besten Songs sind frei entstanden, aus dem Überfluss des Herzens heraus.» Er bete immer frei, deshalb wolle er auch frei singen. «Ein Liebeslied kann nicht Karaoke sein.» Er beende jede Bandprobe mit 20 Minuten freiem Lobpreis. Man könne von einem bestehenden Song ausgehen und ihn weiterentwickeln, oder mit einer bestehenden Melodie beginnen, wie schon in Psalm 45,1: «Vorzusingen nach der Weise `Lilien`.»

 

Konkret: In der Übung überlegte jeder für sich, was ihn gerade am meisten beschäftigt. Dän Zeltner spielte eine einfache Melodie, so laut, dass man sich traut, und jeder sang vor sich hin, was ihm nun in den Sinn kam. Nach zehn Minuten Chaos haben die Mutigen ihre Texte vorgesungen, und alle stimmten ein. In einer zweiten Übung bildeten wir Zweiergruppen und beteten füreinander. Singend. Das war schon ein wenig kitzlig im Genick.

 

 

 

Fazit

 

Es macht Mut, so viele andere Lobpreiser zu sehen. Schön ist auch die Vielfalt: spontane Songs und ausgetüftelte Kompositionen, kontemplative Stille und laute Lobpreis-Sessions, gut vorbereitete Beiträge und Raum für freie Anbetung. Wenn ich mehr will, kann ich bei mir selber ansetzen: Es ist wichtig, dass der Anbeter mit aufgeräumtem Herzen vor Gott steht. Ich will künftig meine innere Vorbereitung intensivieren.

 

Mir waren manche Softpop-Lobpreislieder zu lang und zu simpel. Hat Jesus wirklich Freude, wenn wir hundertmal das gleiche Wort gen Himmel rocken? Doch ich habe gelernt: Der Lobpreis ist nicht für mich gedacht. Und ich kann mir vorstellen, dass die Lobpreislieder im Himmel anders wahrgenommen werden. Vielleicht hört man dort nicht die Eintönigkeit und das Gesäusel, achtet nicht auf die Unzulänglichkeit, sieht nicht die Stocksteifen und die Dicken. Sondern im Himmel, könnte ich mir vorstellen, riecht man den Duft der Hingabe, hört man die Sinfonie der Liebe, freut man sich am Groove der Ehrlichkeit und schmeckt man die Würze des Opfers.

 

 

 

Zitate

 

 

 

Johannes Hartl:

 

«Wenig Gebet macht Lust auf wenig Gebet.»

 

«Wenn unsere Gefühle für Gott nachlassen, liegt es meistens an unserer Faulheit.»

 

«Hüte dein Herz, das macht Gott nicht für dich. Du bittest ja auch nicht den heiligen Geist, dir die Zähne zu putzen.»

 

Hartl sagte, er bete täglich eine bis eineinhalb Stunden allein und weitere zwei Stunden im Gebetshaus, also beruflich. Er pflege das kontemplative Gebet und verweile still in der Liebe Jesu.

 

 

 

Albert Frey:

 

Viele Leute wenden sich mit 30, 40 Jahren vom Lobpreis ab, als wäre es eine Lebensphase. Sie haben einfach genug. Deshalb: «Wir brauchen auch Worship mit Tiefgang.»

 

«Ich pflege mein eigenes, persönliches Repertoire von etwa 100 Songs.»

 

 

 

Dän Zeltner:

 

Gemeinsame Essen hält er für sehr wichtig, weil dort wirklich alle zusammenkommen, und wenn sie am Tisch sitzen, sind auch alle auf Augenhöhe. «Letztes Jahr haben wir 3500 Franken für Fondue ausgegeben.»

 

Würde er jemanden vom Lobpreis-Team ausschliessen, der den Anforderungen nicht genügt? «Jeder kann mitmachen, wenn er bereit ist, den nächsten Schritt mit Jesus zu machen.»

 

 

 

Anja Lehmann:

 

«Lobpreis ist keine Karriere, kein Musikstil, keine Animation, keine Unterhaltung.»

 

 

 

https://g5meinekirche.de

 

https://diemusikmeinerkirche.de

 

https://www.awakeningeurope.com

 

http://www.anjalehmann.de

 

https://gebetshaus.org

 

 

 

 

 

 

 

Die letzten Tage der Menschheit

 

Graphic Novel nach Karl Kraus, von Reinhard Pietsch und David Boller

 

Medienpartner.München 2014

 

 

 

Der Comicband zeigt den Ersten Weltkrieg nicht als Krieg auf den Schlachtfeldern, sondern als Krieg der Gedanken. Hier gibt’s keine Kriegs-Action, sondern Menschen in Wien, die über den Krieg reden. Talking heads. Und das ist grausamer als manches Gefecht. Man freut sich über die lange Dauer des Krieges, weil er Gewinne bringt. Man gönnt es den jungen Leuten, dass sie an der Front wertvolle Erfahrungen machen dürfen. Der Heldentod, ein Privileg, wird jedem von Herzen gewünscht. Nur lästig, dass die Lieblingsbeiz jetzt ein Spital ist und immer mehr Kriegskrüppel das Strassenbild verschandeln. Die letzten Tage der Menschlichkeit sind bereits vorbei.

 

 

 

Die Leute machen es sich leicht: Je nach Bedarf wird schöngeredet oder schlecht gemacht. Aus dem Angriffskrieg wird mit ein paar Lügen und Wortklaubereien ein Verteidigungskrieg. Verliert man, ist die schlechte Verpflegung schuld. Siegt man, war der Gegner ausserordentlich stark, die eigene Truppe ausserordentlich tapfer. Das wirkt besser. Wenn der Gegner plündert, ist es eine Schweinerei; wenn eigene Truppen plündern, ist es eine tolle Leistung. Die Presse kommt schlecht weg, weil sie allzu oft mitgelogen hat.

 

 

 

Die Zeichnungen sind solid, der Text bitterbös. Kein leichter Stoff. Die oft zynischen Sprüche sind heute noch schmerzhaft. Eine Graphic Novel, die wehtut. Karl Kraus hat die Sprüche nicht erfunden: Mehr als ein Drittel der Aussagen sind wörtliche Zitate. So wurde damals geredet und geschrieben, sogar von den Soldaten selbst, welche die Folgen des Irrsinns tragen mussten. Erschreckend, dass dieser Zynismus, dieses Lügengeflecht damals Mainstream war. Was soll man dazu sagen, wenn ganze Völker übergeschnappt sind?

 

 

 

Ein ausführliches Glossar rundet das Werk ab. Das ist auch nötig, denn manche Personen aus jener Zeit sind heute nicht mehr bekannt, und etliche wienerische Ausdrücke hierzulande nicht gebräuchlich (Drahdiwaberl, Kukuruz, mulattieren).

 

 

 

Unglaublich, wie scharf Karl Kraus damals gesehen hat, welches Verbrechen dieser Krieg ist. Er entlarvt die sprachlichen Verbrechen, die dem Massentöten vorausgehen und es begleiten und befeuern. Kraus begriff, dass dieser Krieg keine Probleme löste. Der Weltkrieg war ein Krieg in zwei Akten und dauerte 1914-1918 und 1939-1945.

 

 

 

Karl Kraus schrieb:

 

 

 

Man wird vergessen haben, dass man den Krieg verloren, vergessen haben, dass man ihn begonnen, vergessen, dass man ihn geführt hat. Darum wird er nicht aufhören.

 

 

 

Krieg ist zunächst die Hoffnung, dass es einem besser gehen wird, hierauf die Erwartung, dass es dem andern schlechter gehen wird, dann die Genugtuung, dass es dem andern auch nicht besser geht und hernach die Überraschung, dass es beiden schlecht geht.

 

 

 

Kriegsberichterstatter mit Fotoapparat tritt an einen sterbenden Soldaten heran:

 

Sie, machen S’ zum End

 

ein verklärtes Gesicht!

 

Ich brauch den Moment,

 

wo das Aug Ihnen bricht.

 

 

 

 

 

 

 

Krebs go home

 

Friedensverhandlungen mit Körper, Geist und Seele

 

Uwe Kapfer, Kailash, 2014

 

 

 

Uwe Kapfer, ehemaliger Offizier und erfolgreicher Trainer für Führungskräfte, hat einen Krebstumor an einer Niere. Er lässt den Tumor samt der Niere operativ entfernen.

 

 

 

Das Buch handelt von der Zeit zwischen der Diagnose und der Operation. Wie man Kriegsparteien durch Verhandlungen zum Frieden führen will, so verhandelt Kapfer in inneren Dialogen mit seinem Herzen, seinem inneren Kind, der Seele, dem Geist, dem Ego, dem Leib. Sogar der Tumor darf sich beteiligen. Dieser Weg führt ihn in die Stille. Er muss zuerst lernen, alle Gesprächsteilnehmer wahrzunehmen, denn bisher hat das Ego nicht auf den Körper geachtet, das Herz überhört, die innere Stimme des Geistes nicht beachtet.

 

 

 

Kapfer wendet seine Erfahrung als Offizier und Manager auf den Krebs an. Er geht systematisch vor und setzt jede Idee sofort mit Hilfe einer Übung in die Praxis um. Er macht Nägel mit Köpfen. Die Übungen sind allesamt einfach und beginnen fast immer damit, dass man sich zurückziehen und still werden muss. Dabei rutscht er zuweilen auch in esoterische Gefilde ab. Die Hauptaussage des Buches: Werde still, dann hörst du die Antworten in dir selber. Grabe alles aus, was dich je verletzt hat, und vergib, vergib, vergib. Die Krebsdiagnose hat bei Uwe Kapfer dazu geführt, dass er sein Leben anders gestaltet, besser auf sich achtet, in Frieden mit sich selber lebt und zum Beispiel Aufträge von energieraubenden Kunden absagt. Auch nimmt er sich Zeit für die Stille und für Arbeiten, in denen er ganz aufgehen kann (Holzengel herstellen).

 

 

 

Hier sind einige Übungen angedeutet:

 

Schreibe auf, was für dich die fünf wichtigsten Dinge im Leben sind.

 

Notiere am Morgen sofort nach dem Aufwachen, was deine Seele dir mitteilt, ehe du ganz wach bist und Verstand und Alltagsverpflichtungen die Seele zum Schweigen bringen.

 

Führe ein Tagebuch.

 

Notiere alles, wofür du dankbar bist, und lies das immer wieder durch.

 

 

 

Uwe Kapfer ist im Internet nicht zu finden. Sowohl seine Tätigkeit als Führungskräfte-Berater als auch seine aus Holz hergestellten Engel sind aus dem www verschwunden.

 

 

 

 

 

 

 

«Die Juden, Eure Majestät!»

 

Göran Larsson, 1990

 

Hrsg.: Jerusalem Center für biblische Studien und Forschung

 

 

 

Die kleine Broschüre befasst sich mit der Spannung zwischen Juden und Christen. Zunächst räumt Larsson eine Reihe von christlichen Vorurteilen aus: Nein, die Juden sind nicht alles Heuchler wie einst die Pharisäer, sie beschränken sich nicht auf äussere Zeichen der Gesetzestreue, und nein, das Alte Testament ist mit Jesus nicht ungültig geworden. Im Judentum wird oft die gleiche Glaubenshaltung gelebt, die wir Christen für die richtige halten. Jesus und die Apostel waren Juden und sind ihr ganzes irdisches Leben lang Juden geblieben; es war nie ein Thema, ob sie nun den alten Bund Gottes mit Israel über Bord werfen sollen oder nicht. Ausdrücklich wird festgehalten, dass Jesus das Kleid der gläubigen Juden trug (Fransen) und dass zum Beispiel Paulus sich an das Gesetz gehalten hat (Gelübde, Beschneidung). Jesus kritisierte nie das Judesein, sondern die Heuchelei einiger Juden.

 

Erst mit der Mission unter Nichtjuden stellte sich die Frage, ob diese Juden werden müssen, um Christen werden zu können. Die Antwort fiel den Aposteln zunächst schwer und sie lautet: Nein. Nichtjuden können direkt Christen werden, ohne die jüdischen Gesetze übernehmen zu müssen (Sabbat, Beschneidung, koschere Küche usw.).

 

 

 

Fazit: Es ist falsch, von den Juden zu verlangen, dass sie ihr Judesein aufgeben müssen. Die Trennung in Altes und Neues Testament trennt Juden und Christen, wenn die Christen das Alte Testament für weniger wichtig halten. Gott hat einen ewigen Bund mit den Juden gemacht, also bleiben auch das Alte Testament und die Zeichen dieses Bundes gültig. (Wie das im Alltag gelebt wird, gelebt werden muss, ist eine andere Frage). Christen ausserhalb des Judentums sind zwar auch Kinder Abrahams, jedoch durch den neuen Bund des Glaubens, nicht durch den alten Bund durch Geburt und Gesetz; sie müssen nicht Juden werden und brauchen das Bundesgesetz nicht zu halten.

 

 

 

Der Titel der Broschüre bezieht sich auf Friedrich den Grossen (1712–1786) von Preussen. Er verlangte einmal von seinem Leibarzt einen Gottesbeweis. Der Arzt erwiderte ohne Zögern: «Die Juden, Eure Majestät!

 

 

 

 

 

 

 

Die Welt als Wille & Wahn

 

Niklaus Meienberg, 1987

 

 

 

Endlich Zeit, das Buch zu lesen, das 1987 Wirbel machte und die Journalisten mit Neid erfüllte. Meienberg war es gelungen, einige Briefe von Ulrich Wille fotografieren zu lassen. Wille war im Ersten Weltkrieg General der Schweizer Armee und hat damals seiner Frau viele Briefe geschrieben, in denen er von militärischen Geheimnissen plauderte und eine Haltung zum Ausdruck brachte, die das Denkmal Wille ins Wanken brachte. Sensationell war das damals, weil der Wille-Clan das Denkmal schützt und die Briefe unter Verschluss hält.

 

Meienberg rechnet nicht nur mit dem General ab, sondern mit seiner Familie und seinen Freunden, die im Stile von Fernsehserien wie «Denver Clan» oder «Dallas» einander unterstützen, nützliche Kontakte knüpfen, auch zu Hitler, und unliebsame Gegner aus dem Weg schaffen. Er zeichnet das Bild eines gut situierten Clans, der in seinen Villen hockt und seinen Wohlstand auf dem Buckel der einfachen Leute aufbaut und ihn mit allen Mitteln schützt.

 

Ein paar konkret Aussagen:

 

– Ulrich Wille wurde von mehreren Personen als senil eingeschätzt. Der Bundesrat wollte ihn zunächst ersetzen, tat es aber nicht.

 

– Wille war über die Massen deutschlandfreundlich, was nicht zur Neutralität der Schweiz passt.

 

– Er schätzte die Deutschen Chancen, den Krieg zu gewinnen, viel zu hoch ein. Er war auch noch ein Fan der deutschen Armee, nachdem sie zwei Weltkriege verloren hatte.

 

– In Willes Briefen wird seine Verachtung deutlich: für den Bundesrat, für das Parlament, für den Generalstabschef Sprecher, für die Westalliierten.

 

– Willes Sohn Ulrich Wille II war genauso Deutschlandfan wie sein Vater und prägte die Schweizer Armee mit den negativen Seiten des Preussentums. Dieser Kadavergehorsam war in den 70er-Jahren noch spürbar, jedenfalls in meiner Militärzeit.

 

– Wille II intrigierte im Zweiten Weltkrieg gegen General Henri Guisan, was man ohne Sensationsgier als Landesverrat bezeichnen kann. Andere wurden wegen geringerer Vergehen erschossen. Offenbar wollte man Wille I nicht vom Sockel stossen.

 

– Auch war Wille II eine treibende Kraft hinter der Aktion «Kinder der Landstrasse», bei der fahrenden Familien hunderte Kinder weggenommen und bei sesshaften Familien platziert wurden.

 

 

 

Die Briefe des Generals zeigen uns einen Mann und seinen Sohn, die der Schweiz geschadet haben. Anderseits sehen wir einen Mann, der sich nach den damaligen Gepflogenheiten für das Land abrackerte und um gute Lösungen rang. Er schrieb seiner Frau haufenweise Briefe, ein sehr schönes Zeugnis ihrer Beziehung und ein Vorbild für uns, die wir kaum mehr über ein paar SMS herauskommen. Die Briefe zeigen auch den Menschen Wille, der selbstironisch sein kann und dem es zum Beispiel sehr schwer fällt, nach dem Krieg seine Pferde zum Metzger zu schicken. Er hat damals seine Liebe zu den Pferden genauso hinuntergwürgt, wie man damals eben meinte, die Gefühle zurückhalten zu müssen. Ein Opfer dieser Haltung ist die Journalistin Annemarie Schwarzenbach, die sich gegen den Wille-Schwarzenbach-Rieter-Clan auflehnte und in Depression und Drogensucht endete. Viele ihrer Werke wurden von der Familie vernichtet.

 

 

 

Übrigens: Der Buchtitel «Die Welt als Wille & Wahn» ist ein kleines Denkmal für General Ulrich Willes Schreibstil: Seine Texte sind gespickt mit «&».

 

 

 

 

 

 

 

Die Kassandra Verschwörung

 

Ian Rankin als Jack Harvey, 1993

 

 

 

Mehr oder weniger solider Krimi mit Mord, Erotik, Spannung und allem, was es braucht. Euch mit Stärken und Schwächen. Gelungen ist es dem Autor, die Spannung gegen Ende zu steigern. Nicht gelungen ist es ihm, eine starke Verbrecherin oder starke Helden zu zeichnen. Die Figuren lassen mich alle irgendwie kühl.

 

Besonders mies ist der Trick des Autors, die Story mit unwichtigen Detailschilderungen zu verzögern. Man liest seitenweise Schilderungen über eine unwichtige Person oder schon im Intro über jemanden, der gleich darauf ermordet wird. Klar muss man die Story verzögern, sonst hat der die Story auf einer A4-Seite Platz. Aber besser wäre es gewesen, in sich spannende Geschichten zu erzählen. Meisterlich macht das zum Beispiel Frank Schätzing, der mitreissende Geschichten erzählt, bis die Story auf Seite 344 endlich beginnt.

 

Letztlich ist «Die Kassandra Verschwörung» eine Mogelpackung. Der Verlag wollte wohl unbedingt das Wörtchen «Thriller» auf den Umschlag setzen. Es geht weder um Kassandra noch um eine Verschwörung, und es ist auch kein Thriller; da wird zu viel leeres Stroh gedroschen, da entpuppt sich die Story als zu simple Rachegeschichte, die nur für die betroffene Person von Bedeutung ist. Zoff in der Familie ist kein Thriller. Lies das nur, wenn nichts Anderes greifbar ist.

 

 

 

 

 

 

 

Gott ist keine Illusion

 

Francis Schaeffer, The God Who is There, 1968

 

Eine Auseinandersetzung mit der modernen Philosophie und Theologie im Lichte des Christentums, das sich auf den tatsächlich existierenden Gott beruft und auf absolute Normen vertraut.

 

 

 

Los geht’s mit Namedropping: Schaeffer nennt alle grossen Namen jener Zeit, von Philosophen wie Hegel und Sartre über Künstler wie Van Gogh und Picasso bis zu Musikern wie John Cage und den Beatles. Auch viele Theologen werden genannt.

 

Inhaltlich sagt Schaeffer etwa Folgendes: Die alte Vorstellung von These und Antithese wird aufgegeben. Es ist nicht mehr so, dass eine Aussage wahr ist und das Gegenteil unwahr. Absolute Normen, absolute Wahrheit gibt es nicht mehr. Das Rationale und Logische wird völlig vom Glauben getrennt. Mit der Logik wird nun gesagt, dass es keinen Gott gibt und damit auch keine absoluten Normen. Das Leben ist sinnlos, das Schicksal zufällig und grausam. Das Leben wird zur Hölle, Gott zum Teufel. So gibt es sinnlose Gemälde, zufällig zusammengesetzte Kompositionen und so weiter. Auch die Theologie verliert ihren Inhalt, verliert Gott, verliert seine absoluten Gebote.

 

 

 

Die weltlichen Denker halten die Verzweiflung, die sie geschaffen haben, nicht aus. So machen sie einen irrationalen «Sprung»: Ohne jedes logische Argument sagen sie nun plötzlich, Gott sei gut, der Mensch sei gut, der Mensch entwickle sich weiter, es gebe Hoffnung und so weiter. Auch die moderne Theologie hält es nicht aus, die Leere in ihrem Himmel durchzuziehen und in der Verzweiflung zu leben, die sie zugelassen hat. Sie löst das Problem mit Wortklaubereien: Man plündert die alten, sinngefüllten Worte der Bibel und entleert sie ihres Inhaltes. Nun werden diese Worthülsen weiterverwendet, ohne Bedeutung im Sinne der Bibel, und täuschen Trost und Hoffnung vor, die es in der Gott-ist-tot-Theologie gar nicht mehr gibt. Das heisst: Auch die Theologie rettet sich mit einem irrationalen «Sprung» vor der Verzweiflung. In diesem Milieu muss jedes Wort zuerst definiert werden, weil sonst kein echtes Gespräch möglich ist.

 

 

 

Dass die Menschen die Verzweiflung nicht durchhalten, die ihre Philosophie eigentlich schafft, belegt Schaeffer mit Beispiel. So macht John Cage Zufallsmusik, weil alles sinnlos ist, aber beim Pilzesammeln ist er sehr sorgfältig. Oder Sartre engagierte sich politisch, obwohl er in seinem Denksystem moralische Werte ablehnte.

 

 

 

Francis Schaeffer geht es in seiner Abhandlung darum, das biblische, historische, tatsächlich passierte Evangelium wirksam zu verkündigen –einer Generation, die kein Ohr mehr hat für die Botschaft der Bibel, für einen Gott, der wirklich existiert, für biblische Geschichte, die tatsächlich passiert ist. Er geht davon aus, dass die heutigen Menschen mehr oder weniger alle mit einem irrationalen Sprung leben: Sie können das, was sie glauben, nicht konsequent leben, weil es sie in die Sinnlosigkeit und Verzweiflung stürzen würde. Man muss den «Spannungspunkt» eines Menschen herausfinden, also die Stelle, an der er inkonsequent ist. Das tut weh, deshalb müssen wir es aus Liebe tun. Dann müssen wir klarmachen, dass wir von wirklicher Wahrheit, Schuld und Geschichte sprechen. Anders gesagt: Damit der Mensch die logische Konsequenz seiner nichtchristlichen Denkvoraussetzungen ertragen kann, baut er sich ein Schutzdach. Dieses muss ihm weggenommen werden.

 

 

 

Ähnlich wie damals bei cnm geht es Schaeffer darum, das Evangelium so zu verkündigen, dass es heute verstanden werden kann. Das ist klar und löblich. Nicht ganz klar ist mir, wie sich die Sache seit den 1960er-Jahren weiterentwickelt hat: Ist Schaeffers Buch noch aktuell?

 

Hochspannend wäre es auch, heute ein solches Buch zu schreiben, das die heutigen Denkvoraussetzungen der Europäer mit jenen der einwandernden Muslime vergleicht. Dann wäre vielleicht doch ein Gespräch möglich.

 

 

 

 

 

 

 

Ohne diese Welt

 

Dokumentarfilm von Nora Fingscheidt

 

 

 

Männer, die schweigend arbeiten und Familien, die schweigend ihr Essen einnehmen. Alle sind uniformiert, die Männer mit sauberen Hemden, schwarzen Latzhosen und hellen Strohhüten, die Frauen mit Zöpfchen- und Bändchengeflecht auf dem Kopf und wadenfreien Röcken. Wie von Albert Anker gemalt. Ballenberg. Eine ländliche Gegend. Je nach Wetter ist die Strasse staubig oder ein Sumpf. Keine Autos, sondern Pferdegespanne, alle gleich und einfach gebaut. Keine Autos, Velos oder Motorräder. Eine Stimme aus dem Off liest in einem schwer verständlichen Deutsch die Satzungen vor: Wir glauben an Gott, an Jesus Christus, an die Bibel, und wir lehnen moderne Dinge ab, zum Beispiel Gummireifen an den Traktoren, Radio, Fernsehen, Telefon, Internet.

 

 

 

Im Laufe des ruhigen Films mit vielen langen Einstellungen wird klar, worum es geht. Porträtiert wird eine Gemeinschaft von 700 Mennoniten, die irgendwo in Argentinien lebt. Sie sprechen ein altes Plattdeutsch mit englischem und spanischem Zungenschlag und halten an alten Satzungen fest, die sie nicht begründen können. Ihre Aussagen werden meist untertitelt, manchmal versteht man sie auch so. Moderne Geräte lehnen sie ab, wobei der Film auch Ausnahmen zeigt, zum Beispiel eine Melkmaschine oder einen elektrischen Haarschneider. Die Menschen leben bäuerlich einfach und in einer unglaublichen Idylle, die sie sich im Schweisse ihres Angesichts erhalten. Die Frauen warten geduldig, bis ein Mann kommt und sie heiraten will. Der Film zeigt eine Begegnung von Burschen und Mädchen, die äusserst scheu und gesittet verläuft. Ungehorsame Kinder werden sowohl daheim als auch in der Schule geschlagen. Wenn ein Erwachsener nicht pariert, wird er aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Zwischendurch zeigt der Film junge Leute, die sich danach sehnen, einmal Auto zu fahren oder sonstwie an den Genüssen der «Weltmenschen» teilzuhaben. Was «Weltmenschen» genau sind, können sie nicht sagen. Eine nachts aufgenommene Szene zeigt ein paar Burschen beim Rauchen.

 

 

 

Der Film ist nicht kritisch. Es werden Fragen gestellt, aber niemand wird kritisch angegangen oder blossgestellt. Er zeigt ausschliesslich Mennoniten, keine argentinischen Nachbarn oder Behörden. Wohl deshalb vertrauen die Mennoniten der Regisseurin und erlauben Einblicke in ihr Leben, die bisher nicht möglich waren. Man sieht das Paradies, aber auch die verbotene Frucht.

 

 

 

Die kritischen Gedanken kann oder muss sich der Zuschauer selber machen: Warum halten die Leute aus Liebe zu Jesus so viele Regeln ein, und dann ist Jesus in allen Gesprächen kein Thema? Weshalb leben sie bewusst vergnügungsarm, obwohl die Bibel, auf die sie sich berufen, voll ist mit Texten über Musikinstrumente, Jubel, Tanz, Feste, Feiern? Oder: Weshalb haben die Mennoniten noch keinen Nobelpreis erhalten – für ihren winzigen ökologischen Fussabdruck?

 

 

 

 

 

 

 

Jochen Klepper

 

Der Vater

 

Roman über Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), den zweiten König in Preussen, den Vater von Friedrich dem Grossen.

 

 

 

Der Roman erzählt die sehr spannende Geschichte des «Soldatenkönigs» Friedrich Wilhelm I. Da ist alles drin: Der König baut sein Land auf, macht es mit harter Hand schuldenfrei, erzwingt den Aufbau einer beeindruckenden Armee und schafft Neues in allen Bereichen des Landes. Er liebt seine Frau, doch die verachtet ihn und macht ihm die 14 Kinder abspenstig. Dass der König mehrmals auf Hochstapler und Intriganten hereinfällt, macht die Sache auch nicht besser. Besonders schlimm ist der mehrjährige Konflikt des Vaters mit seinem ältesten Sohn, dem Kronprinzen Friedrich, der eins als «alter Fritz» oder Friedrich der Grosse in die Geschichte eingehen wird. Höhepunkt des Konfliktes: Der Vater lässt den besten Freund seines Sohnes köpfen und will diesen zwingen, dabei zuzuschauen. Erst gegen Ende des Romans kommt etwas Ruhe in die Geschichte. Der König ist zwar krank und zunehmend von Schmerzen geplagt, aber die meisten Intrigen hat er mittlerweile durchschaut und unterbunden, und sein Sohn wendet sich ihm wieder zu.

 

 

 

Friedrich Wilhelm I. wird uns gezeigt als Mann, der nach bestem Wissen und Gewissen und mit aller Kraft das Wohl seines Volkes und Landes fördert, auch gegen Widerstand. Er holt zehntausende Flüchtlinge als Siedler ins Land, ist launisch und unberechenbar, weil die Leute oft nicht sehen, was er erreichen will. Er zwingt Preussen zu seinem Glück, was vielen nicht passt. Er ist sozusagen der Erfinder des Preussentums: Sparsam, fleissig, pflichtbewusst, militärfreundlich usw. Obwohl er der Soldatenkönig ist (oder etwas verächtlich: roi sergeant), ist er nicht kriegerisch. Er braucht die Armee, um unabhängig zu bleiben und Kriege zu vermeiden. In seiner Regierungszeit von 1713-1740 bleibt es fast immer friedlich, die Bevölkerung wächst extrem stark und die Wirtschaft kommt in Schwung. Dabei ist der König innerlich aufgewühlt und oft zerrissen; er kann zum Beispiel nicht einfach einen Rückschlag hinnehmen, sondern zermartert sich Kopf und Herz, was das bedeutet, was ihm Gott dadurch sagen will, was Gott von ihm fordert. So leidet er doppelt unter der Kälte seiner verräterischen Frau, unter der Ablehnung seines Sohnes, unter Krankheiten. Ich frage mich, was belegbar ist und was Klepper erfunden hat. Der Detailreichtum des fast 1000-seitigen Werkes ist so gross, dass es glaubhaft wirkt.

 

 

 

Der Roman ist inhaltlich hervorragend geschrieben. Jochen Klepper schafft es immer wieder, ein Kapitel am Ende auf eine prägnante Formel zu bringen, die nicht nur Geschichte zusammenfasst, sondern darüber hinausweist und eine Art Weisheitsspruch ist. Leider ist das Buch aber nicht süffig geschrieben. Viele Ereignisse und Sätze bleiben rätselhaft, weil Klepper Bezug nimmt auf Ereignisse, die wir nicht mehr kennen, und weil er veraltete Begriffe nicht erläutert oder fremdsprachige Texte nicht übersetzt. Die Hauptpersonen haben jeweils viele Namen und Titel, da ist oft nicht auf Anhieb klar, von welcher Person die Rede ist. Ein Personenregister wäre hilfreich. Zudem neigt Klepper zu weitschweifigen Passagen. Sie zeigen zwar, wie gut er sich in die Geschichte eingefühlt hat, aber sie wirken oft wie Wiederholungen und machen das Lesen zäh. Inhaltlich ein Genuss, formal eine Quälerei. Ein grossartiges Buch, das überarbeitet und gekürzt werden müsste.

 

 

 

 

 

 

 

Helga Anton

 

Eine Geigerin wird zur Beterin, eine biografische Erzählung

 

Lothar von Seltmann, 2012

 

 

 

Das Buch ist schrecklich geschrieben. Trotzdem lohnt sich die Lektüre des spannenden Schicksals von Helga Anton. Die Frau war eine erfolgreiche Geigerin und heiratete während des Krieges einen Geiger. Sie wurde schwanger. Ihr Mann zog in den Krieg und ward nie mehr gesehen. Das waren schwere Zeiten. Zudem war Helga Anton oft kränklich, zuweilen auch schwer krank. Ihr Kind musste ohne Vater aufwachsen, was ihm offenbar nicht gut bekommen ist.

 

 

 

Als Erwachsene kam Helga Anton zum Glauben an Jesus Christus. Sie studierte die Bibel mit gleicher Disziplin, wie sie Notenblätter studierte. Vieles lernte sie auswendig, was mit zunehmender Erblindung ein grosser Vorteil war. Sie lebte ihren Glauben so konsequent wie möglich. Ungewöhnlich ist, dass sie vom Pfarrer als Beterin angestellt und auch bezahlt wurde. In den Esoterik-Inseraten der Zeitung wurden die Gebetszeiten öffentlich bekannt gemacht wie eine Sprechstunde.

 

 

 

Helga Anton leistete Seelsorgearbeit in den Gesprächen vor und nach dem Gebet. Viele Heilungen geschahen, viele Menschen kamen zum Glauben, vielen wurde geholfen. Für jede klare Gebetserhörung wurde der Perlenkette beim Altar in der Kirche eine neue Perle zugefügt. Im hohen Alter, als Helga Anton bereits blind war, schrieb sie eine Serie von Büchern, die sie jeweils auf Kassetten aufgenommen hatte, und die gut gelesen wurden.

 

 

 

Als Helga Anton ihren Gebetsdienst begann, notierte sie zehn Gebote für den Dienst des Gebets (gekürzt):

 

1.         Von Jesus lernen, ER muss es machen.

 

2.         Im Namen Jesu und unter der Deckung seines Blutes beten. Von       

 

         vornherein den Dank einplanen.

 

3.         Das Heil geht immer vor das Wohl.

 

4.         Nie an der Wirkung des Gebets zweifeln, aber wissen, dass Gott dazu seine eigenen Gedanken hat.

 

5.         Auf Verheissungen bauen und daran festhalten.

 

6.         Immer ein Ohr bei Gott und ein Ohr bei den Menschen haben.

 

7.         Nach dem Glauben fragen. Allenfalls das Evangelium verkünden.

 

8.         Immer direkt beten, nicht allgemein formulieren. Dem Gebetsanliegen auf den Grund gehen, Hintergründe erkunden, Ursachen erforschen.

 

9.         Immer konkret beten, die Sache beim Namen nennen.

 

10.         Mächten der Finsternis gebieten nach Jesu Vorbild.

 

 

 

 

 

 

 

Henning Mankell

 

Die schwedischen Gummistiefel

 

2015

 

 

 

Es geht im gleichen Stil weiter wie im Vorläufer-Roman «Die italienischen Schuhe» von 2006 und spielt acht Jahre später. Von den italienischen Schuhen sind nur noch die Schnallen übrig, denn das Haus von Fredrik Welin ist niedergebrannt. Brandstiftung. Er hat alles verloren ausser seiner Insel und den alten Wohnwagen seiner Tochter. Welin versucht, mit dem Verlust klarzukommen, das Rätsel der Brandstiftung zu lösen, sich mit seinem Älterwerden zu arrangieren und die schwierige Beziehung zu seiner Tochter zu verbessern. Das alles erledigt er nach und nach, mehr passiv als aktiv, aber wunderbar depressiv und in einer wunderschönen Landschaft.

 

 

 

Die ruhige Stimmung und der gebrochene Held sind die Hauptthemen des Romans; die Brandstiftung, zu der bald weitere dazukommen, rücken in den Hintergrund. So geht es auch nicht darum, am Ende alle Rätsel und Probleme zu lösen, sondern die ganz eigene Stimmung dieses Mankell-Romans heraufzubeschwören und zu geniessen wie eine Zigarre oder ein Glas Wein. Wer lieber Spannung und Action hat, braucht die Fredrik-Welin-Geschichte nicht zu lesen.

 

 

 

 

 

 

 

Chris The Swiss

 

Film von Anja Kofmel, 2018

 

 

 

Der Dokumentarfilm besteht aus Archivbildern, Interviews mit Angehörigen und ehemaligen Kollegen sowie Trickfilmszenen, die das Nichtfilmbare darstellen. Zum Beispiel wird die Gefahr als riesige Schatten gezeigt oder als Vogelschwarm, als wildgewordene Strommasten oder menschliche Figuren mit unscharfen Konturen. Die Autorin zeichnet nach, weshalb der Basler Journalist und Fotograf Christian Würtenberg 1992 nach Kroatien ging, mitten ins Kriegsgebiet, und dort ermordet wurde. Er starb in der Uniform einer internationalen Söldnertruppe.

 

 

 

Anja Kofmel stellt viele Fragen, gute Fragen, und sie kann erstaunlich viele davon beantworten. Nur die wichtigste Figur des Dramas bekommt sie nicht mehr vor die Kamera: Der damalige Söldnerführer ist inzwischen in Südamerika von einer Spezialeinheit erschossen worden.

 

 

 

Würtenberg wird gezeigt als sensibler junger Mann, der über das Kriegselend berichten will, um es zu verändern. Auf beiden Seiten der Front sieht er Menschen. Dann schliesst er sich einer internationalen Söldnertruppe an. Söldner sind Menschen, die sich an einem Krieg beteiligen, der sie nichts angeht, weil sie töten wollen. Offen bleibt, ob Würtenberg sich am Krieg beteiligen wollte oder ob er sich den Söldnern anschloss, um über sie ein Buch zu schreiben. Vielleicht beides. Wahrscheinlich wollten die Söldner/Mörder dieses Buch verhindern und haben Christian Würtenberg deshalb auf einem Acker erwürgt. Für diese These spricht, dass die letzten Einträge in Würtenbergs Notizheft herausgerissen sind und vom Buch jede Spur fehlt. Zudem wurde ein befreundeter Fotograf ebenfalls ermordet, als er Fragen stellte und den Tatort fotografieren wollte.

 

 

 

Der Film ist nüchtern und poetisch zugleich – und gelungen. Keine leichte Kost. Und er erinnert an einen Krieg, den Europa gerne vergisst, obwohl das Kriegsgebiet ganz leicht von der Schweiz aus mit dem Zug erreichbar war. Die Jugoslawienkriege dauerten von 1991 bis 2001 und kosteten rund 120'000 Menschenleben. Sie starben für nichts – wie Christian Würtenberg.

 

 

 

 

 

 

 

Du kannst vertrauen

 

Worte der Zuversicht in Zeiten der Krankheit

 

Anselm Grün, 2017

 

 

 

Mit kurzen Sätzen und in einfacher Sprache fasst der Benediktinermönch Anselm Grün zusammen, was er zum Thema Krankheit und Sterben denkt. Das grösste Verdienst des Buches ist gerade diese Zusammenfassung, dieser Überblick über das Problem der Krankheit, die Nöte der Kranken und die Aufgabe der Begleitpersonen. Das Buch lässt sich nicht nur lesen, sondern auch meditieren; es lädt zur Selbstprüfung ein, zur Stille und zum Zwiegespräch mit Gott.

 

 

 

Grün sieht die Krankheit, wobei er immer schwere Krankheiten meint, als ein Aufbrechen der Lebenssituation, die den Patienten zu sich selber und zu Gott führen kann. Leiden, Schmerzen und die Erfahrung der eigenen Endlichkeit können dem Leben einen Sinn und Tiefgang geben, wie es im Stress der gesunden Zeiten kaum möglich ist. Die Krankheit wird zum Schlüssel, zur Chance für ein sinnvolles Leben. Dass Grün dabei auch empfiehlt, den Rosenkranz zu beten, sei ihm verziehen.

 

 

 

In den letzten beiden Kapiteln stellt Grün seine Erfahrungen zusammen, wie man Kranke und Sterbende begleiten kann. Er zählt Rituale auf, die sich als hilfreich erwiesen haben, und beschliesst das Buch mit kurzen Texten, die man vorlesen oder auf eine Karte schreiben und dem kranken oder sterbenden Menschen überreichen kann.

 

 

 

 

 

 

 

Und führen, wohin du nicht willst

 

Bericht einer Gefangenschaft

 

Helmut Gollwitzer, 1951

 

 

 

Der Theologe Helmut Gollwitzer schildert hier seine Erlebnisse in russischer Gefangenschaft und beschreibt seine Auseinandersetzung als Christ mit der kommunistischen Lehre. Zwei Teile des Buches sind eher ein Erlebnisbericht, der Mittelteil, das «Krasnogorsker Tagebuch», ist eine theoretische und praktisch geführte Auseinandersetzung mit dem damaligen Marxismus.

 

 

 

Gollwitzer hat sich den Nationalsozialisten nicht unterworfen und wurde deshalb zur Wehrmacht eingezogen. Bis Kriegsende diente er als Sanitäter, dann geriet er in russische Gefangenschaft. Anschaulich und packend berichtet er über Freuden und Leiden in verschiedenen Arbeitslagern: Die Russen behielten die deutschen Kriegsgefangenen als Arbeitskräfte, um ihre serbelnde Wirtschaft wieder aufzupäppeln.

 

 

 

Die Auseinandersetzung mit dem Sowjetkommunismus wirkt verstaubt, war aber damals, während des kalten Krieges, ein hochaktuelles Unterfangen. Gollwitzer stemmte sich gegen die nachwirkende Nazipropaganda, die «den Russen» zum Untermenschen degradiert hatte. Und er widerstand der westlichen Propaganda, die das sowjetische System rundweg verteufelte. Er versucht, genau hinzusehen, und entdeckt eine Reihe von positiven Ansätzen im Sowjetkommunismus. Allerdings schildert er auch schonungslos die Missstände, die er beobachten konnte. Wenn auch der Marxismus jeden Glanz verloren hat, helfen diese Passagen doch sehr, zu verstehen, was damals abgegangen ist.

 

 

 

In den Erlebnisteilen des Buches zeigt Gollwitzer, wie er durch persönliche Siege und Niederlagen als Christ diese schweren Jahre durchgestanden hat. Er sah die Gefangenschaft als Auftrag Gottes, und versuchte, Gott und dem Nächsten in schweren Zeiten zu dienen. Der Bericht ist ehrlich und deshalb wertvoll. Es ist möglich, persönliche Lehren aus dem Bericht zu schöpfen. Zum Beispiel, dass ein Christ, der seinen Auftrag ausführt, letztlich besser dran ist als ein betrogener Nationalsozialist, der den Kommunismus hasst und somit völlig in der Luft hängt.

 

 

 

 

 

 

 

Breaking News

 

Frank Schätzing, 2004

 

 

 

Auf fast 1000 Seiten hetzt Frank Schätzing seinen Helden Tom Hagen durch Afghanistan, Libyen, Libanon und Israel. Stationen des Scheiterns. Der Kriegsreporter jagt der Breaking News hinterher, die ihn in der Branche wieder etabliert, doch das ist nicht so einfach. Wie ausführlich und wortreich Schätzing schreibt, zeigt sich auch daran, dass die eigentliche Story erst auf Seite 344 lanciert wird. Langweilig ist der Vielschreiber aber nicht.

 

 

 

Hintergrund von Tom Hagens Suche nach der Sensation ist die Geschichte der Gründung des Staates Israel. Aus der Sicht von Familie Kahn und ihren Freunden wird die Besiedlung des Landes geschildert, die Konflikte, die Staatsgründung, die Kriege, Siege und Rückschläge. Selten ist Geschichtsunterricht so spannend. Faktenreich und nachvollziehbar schildert Schätzing die Sicht der Konfliktparteien, ohne sich billig auf eine Seite zu schlagen.

 

 

 

Der eigentliche Thriller spielt im Milieu der israelischen Geheimdienste und -gruppierungen. Da wird’s manchmal etwas unübersichtlich, weil jeder jeden hintergeht, doch das gehört zum Genre. Positiv ist, dass sich Schätzing mit der dramaturgischen Verwicklung der Geschichte zurückhält: Sie ist zwar überkonstruiert, aber längst nicht so penetrant wie bei vielen seiner Kollegen.

 

 

 

Einerseits pflegt Schätzing ein paar Marotten, stilistische Eigenheiten, Grossbuchstaben, kursive Passagen. Fast zwanghaft sucht er Wortbilder, und das geht manchmal daneben. Da zeigt sich, dass er ein Schnell- und Vielschreiber ist. Hauptsache, die Geschichte geht vorwärts.

 

Anderseits gelingen ihm meisterliche Passagen, zum Beispiel schildert er die Entwicklung einer friedlichen Person zur Attentäterin – und zurück. Grossartig!

 

 

 

Ein Muss für Thriller-Fans, die fasziniert sind von der jüngeren Geschichte Israels und der Palästinenser.

 

 

 

 

 

 

 

Der Kahn der fröhlichen Leute

 

Jochen Klepper

 

 

 

Die fröhlichen Leute sind das Waisenkind Wilhelmine Butenhof und ihre Menagerie, nämlich ihr Schiffspersonal, ihr Vormund und eine Gruppe von Artisten, die schon bessere Tage gesehen haben. Der Kahn ist die «Helene», die Wilhelmine von ihren Eltern geerbt hat. Sie denkt nicht daran, den Kahn zu verkaufen, sondern führt die Oder-Schifffahrt ihres Vaters weiter und transportiert Kohle und andere Güter in Schleppzügen. Jochen Klepper zeichnet detail- und kenntnisreich eine Welt, die eng mit der Oder und ihren Uferstädtchen verbunden ist und nach dem zweiten Weltkrieg verschwunden sein dürfte. Eine raue und doch idyllische Welt.

 

 

 

Dabei zeigt sich rasch, dass die ungeliebte Wilhelmine ungeahnte Qualitäten hat und ihren Kahn nicht nur über Wasser hält, sondern auch vorwärts bringt. Mit unkonventionellen Ideen hilft sie praktisch allen Menschen, die ihr begegnen. Eine unangepasste, rebellische Lichtgestalt. Die veraltete Sprache passt zu der versunkenen Welt, die sie beschreibt, und entfaltet ihren eigenen Reiz. Wie Eisschollen auf der Oder treiben hin und wieder unverständliche Sätze und Wörter vorbei. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird mit einer herzigen Geschichte samt Happyend belohnt.

 

 

 

 

 

 

 

Le Petit Prince

 

Antoine de Saint-Exupéry, 1945

 

 

 

Das Buch ist aus der Sicht der Kinder geschrieben und setzt sich mit der Welt der Erwachsenen auseinander. Diese erscheint recht seltsam, zum Beispiel, dass Erwachsene Macht ausüben oder Dinge besitzen wollen, ohne zu wissen wozu. Die Story ist simpel, die Dialoge tiefgreifende Reflektionen über das Leben und die wirklich wichtigen Dinge.

 

Der Autor schreibt einfache Sätze, jedoch kein simples Französisch. Einige Formen sind nicht geläufig und einige Begriffe kannte ich nicht (apprivoiser, réverbère, muselière). Das Nachschlagen der Wörter lohnt sich, weil sie mehrmals wiederholt werden.

 

 

 

 

 

 

 

Die Aborigines Australiens

 

Gerhard Leitner, 2006

 

 

 

Ein Sachbuch, das relativ kurz und doch umfassend über die Aborigines informiert. Es umfasst einen kurzen Zeitraum, da man kaum Informationen über die alten Zeiten hat. Beschrieben werden Sprachen, Religionen und Gebräuche der Aborigines, ihre Kultur, ihre Kunst. Es ist weitgehende eine Geschichte der Eroberung, Unterdrückung und Ausrottung, ähnlich der Indianer Nordamerikas. Der grösste Teil des Buches befasst sich mit den Sprachen und den komplizierten sozialen Verflechtungen der Aborigines, die Kommunikation und Verhandlungen im europäischen Stil sehr schwer machen. Hier einige Eigenheiten:

 

-       Es gibt Geheimwissen, das nicht verraten werden darf

 

-       Frauen und Männer haben separates Geheimwissen

 

-       Je nach Thema müssen weitere Zweige der Familie oder des Stammes angehört werden

 

-       Je nach Thema sind andere Rituale nötig, was Zeit beansprucht

 

-       Es gibt keine Häuptlinge oder Ansprechpartner

 

-       Wichtige Posten sind Funktionen, keine Machtposition

 

-       Direkte Fragen werden nicht gestellt – und nicht beantwortet

 

 

 

 

 

 

 

Ein denkendes Herz

 

Susanna Tamaro, 2015

 

 

 

In diesem handlichen Buch erwähnt Susanna Tamaro Episoden aus ihrer Kindheit und Jugend. Sie erzählt sie nicht, sondern erwähnt sie, den lieben Grossvater, den Streit der Eltern, die Konflikte in der Schule. Wichtiger als die Geschichten ist Tamaro ihr eigenes Innenleben, das sie in kurzen Kapiteln nachvollziehbar schildert. Die italienische Dokumentarfilmerin und Autorin war schon als Kind sehr sensibel und ist es geblieben. Sie spürt tiefe Trauer und grosse Freude – und ist voller Fragen, die sie nicht stellen darf. Zu deutlich signalisiert ihr das Umfeld, dass sich solche Fragen nicht gehören. Sie freut sich auf den Religionsunterricht, weil es da endlich Antworten gibt, aber auch das wird für sie zur Enttäuschung.

 

 

 

Höhepunkt oder Schwerpunkt des Buches – und besonders lesenswert – ist der dritte Teil über ihren Glauben an Gott. Sie stellt ihn in scharfen Kontrast zur heutigen Gesellschaft und liefert dazu träfe Analysen. Ein Beispiel: Die Konsumgesellschaft macht es sich leicht mit dem Glauben. Wenn man ihn nicht erhalten hat, hat man ihn eben nicht. Dumm gelaufen, die anderen sind schuld. Dass der Glaube eine Entscheidung ist, ein Weg, bleibt da ausgeblendet. Zum Glauben gehört der Aufbruch; ohne Garantie, dass man ankommt, wie die Zugvögel. Und Kampf gehört dazu, was in der weichgespülten Verkündigung unterschlagen wird. Gott ist kein wolkiges Etwas, sondern «das Gesicht jenes anderen, den wir jeden Tag auf der Strasse treffen».

 

 

 

Tamaro wählt stellenweise eine geschwurbelte Sprache mit unklaren Bildern – oder ihre Texte sind nicht gut übersetzt. Vielleicht ist das Original verständlicher und schöner. Auffallend ist, wie wenig sie über Jesus schreibt. Obwohl sie das Evangelium «immer in der Tasche trug», ist ihr der Stellenwert von Jesus Christus kaum der Rede wert. Vielmehr konzentriert sie sich auf die Haltung Gott gegenüber: Sind wir wach? Achten wir auf die Sehnsucht nach Gott, die in uns schlummert, oder schütten wir sie zu? Bin ich im Dialog mit Christus? Sind wir kampfbereit? Lieben wir oder streben wir nach Macht?

 

 

 

 

 

 

 

Die Pest

 

Albert Camus, 1947

 

 

 

Der Roman beschreibt eine Pestepidemie in Oran, ist aber ein Gleichnis für den Zweiten Weltkrieg. Die Story ist einfach: Die Pestepidemie in Oran wird immer schlimmer, die Behörden reagieren immer drastischer darauf und die Bevölkerung versucht mit unterschiedlichen Methoden, das zunehmende Leiden zu verkraften. Die Menschen leiden unter der mörderischen Pest, unter der Angst vor der Pest, unter Quarantäne und Trennung von den geliebten Menschen ausserhalb, unter Einsamkeit, falschen Hoffnungen und dem Verlust der Hoffnung. Sogar das Ende der Pest ist schrecklich, weil die Verluste sichtbar werden und die Angst gross ist, in den letzten Wochen noch krank zu werden. Im Zentrum der Geschichte steht der Arzt Bernard Rieux und seine Freunde und engsten Bekannten, die auf unterschiedliche Weise mit der Pest zurechtzukommen versuchen.

 

 

 

Filetstück des Romans sind nicht etwa spannende Handlungsstränge, sondern die genaue Beschreibung des seelischen Kampfes der Menschen angesichts der Katastrophe. Die Würze dazu sind eingestreute philosophische Erkenntnisse, die über Oran und die Protagonisten hinausführen. Da haben sich die Franzosen, die den Weltkrieg erlebt haben, zutiefst verstanden gefühlt. Besonders präzise gelang Camus die Schilderung, wie ohnmächtige Menschen dennoch Widerstand leisten. «Die Pest» ist in Frankreich zum Schulstoff geworden. Einen Teil des Romans hatte Camus während des Krieges in Le Chambon-sur-Lignon geschrieben. Das Städtchen wurde nach dem Krieg bekannt, weil die Christen (Hugenotten) dort und im Umland tausende jüdische Kinder vor den Nazis versteckt und gerettet hatten. 1957 hat Camus den Literatur-Nobelpreis erhalten, 1960 kam er bei einem Autounfall ums Leben.

 

 

 

«In dieser äussersten Einsamkeit konnte niemand auf die Hilfe des Nachbarn zählen, und jeder blieb mit seinen Gedanken allein. Wenn einer von uns zufällig versuchte, aus sich herauszugehen und etwas von seinen Gefühlen zu verraten, so war die Antwort, die er erhielt, fast stets verletzend, gleichgültig, wie immer sie ausfiel.»

 

(...)

 

«Die zutiefst gefühlten Schmerzen wurden meistens in den nichtssagenden Ausdrucksformeln der Unterhaltung wiedergegeben. Nur so erlangten die Gefangenen der Pest das Mitgefühl des Hauswarts oder die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer.»

 

 

 

«Denn die Wirklichkeit besitzt eine schreckliche Kraft, die zum Schluss alles überwindet.»

 

 

 

«Die Pest hat alle der Fähigkeit zur Liebe und sogar zur Freundschaft beraubt. Denn die Liebe verlangt ein wenig Zukunft, und für uns gab es nichts mehr als Augenblicke.»

 

 

 

«Und da sie nicht immer an den Tod denken konnten, dachten sie an nichts. Sie waren in den Ferien.»

 

 

 

«Ich habe so viele Reden gehört, die mir fast den Kopf verdreht hätten und die genügend andere Köpfe verdrehten (...) dass ich begriffen habe, dass der Menschen ganzes Elend von ihrer unklaren Sprache herrührt.»

 

 

 

«Ich glaube, dass ich am Heldentum und an der Heiligkeit keinen Geschmack finde. Was mich interessiert, ist, ein Mensch zu sein.»

 

 

 

«Es ist schliesslich zu dumm, nur gerade der Pest zu leben. Natürlich muss ein Mann sich für die Opfer schlagen. Aber was nützt sein Kämpfen, wenn er dabei aufhört, irgend etwas anderes zu lieben?»

 

 

 

«Aber wer zu lange warten muss, wartet nicht mehr, und unsere ganze Stadt lebte ohne Zukunft.»

 

 

 

«Bei den einen war durch die Pest eine tiefwurzelnde Skepsis entstanden, die sie nicht mehr loswerden konnten. Die Hoffnung hatte keine Macht mehr über sie. Und während die Pestzeit bereits vorüber war, fuhren sie fort, nach ihren Regeln zu leben.»

 

 

 

«Die ganze Stadt stürzte hinaus, um jene bedrängende Minute zu feiern, da die Zeit des Leidens zu Ende ging und die Zeit des Vergessens noch nicht angebrochen war.»

 

 

 

«Wenn es etwas gibt, das man immer ersehnen und manchmal auch erhalten kann, so ist es die liebevolle Verbundenheit mit einem Menschen.»

 

 

 

Francis Schaeffer geht in seinem Buch «Gott ist keine Illusion» auf Albert Camus ein: «Camus stellt den Leser vor eine schwere Wahl: Entweder muss er dem Arzt zur Seite stehen und die Pest bekämpfen, wobei er – so sagt Camus – gleichzeitig Gott bekämpft; oder er kann sich auf die Seite des Priesters stellen, die Pest nicht bekämpfen und damit unmenschlich sein.» Camus folgt damit Charles Baudelaire, der sagte: «Wenn es einen Gott gibt, so ist er der Teufel.» Eine logische Folge, wenn man davon ausgeht, dass es in der Welt keine absuluten Normen gibt.

 

Der Christ steht jedoch nicht vor diesem Dilemma, weil das Leben für ihn nicht sinnlos ist, das Schicksal nicht blind, zufällig und grausam. Gott ist genauso gegen die Pest wie der Arzt, um im Bild von Albert Camus zu bleiben. Schaeffer: «Ein Christ kann mit ganzem Herzen das Übel in der Welt bekämpfen; er kann das Böse hassen und dabei wissen, dass auch Gott es hasst – und zwar so sehr, dass er Christus dafür sterben liess!»

 

 

 

 

 

 

 

Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes

 

Film von Wim Wenders, 2018

 

 

 

Der Film ist ein langes, vierteiliges Interview mit dem Papst, wobei nur die Antworten gezeigt werden, nicht aber die Fragen. Garniert ist der Monolog mit Spielszenen aus dem Leben von Franz von Assisi und mit Archivaufnahmen aus dem Leben und Wirken des Papstes. Dabei entfaltet der Film mehr und mehr das Vermächtnis des Papstes: Er kann über alles reden, was ihm wichtig ist. Einige der wichtigsten Botschaften:

 

     Wir sind reich und müssen ein wenig ärmer werden, damit es für alle reicht

 

     Wir müssen gegen eine Haltung kämpfen, die andere ausschliesst und ausgrenzt, sei es vom Arbeitsmarkt oder aus der Gesellschaft

 

     Wir alle müssen die Umwelt schützen, damit alle gute Luft und sauberes Trinkwasser haben

 

     Wenn wir Freiheit und Frieden wollen, müssen wir den Flüchtlingen Freiheit und Frieden anbieten

 

     Christen, Juden und Moslems sind Abrahams Kinder und damit Geschwister. Der Dialog ist möglich, aber wir dürfen niemals versuchen, sie zu bekehren.

 

     Eltern sollten mit ihren Kindern spielen, «Zeit vergeuden»

 

     Sehr wichtig sind ihm liebende, auch zärtliche Beziehungen und eine Prise herzlichen Humor

 

Der Papst erscheint als sehr gmögiger, herzensguter Mensch. Er ist liebenswürdig und verbreitet seine Botschaft mit einem Lächeln und mit leicht verständlichen Worten. Er scheut sich nicht, die Kurie zusammenzustauchen und den Mächtigen ins Gewissen zu reden. Allerdings sagt er nichts zur Oekumene, nichts über die Fälle von sexuellem Missbrauch an Knaben und Ordensschwestern, welche die katholische Kirche erschüttern.

 

Die Stärke des Films sind die oft rührenden Archivaufnahmen, die den Redeschwall verdeutlichen. Zum Beispiel, wenn der Papst aus dem Papamobil aussteigt und mitten in der Menschenmenge eine Freundin aus alten Tagen herzlich begrüsst. Oder wenn er mit seinem relativ bescheidenen Auto unterwegs ist, oder wenn er sich bei Besuchen in Gefängnissen und Spitälern die Zeit nimmt, sich den Menschen kurz zuzuwenden, sie zärtlich berührt oder ihnen die Füsse wäscht und küsst. Er ist ein Meister dieser Gesten und Symbole und man neigt dazu, sie ihm abzukaufen.

 

Wie wichtig ihm Jesus ist oder welchen Stellenwert er der Bibel einräumt, wird im katholischen Nebel nicht deutlich. In der persönlichen Stille betet Franziskus den Sonnengesang des Franz von Assisi und ein Gebet von Thomas Morus, der unter anderem um Humor bittet.

 

 

 

 

 

 

 

Das Ketzerweib

 

Werner Ryser

 

 

 

Der Roman schildert das Schicksal einer Frau zur Zeit der Täuferverfolgung im Emmental, Kanton Bern. Es war ein europaweites Phänomen: Katholiken und Protestanten tauften Säuglinge, die Täufer tauften Erwachsene, die sich bewusst zum Glauben an Jesus Christus und zur Taufe entschieden haben. Die Herrschenden damals konnten diese Form der Gewissensfreiheit nicht akzeptieren und verfolgten, vertrieben und töteten die Täufer.

 

Die Hauptperson Anna Jacob hat im 17. Jahrhundert wirklich gelebt. Der Autor bemühte sich, die zeitgeschichtlichen Zusammenhänge zu recherchieren und richtig wiederzugeben. Die geschilderten Erlebnisse der Romanfiguren sind erfunden. Kurz: Anna Jacob heiratet einen Bauern und bringt mehrere Kinder zur Welt. Ihr Mann ist ein Täufer, hält das jedoch geheim, sogar vor seiner Frau. Er wird jedoch verhaftet, gefoltert und auf eine Galeere geschickt. Anna Jacob muss, um den Hof behalten zu können, einen Teil ihres Besitzes verkaufen und eine hohe Busse bezahlen. Mehr aus Wut auf die Obrigkeit als aus Glauben schliesst sich Anna Jacob den Täufern an und lässt sich taufen. Mit ihrer trotzigen Haltung gerät sie zunehmend in Konflikt mit der Obrigkeit und dem Dorfpfarrer, der sie vergewaltigt. Schliesslich wird sie ebenfalls festgenommen und verbannt. Mit ihren jüngsten Kindern flieht sie auf die Jurahöhen, wo sie bis zu ihrem Tode in Sicherheit lebt.

 

Werner Ryser zeichnet ein glaubhaftes Bild jener Zeit, scheint jedoch nicht zu wissen, worum es im christlichen Glauben im Tiefsten geht. Obwohl seine Verfolgungsgeschichte brutal ist – die Heldin verliert ihren Mann und kann nach ihrer Flucht nie mehr zurück – lässt sie sich gut lesen, weil die Heldin immer wieder auf Menschen trifft, die ihr wohlgesinnt sind und ihr helfen. Dem Autor gelingen einige schöne Schilderungen, aber richtig gut geschrieben oder richtig mitreissend ist das Schicksal der Anna Jacob nie.

 

 

 

 

 

 

 

Lieben wie Jesus

 

Einführung ins Christozentrische Leben

 

Daniel Hari

 

 

 

Daniel Hari definiert Liebe am Beispiel von Jesus Christus: Er liebt jeden Menschen so sehr, dass er seine Schuld auf sich genommen hat und für ihn starb. Gottes Liebe ist selbstlos und gilt allen Menschen. Mit etlichen Beispielen und einer Reihe von Zitaten – die nicht immer passen – untermauert Hari seine These. Eindrücklichstes Beispiel: Ein Herzchirurg betreut einen Mann, dessen Herz plötzlich aussetzt. Er muss ihm einen Schrittmacher einfügen. Während das Blut spritzt und der Chirurg um das Leben des Mannes kämpft, öffnet dieser plötzlich die Augen und schreit, er sei jetzt in der Hölle und verlangte Gebet. Der Chirurg betete für den Patienten, obwohl er nicht glaubte. Der Patient sprach ihm das Fake-Gebet nach – und wurde augenblicklich aus der Hölle befreit und ganz ruhig.

 

 

 

Aus Liebe verändert Jesus das Leben von Menschen, die sich ihm ganz anvertraut haben. Aus Liebe warnt er die Menschen mit krassen Worten vor der Hölle. Aus Liebe hat er den Weg zum Himmel für alle geöffnet; er verlangt lediglich völlige Hingabe. Die Vergebung ist eine Generalreinigung der Seele. Dadurch wird es möglich, sich Gott zu nähern. Wer sich Jesus zuwendet, erlebt eine Wiedergeburt. Er wird innerlich neu geboren und kann in seinem neuen Leben versuchen, die Charaktereigenschaften der Liebe Jesu anzustreben. Diese Eigenschaften sind unter anderem unsere Liebe zu Jesus, zu Wahrheit und Gerechtigkeit, Freude, Hoffnung, Freundlichkeit, Vertrauen, Treue und mehr.

 

 

 

Sehr richtig schreibt Hari, dass man Liebe und Frieden nur weitergeben kann, wenn man sie selber empfangen hat. Das ist aber aus menschlicher Kraft nicht möglich. Es bleibt nichts anderes, als die Beziehung zu Jesus Christus zu pflegen und Fortschritte zu machen, in der Liebe zu wachsen, mehr und mehr Jesus ähnlich werden. Das Buch endet mit Philipper 1,6: «Ich bin ganz sicher: Gott wird das Werk, das er bei euch angefangen hat, auch vollenden, bis zu dem Tag, an dem Jesus Christus kommt.»

 

 

 

 

 

 

 

Die Schweiz und ihr Geheimnis

 

Warum dieses Land anders ist

 

Kurt Beutler

 

 

 

Der Autor arbeitete im von Heinz Strupler gegründeten Newlife und in der Heilsarmee. Heute ist er bei Meos in Zürich tätig, einem Missionswerk, das sich auf Fremdsprachige in der Schweiz spezialisiert hat. Er war mehrmals im Ausland im Einsatz und kann unter anderem Arabisch. Jetzt hat er ein Buch geschrieben, das sich anfühlt wie ein Staatskundebuch, das geschrieben wurde, um Asylbewerber zu informieren und gleich noch ein wenig zu missionieren.

 

Die Schweiz ist anders, weil sie ein Bund ist, den die Gründer miteinander und mit Gott geschlossen haben. Kein Nationalstaat. Sie kann mit Israel verglichen werden, das ebenfalls auf einem Bund mit Gott beruht und ein Verteidigungsbündnis ist. Die Schweiz ist auch anders, weil sie immer wieder von Christen geprägt worden ist. Im Schnellgang erzählt Kurt Beutler die Biografien von Männern und Frauen, die sich von der biblischen Botschaft prägen liessen, gegen den Strom schwammen und zum Teil gegen grossen Widerstand grosse Taten vollbracht haben, oft mit weltweiter Bedeutung: Henri Dunant gründete das Rote Kreuz. Heinrich Pestalozzi prägte Europas Pädagogik. Leonhard Euler war ein Jahrhundert-Genie. Johanna Spyri schrieb mit «Heidi» ein Buch, das weltweit bekannt ist und zeigt, wie hilfreich der Glaube an Gott ist – was in etlichen Heidi-Ausgaben gekürzt oder gestrichen worden sei, schreibt Beutler. Er erzählt weiter von Schweizerinnen und Schweizern, die aufgrund ihres christlichen Glaubens verfolgte Menschen retteten, Hilfswerke aufbauten, Generationen von Seelsorgern prägten, Sklaven befreiten, die Bruderschaft von Taizé gründeten.

 

Auf einem zügigen Gang durch die Geschichte untermauert Beutler seine These, dass die Schweiz von der Bibel geprägt. So starb Winkelried in der Schlacht bei Sempach den Opfertod, ähnlich wie einst Jesus. Und in der Reformation wurde die neutestamentliche Botschaft neu entdeckt, und von der Schweiz aus wurde die Kirche in vielen Ländern reformiert. Leider, schreibt Beutler, hat die Schweiz den Bund mit Gott gebrochen. Man strebt nach Macht statt nach Nachfolge, baut ein irdisches Reich statt das Reich Gottes, belächelt oder verfolgt überzeugte Christen, anstatt ihnen zu danken.

 

Den Schluss des Buches bildet eine Tirade gegen den Humanismus. Die Kirche ist dem Humanismus auf den Leim gekrochen und kraftlos geworden. Der Humanismus stellt sich als menschenfreundlich dar, was er grundsätzlich nicht ist, und schiebt seit Jahrhunderten alle Fehlentwicklung der Religion in die Schuhe. Diese Propagandalüge ist solide aufgebaut und wird kaum noch durchschaut.

 

Und meine Meinung dazu? Für eine Staatskunde fehlt die Aktualität zu sehr. Die Biografien sind kurz, aber super. Von einigen dieser Helden hatte ich noch nie etwas gehört. Allerdings stört mich, dass die ganze Argumentation eine Art Verteidigungsrede ist. Die Welt wird das Evangelium aber nicht an unserer Rechthaberei erkennen, sondern an unserer Liebe, sagt Jesus.

 

Und: Einen lange aufgebauten Begriff wie «Humanismus» kann man nicht mit einem Pamphlet umdeuten. Das braucht ein Konzept und viel Energie und Durchhaltevermögen. Lohnt sich da der Aufwand?

 

 

 

 

 

 

 

...trotzdem

 

Ja zum Leben sagen

 

Viktor E. Frankl

 

Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager

 

 

 

Viktor E. Frankl (1905-1997) war Neurologe und Psychiater. Er begründete die Logotherapie und die Existenzanalyse und wirkte in Wien. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er 1942 von den Nazis deportiert. Seine Familie wurde ermordet, er überlebte die Zeit in verschiedenen Konzentrationslagern.

 

In diesem Buch schildert er seine Beobachtungen während der Zeit in den Lagern, vom Schock des Lagereintritts bis zum neuen Schock bei der Befreiung aus dem KZ. Er beschreibt, wie die Häftlinge nach dem ersten Schock seelisch verrohten, um die schrecklichen Erfahrungen zu überstehen, oder wie sie trotz der Schrecken die Schönheit eines Tages oder der Natur sehen konnten. Nach der Befreiung waren sie nicht in der Lage, sich zu freuen, sondern mussten erst wieder lernen, Menschen zu sein.

 

Frankl sagt, dass die Menschen Zukunft brauchen, um überleben zu können. So stellte er sich im KZ vor, wie er nach dem Krieg als Referent von den Erlebnissen im KZ berichtete. Er betrachtete sich nicht als hilfloses Opfer in einer sinnlosen Leidenszeit, sondern als Teil einer psychologischen Studie über die Menschen im Lager. Er schreibt über die Träume der Lagerinsassen, ihre heruntergefahrene Sexualität, Meditation als Überlebenshilfe, Kunst, Fluchtgedanken und vieles mehr.

 

Seine wichtigsten Thesen sind, dass man immer eine Wahl hat. Auch ein unterdrückter Häftling kann sich entscheiden, ob er ein Ziel anstrebt und menschlich bleibt – oder ob er sich aufgibt und zum Tier wird. Eigene Erlebnisse veranschaulichen die Thesen, zum Beispiel auch, dass es SS-Männer gab, die sich anständig verhalten haben und aus der eigenen Tasche Medikamente und Lebensmittel für die Lagerinsassen beschafften.

 

Zweitens wendet er sich gegen Rachegedanken. Wer Unrecht erlitten hat, schreibt Frankl, hat deshalb nicht das Recht, neues Unrecht zu begehen.

 

 

 

Der zweite Teil des Buches ist das Theaterstück «Synchronisation in Birkenwald». Das Stück spielt auf zwei Ebenen: Im Jenseits sehen wir die Philosophen Sokrates, Kant und de Spinoza, die verstorbenen KZ-Häftlinge und einen Engel. Die Philosophen wollen der Menschheit die Wahrheit klarmachen, wie schlimm die Sache mit den KZ war. Die Verstorbenen sehnen sich nach den Lebenden. Auf der zweiten Ebene sehen wir einige KZ-Insassen, die ihr Leiden zu verstehen und zu erklären versuchen. Unter anderem finden sie einen Sinn im Leiden, indem sie beispielsweise leiden und sterben, um einen anderen Menschen zu schützen. Einer der Insassen wird vom Engel geprüft: Der Engel verwandelt sich in den KZ-Wächter und foltert den Mann zu Tode. Der Getötete verrät auch unter Folter niemanden und kann sich auf diese Weise bewähren.

 

Das Theaterpublikum wird in diesem Stück als Mitspieler betrachtet und einer der KZ-Insassen, der sein Theatermanuskript beim Eintritt ins KZ wegwerfen musste, soll das Spiel protokollieren. Auch im Theaterstück wendet sich Frankl gegen Rache und Hass.

 

 

 

 

 

 

 

Das Geheimnis kluger Entscheidungen

 

Maja Storch

 

Von somatischen Markern, Bauchgefühl und Überzeugungskraft

 

 

 

Das Buch beginnt mit einer Reihe von Begriffserklärungen. Diese Begriffe tauchen im ganzen Buch immer wieder auf.

 

– Bewusstsein: Verstand, Vernunft, geistige Tätigkeit, über die wir Auskunft geben können. Der Verstand arbeitet gründlich, aber langsam.

 

– Unbewusstes: Vorgänge in meiner Psyche, über die ich keine Auskunft geben kann.

 

– Das emotionale Erfahrungsgedächtnis: Es speichert unsere Erfahrungen in Form von Gefühlen und Körperempfindungen. Es liefert uns diese Empfindungen blitzschnell, aber oberflächlich. Oft ist es einfach ein positives oder negatives Bauchgefühl, ein simples Stop! oder Go!

 

– Somatische Marker: Das emotionale Erfahrungsgedächtnis meldet sich mit körperlich spürbaren Reaktionen zu Wort, zum Beispiel mit dem Schrecken, wenn wir plötzlich eine Schlange sehen. Diese Marker sollten beachtet werden.

 

– Selbstregulationsmodus: Ich kann meine Körpersignale und Emotionen, die das emotionale Erfahrungsgedächtnis hervorruft, gut wahrnehmen und beziehe sie in die Entscheidungsfindung ein. Es gibt drei Varianten von gelingender Selbstregulation, zunächst einmal die beiderseitige Zustimmung oder Ablehnung. Im dritten Fall, im Konfliktfall, sind Rückmeldeschleifen nötig, wobei das emotionale Erfahrungsgedächtnis beeinflusst werden kann. So kann ich ihm starke emotionale Bilder schicken: Lust auf Zigaretten – Vorstellung von Lungenkrebs – die Lust flaut ab.

 

Möglich ist auch ein Wortewechsel. Ich will öfter nein sagen und mich stärker abgrenzen. Aber innerlich wehre ich mich gegen das Abgrenzen, weil es bei mir einen negativen somatischen Marker auslöst. Nun kann ich ein anderes Wort suchen, das einen positiven Marker auslöst: Statt «abgrenzen» heisst das vielleicht «mehr Freiraum».

 

 

 

– Selbstkontrollmodus: Ich nehme meine Körpersignale und Emotionen nicht wahr oder ignoriere sie und handle letztlich dauernd gegen meinen innersten Kern. Ich orientiere mich nicht an meinen eigenen Werten und Normen, sondern lasse sie mir von aussen vorgeben.

 

– Rückmeldeschleife: Austausch von Information zwischen der Vernunft und dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis, wobei sich beide Ebenen gegenseitig beeinflussen. Besteht ein gravierender Konflikt, sind mehrere Rückmeldeschleifen nötig.

 

 

 

Die Erkenntnisse des Buches werden in Merksätzen zusammengefasst:

 

– Kluge Entscheidungen trifft jemand, der die Vernunft und das emotionale Erfahrungsgedächtnis souverän koordinieren kann.

 

– Emotionen und Körpersignale sind unentbehrlich für gute Entscheidungen. Deshalb sollte man sie spüren (lernen) und beachten (lernen).

 

– Selbstsicherheit basiert nicht auf Gedanken, sondern auf Gefühlen und Körperempfindungen.

 

 

 

Der zweite Teil des Buches befasst sich mit der Praxis. Zunächst geht es darum, positive und negative somatische Marker wahrzunehmen, also sein eigenes Bauchgefühl kennenzulernen. Das muss eventuell geübt werden, zum Beispiel mit einem Tagebuch. Anschliessend soll es mit der Vernunftanalyse koordiniert werden, denn: Psychisches Wohlbehagen entsteht, wenn die unbewusste Wertung aus dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis und die bewusste Bewertung – eine Analyse der Vernunft – zu übereinstimmenden Ergebnissen kommen. Wenn das der Fall ist, wird es auch leichter, andere Personen zu überzeugen.

 

 

 

Den Schluss bildet ein Kapitel über das Glück: «Glück ist kein Gedanke, sondern ein Gefühl.»

 

Verabschiede dich von falschen, überrissenen Glücksvorbildern. Genau genommen wollen die meisten Menschen gar nicht dauernd glücklich sein im Sinne der Werbung, denn es ist anstrengend, dauernd verliebt oder sonst wie ausser sich zu sein. Lerne, wie du Glück oder Zufriedenheit empfindest, und fördere diese Momente. Das Glück kann ganz unspektakulär sein und sogar übersehen werden.

 

Check: Welches war dein glücklichster Moment gestern? Vergangene Woche? In den letzten Ferien?

 

 

 

 

 

 

 

Ernsthaft mit Gott

 

Stephen Hill

 

 

 

In diesem Heft geht es darum, eine ernsthafte, echte Beziehung zu Gott aufzubauen. Es geht nicht um die Zugehörigkeit zu einer Religion oder um die Einhaltung von Regeln oder Traditionen, sondern um eine lebendige Beziehung. Stephen Hill hat eine Reihe von Ratschlägen gesammelt, die er mit kurzen Erklärungen versieht und auflistet:

 

– Werde die Sünde los; lass die Hand des Teufels los, damit du Gottes Hand fassen kannst

 

– Lies die Bibel, bete, lass dich taufen

 

– Lass dich vom Heiligen Geist erfüllen und kontinuierlich auffüllen

 

– Erzähle anderen Menschen, wie du zu Jesus gekommen bist

 

– Finde eine lokale Gemeinde, in der du dich verbindlich engagierst

 

– Gib den Zehnten oder mehr

 

 

 

Das Büchlein schliesst mit einer Reihe von Warnungen:

 

– Lebe wirklich mit Jesus und gehorche ihm. Hüte dich davor, das Leben eines Christen zu imitieren

 

– Widerstehe der Sünde, sonst öffnest du dem Teufel die Türe

 

– Die Dämonen werden immer wieder prüfen, ob du ihnen widerstehst oder ob du sie nun doch hereinlässt

 

– Hüte dich davor, das Vergnügen mehr zu lieben als Gott

 

– Suche nach Gott und sei bereit, den Preis für die Nachfolge zu zahlen

 

 

 

«Der wahre Test der menschlichen Seele beginnt, wenn er mit Gott alleine ist.»

 

 

 

 

 

Heilen wie Jesus

 

Daniel Hari

 

Mit praktischen Anleitungen zum christozentrischen Heilen

 

 

 

Jesus Christus ist der grösste Heiler aller Zeiten. Das war er schon, als er in Israel auftrat, und das ist er heute noch. Wer sich mit seiner Heilkraft befassen will, muss sich ganzheitlich mit der Person Jesu befassen. Entscheidend ist, dass Jesus heilt, nicht wir. Er allein kann Menschen gesund machen und Dämonen austreiben. Dabei sollte man sich vor anderen Heilkräften hüten, denn nicht jede Heilung ist automatisch eine gute Heilung. Man kann auch scheinbar geheilt werden und sich dafür andere Probleme einhandeln. Deshalb halten wir uns an Jesus allein.

 

 

 

Jesus heilt heute noch, obwohl die Kirche das leider oft nicht sagt oder unter den Teppich kehrt. Sie hat den Glauben verinstitutionalisiert und scheint sich nicht zu trauen, Jesus um Heilung zu bitten. Dabei sind die biblischen Aussagen klar:

 

– Jesus hat geheilt und Dämonen ausgetrieben, und das tut er noch immer. Das wird im Büchlein mit drei Dutzend Beispielen erhärtet. Sie stammen aus aller Welt und wurden in den letzten rund 30 Jahren gesammelt.

 

– seine Jünger werden ebenfalls heilen und sogar grössere Werke vollbringen als Jesus. Auch das wird mit Lebensberichten belegt.

 

 

 

Es geht nicht darum, dass wir etwas glauben müssen, sondern darum, dass wir uns Jesus vollständig hingeben und wiedergeboren werden zu einem neuen Leben. Das können wir jetzt schon erleben, nicht erst nach dem Tod. Durch den Heiligen Geist können wir Gottes Lebens- und Heilungskraft bleibend in uns haben.

 

 

 

Meditationen vertiefen die Aussagen des Büchleins:

 

– Meditation 1: Jesus, bitte zeige dich mir so, wie du wirklich bist

 

– Meditation 2: Was möchte ich, dass Jesus für mich tun soll?

 

– Meditation 3: Was möchte Jesus, dass ich für ihn tun soll?

 

– Meditation 4: Ich öffne mein Innerstes für Jesus und bitte ihn, in mein Leben einzuziehen. Wer das aufrichtig tut, wird eine Wiedergeburt erleben.

 

 

 

 

 

 

 

Hörendes Gebet

 

Ursula und Manfred Schmidt

 

Verlag GGE Thema

 

 

 

Jeder Jünger kann Gottes Stimme hören (lernen).

 

Wenn ich zweifle, ob Gott auch zu mir spricht, muss ich mich an die Bibel halten.

 

Es ist leichter, für eine Person zu hören, von der man nichts weiss. Dann sind die eigenen Gedanken reduziert.

 

Das Hören auf Gott haben wir nie im Griff. Es ist jedes Mal ein Wagnis im Glauben.

 

Gottes Reden ist kreativ. Feste Vorstellungen, wie er reden sollte, können hinderlich sein.

 

Hinderlich ist oft, wenn Gott bereits geredet hat, wir das aber nicht umgesetzt haben.

 

 

 

Der Mensch ist dreidimensional, er ist Leib, seine Persönlichkeit ist in der Seele und der Geist ist es, der mit Gott in Kommunikation tritt. Der Geist kann erkennen, zu ihm gehört das Gewissen und er kann mit Gott kommunizieren. Die höchste Form der Kommunikation ist die Anbetung.

 

 

 

Beim gefallenen Menschen ist der Geist verfinstert. Die Aufgaben des Geistes werden deshalb von der Seele übernommen. Verstand, Gefühl und Willen tun das, was ursprünglich der Geist tun sollte. Der Mensch braucht einen neuen Geist, eine Wiedergeburt.

 

 

 

Das Hören auf Gott hat immer drei Phasen: Eindrücke erhalten, Auslegung, Anwendung. Reden kann Gott in Gedanken, in Bildern, in Eindrücken, durch Bibelstellen oder Ereignisse – und mehr.

 

 

 

Aber auch andere Stimmen reden zu uns, zum Beispiel meine Seele oder der Geist eines anderen Menschen.

 

 

 

Was wir als Gottes Stimme hören, müssen wir prüfen.:

 

1. Passt es zum Zeugnis und Geist der Bibel?

 

2. Ist es natürlich ableitbar, etwa von mir selbst?

 

3. Entspricht es meinen Ängsten oder Wünschen?

 

4. Ist es etwas, das ich schon lange einmal sagen wollte?

 

5. Habe ich es empfangen – oder habe ich es analysiert?

 

 

 

Unser Erkennen ist Stückwerk, unser Hören auf Gott kann immer unfertig oder gar fehlerhaft sein. Das sollte uns bescheiden machen. Deshalb sollten Eindrücke und die Auslegung separat geprüft werden.

 

 

 

Auch der Empfänger muss prüfen, was ihm gesagt wurde. Er ist zuständig dafür, was er damit macht. Niemals sollte er wichtige Entscheidungen allein aufgrund eines Bildes oder Eindrucks fällen.

 

 

 

Gott redet oft durch Bilder, unter anderem, weil dadurch die Seele umgangen werden kann. Bilder muss ich ganzheitlich auf mich wirken lassen und prüfen, welcher Aspekt des Bildes die Aussage ist, denn nicht jedes Detail eines Gleichnisses gehört ausgelegt. Welche Empfindungen hatte ich beim Empfang des Bildes? Ist das Bild ein Symbol, muss der Empfänger die Bedeutung des Symbols kennen (lernen).

 

 

 

Negative Eindrücke und Bilder werden in der Regel nicht weitergegeben. Ermahnung und Korrektur gehören selten in die Gruppe / Öffentlichkeit und müssen mit Liebe und grosser Annahme verbunden sein. Testfrage: Verhindert oder fördert der Eindruck die Anbetung und die Liebe zu Gott?

 

 

 

25-Minuten-Modell: 7 Minuten Stille, 15 Minuten Austausch nut kurzem Feedback des Gastes (falls er will), abschliessend 3 Minuten segnendes Gebet.

 

 

 

Regeln für das Mitteilen von Eindrücken:

 

- Kurz und klar beschreiben

 

- Keine negativen Eindrücke

 

- Keine Kritik oder Zurechtweisung

 

- Wegweisung nur sehr vorsichtig

 

- Keine Diskussion

 

- Alles in absoluter Achtung vor dem Gast

 

 

 

Wer bin ich? Die Antwort auf diese Frage beeinflusst mein Hören. Prüfe deshalb:

 

- Dein Selbstbild, meist von Eltern oder Lehrern geprägt

 

- Das alte ich, das jeden Tag neu abgelegt werden muss

 

- Das verletzte innere Kind, das mich daran hindert, Gott offen und vertrauensvoll zu begegnen. Wenn die alten inneren Verletzungen geheilt werden, verstummt die klagende Stimme des inneren Kindes zunehmend.

 

 

 

Erst das Hören auf Gott führt uns zur Wahrheit.

 

Siehe Epheser 6, 11-18:

 

- Gürtet euch mit Wahrheit

 

- Tragt den Panzer der Gerechtigkeit, dass Jesus für dich gestorben ist

 

- Ergreift den Schild des Glaubens...

 

usw.

 

 

 

Lerne Demut. Das ist nichts anderes, als in aller Offenheit vor anderen ich selbst zu sein.

 

 

 

 

 

 

 

Gottes Stimme hören im Hier und Jetzt

 

Johannes Hartl

 

Verlag D&D Medien

 

 

 

Das Leben findet im Hier und Jetzt statt, und das ist auch der Ort, wo Gott sich finden lässt und redet. Das Problem ist, dass wir oft nicht da sind, sondern an der Vergangenheit oder an der Zukunft herumdenken. Wir pflegen quasi unser Ego und unsere Vorurteile, anstatt jetzt zu leben. Wenn wir denken, pflegen wir Bilder, die uns negativ beeinflussen.

 

 

 

Entscheidend ist, dass wir Zeit und Raum schaffen, um uns dem Jetzt zu stellen. Kommt mir jetzt etwas in den Sinn, das mir wehtut, muss ich jetzt eine Lösung anstreben. Aber nicht alten Sorgen oder künftigen Ängsten nachhängen, die im Jetzt gar keine Wirkungen haben. Die grössten Feinde eines Lebens im Jetzt sind vor allem Ablenkungen – und Ängste aller Art.

 

 

 

Laut Hartl wird das Denken von uns überschätzt. Im Denken passiert keine Begegnung. In anderen Kulturen gibt es mehr Raum für das Wahrnehmen, für Gefühle, Intuition, Eindrücke, Ahnungen, die wir hier fast ausschliessen und nicht als Teil des Denkens akzeptieren. Dabei sind kreative Prozesse oft dann am fruchtbarsten, wenn wir nichts denken. Der Schriftsteller, der segeln geht, kann plötzlich eine Idee haben, die seinem Kollegen fehlt, der den ganzen Tag in der Studierstube hockt und hirnt.

 

 

 

Wahrnehmen statt denken führt ins Jetzt.

 

Nimm wahr und löse dich von vorgefasstem Denken, vorgefassten Bildern.

 

Löse dich von der Angst. Lerne, sie zu riechen und zu meiden.

 

 

 

Ich bete und ich warte. Ich bin besonders aufmerksam, wenn etwas Unerwartetes kommt, das meine gewohnte Welt durchbricht, überraschend ist, wie ein brennender Dornbusch, der sich nicht verzehrt. Was meine gewohnte Welt erweitert, ist grundsätzlich hilfreich; mal etwas anderes machen, etwas Ungewohntes hören oder tun usw.

 

 

 

Wenn Gott nichts zu sagen scheint, dann

 

- hat er möglicherweise bereits früher zu dir gesprochen. Hast du das gehört und dann auch getan?

 

- hat er ohnehin zu uns geredet durch seinen Sohn. Lies im Neuen Testament, lies in den Psalmen!

 

 

 

- Wenn Gott redet, durchbricht er meistens meinen gewohnten Gedankenstrom. Es ist nicht das, was ich sowieso denken würde.

 

- Wenn Gott redet, ist es wow!, überraschend, unerwartet.

 

- Es bleibt. Ich kann einen Gedanken von Gott nicht einfach beiseitelegen und vergessen.

 

- Was der Heilige Geist wirkt, stimmt überein mit Galater 5,22: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede usw. Wenn Gott redet, hat es diese Wirkung. Dauerhafter, bleibender Friede gehört zum Reden Gottes.

 

- Wirf nicht alles hin, wenn du nur langsam vorankommst. Sei dankbar für die ersten Fortschritte, für die Teilerfolge, für kleine Wunder. Und auch hier gilt: Wer hat, dem wird gegeben.

 

 

 

 

 

 

 

Jens und Kathi Kaldewey

 

Es ist gut so wie es ist

 

In diesem Buch geht es darum, sich mit dem Leben zu versöhnen, das man hat. «Keine Kompromisse» richtet den Blick auf die Welt, auf die Aufgabe, die wir Christen haben. «Es ist gut so wie es ist» richtet den Blick nach innen, auf die eigene Seele, und soll die Basis schaffen, auf der wir anderen helfen können.

 

 

 

Vieles will uns das Leben vermiesen. Das Buch hilft, dies zu durchschauen und einen Miesmacher nach dem anderen auszuräumen:

 

 

 

- Gott liebt mich und findet mich wertvoll. Ich muss nicht mit Fleiss, Leisutng und Hingabe meinen Wert aufbauen.

 

- Der Abfall in meiner Seele muss sortiert und weggeräumt werden. Schuld ist nicht das Gleiche wie ein Fehler oder ein Missverständnis. Jede Art des Abfalls wird anders weggeschafft.

 

- Es gibt Fehlverhalten, dass korrigiert werden muss und kann. Es gibt aber auch persönliche Eigenheiten, die sich praktisch nicht ändern lassen.

 

- Hanna und Pennina im Buch Samuel stehen für das Vergleichsdenken. Wer vergleicht, findet immer jemanden, der mehr hat. Mehr Geld, mehr Begabungen, mehr Kinder, einen besseren Ehepartner, einen besseren Job. Die innere Pennina reibt mir diesen Mangel schmerzlich unter die Nase. Es geht nicht darum, mehr zu haben, sondern alles in Gott zu finden.

 

- Versuch nicht, andere Menschen umzuerziehen. Lass andere Menschen los aus dem Gefängnis deiner Vorstellungen.

 

- Ist in deinem Leben ein Versöhnungsweg nötig, zum Beispiel mit einem Grossvater, der ein Nazi war? Gibt es in der Familie eine Ecke des Schweigens? Suche das Gespräch, recherchiere, decke auf. Du kannst den Fall auch schriftlich aufarbeiten, zum Beispiel mit einer Abdankungsrede für deinen Grossvater oder mit einem Abschiedsbrief an eine Geliebte. Den Brief kannst du in einem Ritual verbrennen oder ins Tagebuch kleben.

 

- Versöhne dich mit dir selber, mit deinem Aussehen, den Begabungen, den Mängeln. Nimm deine Glieder an, wie sie sind. Das schliesst beschädigte Glieder ein.

 

- Manche seelischen Verletzungen heilen nicht, weil es nie eine Aussprache gab. Vielleicht hatte ich die Verletzung damals in einer Opferhaltung hingenommen. Es kann nötig sein, die Aussprache darüber nachzuholen und sich nachträglich zu wehren. Das ändert nichts, baut aber meinen Selbstwert auf. Das ändert alles.

 

- Im jüngsten Gericht kommt alle Schuld zu Sprache. Dort wird jede Schuld gerecht abgehandelt. Das entlastet mich davon, selber Gericht halten zu müssen. Ich darf vergeben und den Rest Gott überlassen. Wer nicht die Schuld anderer nachträgt, kann sich freier bewegen.

 

 

 

 

 

 

 

David Platt

 

Keine Kompromisse

 

New-York-Times-Bestseller «Radical»

 

David Platt stellt uns vor zwei Entscheidungen. Erstens: Glaubst du alles, was Jesus gesagt hat, oder nur eine Auswahl? Wenn du nur glaubst, was dir passt, verpiss dich. Zweitens: Wenn du alles glaubst, was Jesus sagt, dann tu es. Gib alles auf, was dich hindert, folge Jesus nach, gehe hin in alle Welt und mache andere Menschen zu Jüngern. Das ist unbequem und kann dir Probleme bringen, Leiden oder gar den Tod. Dafür wirst du einen Schatz im Himmel haben. Sonst bleibt dein Himmelskonto leer.

 

 

 

Dieses Buch würde man manchmal am liebsten weglegen. Aber es ist wichtig. Platt argumentiert richtig, dass Jesus kompromisslose Nachfolge verlangt, inklusive Verzicht und Leiden. Jesus hat seine Jünger mehrmals gewarnt, dass die Nachfolge einen Preis hat, einen hohen Preis haben kann. Zudem gibt er uns den Auftrag, hinzugehen und weltweit Menschen zu Jüngern zu machen, die wiederum andere zu Jüngern machen. Mit diesem Konzept, über Beziehungen, soll die ganze Welt erfahren, dass Jesus der Erlöser ist.

 

 

 

David Platt stellt dem Wohlstand der westlichen Christen gegenüber, dass etwa fünf Milliarden Menschen noch nichts von Jesus Christus gehört haben und die Ewigkeit in der Hölle verbringen werden, wenn wir es ihnen nicht sagen. Eine Milliarde Menschen versucht verzweifelt, mit weniger als einem Dollar pro Tag am Leben zu bleiben. Weitere fast zwei Milliarden versuchen es mit weniger als zwei Dollar. Ausserdem sterben jeden Tag rund sechsundzwanzigtausend Kinder an Hunger oder vermeidbaren Krankheiten, weil wir ihnen nicht helfen. Weil wir das Geld hier ausgebewn, für Kirchen, Autos, Häuser. Platt macht sich lustig über die christlichen Gemeinden mit ihrer tollen Infrastruktur und den perfekt organisierten Anbetungsteams. Je besser die Einrichtung der Kirche und die Organisation ist, desto mehr verlassen sich diese Christen auf sich selber, desto mehr Energie brauchen sie für sich selber. Sie haben nicht die Not der Welt im Blick, sondern ihr eigenes geistliches Wohlergehen, ihre Bequemlichkeit, und sie gehen nicht hin, um andere Menschen zu Jüngern zu machen.

 

 

 

Der Auftrag Jesu ist klar, wir haben ihn schriftlich, da braucht es keine Stimme vom Himmel: Du sollst die ganze Welt im Blickfeld haben und hingehen und andere Menschen zu Jüngern machen. Das kann heissen, eine Suppenküche in einem armen Viertel aufbauen oder in ein Projekt in einem fremden Land einsteigen. Oder ein Projekt gründen. Du wirst auf jeden Fall deine Komfortzone verlassen. Du wirst Dinge tun, bei denen dir nichts anderes übrig bleibt, als dich auf Gottes Kraft und Wirken zu verlassen, weil du es nicht kannst oder dir Leute oder Finanzen fehlen. Nachfolge kann Karriereverzicht bedeuten, Eheverzicht, Verzicht auf eine gesicherte Altersvorsorge, Risiko, Gefahr, Verfolgung, Tod. Der Lohn dafür ist ein Schatz im Himmel.

 

 

 

David Platt bricht seine Thesen schliesslich herunter auf ein radikales Experiment. Du sollst ein Jahr lang folgende Regeln einhalten:

 

 

 

1.

 

Bete für die gesamte Welt, systematisch. Betrachte die Welt zunehmend so, wie Gott sie sieht. Es geht nicht nur um dein Land und um deine Gemeinde.

 

 

 

2.

 

Lies die ganze Bibel durch. Also auch jene Stellen, die dir nicht angenehm sind. Auch die Aufträge, die Gott dir gibt.

 

 

 

3.

 

Opfere dein Geld für einen bestimmten Zweck. Gib nicht nur, was du übrig hast, sondern so viel, dass du auf einige Dinge verzichten musst.

 

 

 

4. Investiere Zeit ausserhalb deines gewohnten Umfeldes. Lerne Leute kennen, bete für sie, rede von Jesus, mach sie zu Jüngern. Und gehe mindestens eine Woche lang in einen Einsatz im Ausland, bei dem es darum geht, andere Menschen zu Jüngern zu machen.

 

 

 

5.

 

Werde aktives Mitglied einer christlichen Gemeinschaft, die sich vervielfältigt; deren Mitglieder andere Menschen zu Jüngern machen, die wiederum andere Menschen zu Jüngern machen.

 

 

 

David Platt geht davon aus, dass dieses Experiment dazu führt, dass man es zu seinem neuen Lebensstil machen wird. Man wird Freude und Frieden finden, Freiheit erleben, Gottes Wunder sehen, und man wird nicht mehr darauf verzichten wollen.

 

 

 

 

 

 

 

Johannes Hartl

 

Youtube, Vortrag, Zurück zur ersten Liebe

 

 

 

Ausgehend von Ephesus: Zuerst die grosse Erweckung in der Apostelgeschichte, ein tadelfreier Brief von Paulus an die Epheser und schliesslich die Kritik von Jesus an den Ephesern in der Offenbarung: «Ich habe wider dich...»

 

 

 

- Bedenke. Erinnere dich, wie es an guten Tagen war. Achte darauf, wenn du etwas verloren hast, nachlässt.

 

- Achte auf Kompromisse und Ablenkung, die deine Liebe trüben. Hänge dich nicht an Menschen, Vorbilder, Lieblingslehrer usw.

 

- Hüte dich vor Rechthaberei und davor, ständig die Fehler der Christen zu bemängeln und dabei zu übersehen, wie dein eigenes Herz erkaltet.

 

- Kehr um. Die neue Liebe ist nur einen Umkehrschritt von dir entfernt.

 

- Tu erste Werke. Handle so radikal, wie du es vermutlich nach der Bekehrung gemacht hast. Opfere, was dich daran hindert.

 

- Gott schmeckt gut. Überfriss dich nicht mit anderen Dingen, Ablenkung, minderwertigem Ersatz usw.

 

- Wenn dein Feuer erkaltet, lege ein neues Scheit nach (Opfere etwas, mache eine Fastenzeit, längere stille Zeit, Gebetszeit, neue Aufgabe usw.)

 

 

 

 

 

 

 

Chris Gore, In Gottes Heilungskraft leben, GloryWorld-Medien

 

Zusammenfassend:

 

Am Kreuz hat Jesus gezeigt, dass er alle Menschen liebt und sie heil sehen will.

 

Kranke können zu Jesus kommen, wie sie sind. Es braucht keine spezielle Reinigung, keinen besonderen Glauben, keine Vorleistung.

 

Kranke sollen den Blick auf Jesus richten, nicht nach innen, etwa auf ihre Schuld oder unvergebene Dinge.

 

Sei sehr dankbar, auch für eine kleine Besserung.

 

Wir sollten uns erinnern an Heilungen, die wir erlebt haben, und sie weitererzählen. Erlebte Heilungen stärken den Glauben für neue Wunder.

 

Unser Ziel soll nie das Wunder sein, sondern immer, Jesus näher zu kommen, ihn besser zu verstehen, tiefer in Gottes Geheimnisse einzudringen. Es geht darum, Gott von ganzem Herzen zu lieben.

 

Die Gabe des Heilungsgebets kann eventuell gefördert werden durch Kontakt mit Leuten, die viele Heilungen erlebt haben. Auch kann die eigene Gabe freigesetzt werden, indem erfahrene Heiler für mich beten.

 

Wenn du viele Wunder erleben willst, musst du für viele Menschen beten.

 

Wenn jemand nicht geheilt wird, weigere ich mich, die Schuld beim Kranken, bei Gott oder bei mir zu suchen. Möglicherweise heilt Gott später oder anders. Ein Misserfolg ist es auch nicht, denn wenn ich liebe, erfährt der Kranke durch mein Gebet die Liebe Jesu.